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Allgemein Essen & Trinken Menschen

Die gelbe Gefahr

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Der Ortenauer – ein Opfer der Globalisierung?

Die Ortenau gilt im Allgemeinen als ein gesegneter Landstrich. Die Felder fruchtbar, der Wein stark. Von den saftigen Äpfeln und von Birnen  hier gar nicht zu reden. Auch die Erdbeeren werden allseits geschätzt, man findet sie sogar auf dem edlen Viktualienmarkt in München. Fülle und Wohlgeschmack wohin man schaut. Fünf Jahre Frieden, heißt es, und der Bauer fährt mit einem goldenen Pflug durch Feld. Kein Wunder, dass sich auch die Einwohner dieses gesegneten Landstrichs in einem behaglichen Wohlstand gefallen.

Doch Vorsicht – natürlich gibt’s auch in der doch an sich so reichen Ortenau Zeugnisse von Armut. Auch hier, zwischen Lahr und Karlsruhe, gibt’s Menschen, mit denen das Leben, wie man so sagt, es nicht immer gut gemeint hat. Auch hier finden wir Menschen, die widrige Umstände wie Arbeitsplatzverlust, Trennung vom Partner usw in die Armutsfalle getappt sind. Und dann gibt’s hier natürlich auch noch die sog. Armen im Geiste. Auf diese soll hier aber nicht näher eingegangen werden.

Natürlich ist es ein bisschen verpönt, jemanden einfach so als ‚arm’ zu bezeichnen, und doch sollten wir eine bestimmte Personengruppe hier gesondert anführen. Diese müssen wir ausdrücklich als arm bezeichnen. Ja, vielleicht gehören sie zu den allerärmsten.

Das ist insofern verwunderlich, als dass diese Menschen auf keinem Fall wirklich arm genannt zu werden verdienen, und schon gar nicht sind sie arm im Geiste. Und dennoch sind sie es trotzdem. Wir müssen das so ausführlich sagen, denn sie verdienen im Schnitt außerordentlich gut. Sie sind tüchtig und können sich – wie man so sagt – durchaus etwas leisten. So gesehen also Stützen der Gesellschaft. Warum also nennen wir sie dann arm? Besser sollte man vielleicht sagen: sie sind arm dran.

In der Tat können sie einem Leid tun. Denn was sie dort treiben ist – man wird uns diesen Ausdruck nachsehen – ein Scheissgeschäft. Aber einer muss es ja machen. Und da man ihnen dieses Geschäft offensichtlich zutraut, habe sie es nun mal halt an der Backe. Im Moment ist dieses Geschäft wg des derzeit in China grassierenden Virus zurückgegangen, aber sobald der Virus besiegt ist, sieht man den wieder im Dienste des Geschäfts bei Edi Baier sitzen. Normalerweise sitzt man dort gern, vor allem im Sommer, wenn der Biergarten mit seinen Platanen den Gästen beim Trinken Schatten bietet. 

Doch was den normalen Gast erfreut, sieht manch einer ganz anders. Denn er ist sozusagen zwangsverpflichtet. Er sitzt dort im Dienste des Geschäfts. So gesehen ist er der einzige, für den der Besuch des Gasthauses ein Muss ist. Wo andere freundlichen Nachbarn zuprosten, ist sein Los ungleich härter. Er ist in Gesellschaft von chinesischen Geschäftspartnern, mit denen sein Betrieb geschäftliche Kontakte pflegt. In China hat es sich nun mal rumgesprochen, dass es so etwas wie eine ‚German Beer Culture’ gibt. Da man diese Geschäftskunden bei Laune halten muss, gehört der Besuch des Bierlokals zum festen Programm der Chinesenbespassung. Wer bei unbegrenztem Etat in Gesellschaft von stundenlang nickenden und immer lächelnden Menschen seinen Feierabend verbringt, weiß, wie hart es sein kann, um globale Märkte zu kämpfen.

Da gehört die Schweinshaxe zu so einem Abend wie, sagen wir mal, die Kopfwehtablette zum Junggesellenabschied. Selbst die an sich recht zierlichen Chinesinnen stellen sich mit ihren kleinen, weißen Zähnchen der Herausforderung einer brutal harten Kruste, nicht ohne sich zuvor lang und breit rund um die Schweinshaxe versammelt zu haben, bis das Selfie vielleicht heiß, die Haxe aber garantiert kalt ist. Macht nix. „German Sake“ sagt unser Geschäftsführer und ermuntert seine Gäste zum fleißigen Zuspruch. Jetzt gibt es erst mal eine Runde ‚Himbi’. „You must try“, sagt er und schaut sich schon mal nach einem Blumenstöckchen um, in das er unbemerkt seinen Schnaps schütten kann. Er muss Gas geben. Denn er weiß, dass nur der kräftige Alkoholgenuss seiner Gäste ihn vor dem Martyrium einer endlosen, in quälendem Pidgin English geführten Konversation erlösen wird.

Doch hat die Braukunst dem klugen Gastgeber noch eine weitere Waffe in die Hand gegeben hat. Der bereits jetzt schon ziemlich aufgekratzte Chinese oder – in seiner weiblichen Form – die Chinesin hatten sich bis dato bei einem Pils schon mal warm getrunken. Jetzt regt der spendable Gastgeber an, dass die Gäste aus dem fernen Lande noch unbedingt die Spezialität des Hauses probieren sollten. Der Außenstehende erkennt natürlich sofort die Absicht: um das Ganze nicht unnötig in die Länge zu ziehen, soll hier noch einen Gang hochgeschalten werden. Und in der Tat sind die Chinesen von Starkbier so angetan wie weiland die Indianer vom Feuerwasser. Es ist der Ulmer Bock, der in je verschiedenen jahreszeitlich abgestimmten Geschmacksrichtungen aus dem Zapfhahn fließt. Mal gibt’s das Bier als Maibock, mal als Winterbock. Und dann auch noch als Eisbock, der mit seinem Alkoholgehalt von 7,5% dazu führt, dass der Alkohol dem an sich schon freundlichen Chinesen das Lächeln förmlich ins Gesicht meißelt.

Im Laufe des Abends wird dieses Lächeln dann zunehmend maskenhafter. Zudem fällt auf, dass die Gäste aus dem fernen Lande verstärkt die Toilette aufsuchen. Auch wenn man allseits bestrebt ist kulturbedingt das Gesicht zu wahren, so erkennt der erfahrene Mittelständler, dass sein Leiden bald ein Ende haben wird. Gottseidank! Draußen vor dem ‚Bauhöfer’ dann ein letztes Winken, wobei der arme Ortenauer hofft, dass das Winken der Gäste seine Fortsetzung findet im verdienten Winken von Aufträgen.

Dann hätte sich wenigstens ausgezahlt, dass er einen ganzen Abend lang arm dran war.

 

 

 

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Heiße Marke

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Es ist nun schon eine ganze Weile her, dass hier berichtet wurde, dass aus der Pfalz mal wieder ein richtiger Knaller kommt. Es begab sich nämlich, dass man dort, jahreszeitgemäß, also im Sommer, ein Leberwursteis entwickelt hatte.

Nun wollen wir hier ausdrücklich nicht auf diesen blöden Witz Bezug nehmen, der da lautet: „Es ist 15 Meter lang und riecht nach Leberwurst – was ist das?“ Um dann alle rufen zu hören: „Ein Bus voll Pfälzer“. Solche Kalauer lehnen wir ab, wenngleich sie uns schon zu denken geben. Mit so einem geschmacklosen Gag ist in diesen Tagen Gottseidank auch kaum zu rechnen, wenn wir – ebenfalls aus der Pfalz – gemeldet bekommen, dass dort auch in diesen Tagen wieder eine GLÜHWEINKÖNIGIN vor ihr Volk tritt.

Sie heißt Sarah Schmitt und kommt aus Konz. Der Glühwein hat also auch dieses Jahr wieder  ein Gesicht bekommen. Diese famose Marketingaktion gibt es allerdings schon seit 2008, ist mithin nicht ganz neu. Seit 2008 kämpft man in der Pfalz gegen das liederliche Image des Glühweins, von dem viele glauben, er sei von Haus aus „süß, klebrig, pappig“. Lassen wir jetzt mal weg, dass wir nicht so recht wissen, was ‚pappig‘ meint. Wahrscheinlich aber dürfte das schlechte Image des Glühweins darin begründet liegen, dass es sich häufig genug bei dem ausgeschenkten Wein um gepanschte, minderwertige Ware handelt. Das würde darauf hinauslaufen, dass wir bisher einen rechten Weinbastard im Weihnachtsmarkt-Becher hatten.

Das mag überall so sein. Nicht aber in der Pfalz. Dort weist jede Glühweinkönigin in jedem einzelnen Interview, also immer wieder darauf hin, dass die wirkliche Basis dieses warmen Schoppens aus einem soliden, guten Pfälzer Wein bestehen sollte. Und da sie als Repräsentantin dieses vorweihnachtlichen Genussmittels im Auftrag der ‚Arbeitsgemeinschaft Trierer Weihnachtsmarkt‘ unterwegs ist, ahnt sie sicherlich auch, dass sie selbst mittlerweile eine beim Bundespatentamt eingetragene Marke ist. So vergisst sie auch nie hinzuzufügen, dass man als Wein am besten den Pfälzer ‚Dornfelder‘ nehmen sollte. Denn auch der ist beim Bundespatentamt eingetragen. Noch nicht eingetragen ist der obligatorische Interviewzusatz, dass sie als Glühweinkönigin nach einem Becher des ‚alkoholischen Heißgetränks‘ immer ‚auf Kinderpunsch umsteigt‘.

Falls sich nun eine Leserin berufen fühlen sollte, in die Fußstapfen der diesjährigen Glühweinkönigin zu treten, gilt es zu beachten, dass für die Glühweinkönig dasselbe gilt wie für den Basiswein: auch sie sollte das Prädikat ‚sortentypisch‘ tragen.

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Jetzt aber mal ernsthaft – Teil 1

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Kürzlich widerfuhr mir in einem Telefonat wirklich Seltsames. Als ich einen Unternehmer anrief, um zu fragen, ob ich über ihn und sein durchaus interessantes Unternehmen einen Beitrag schreiben dürfe, ging er auf die Homepage des BADENBLOGGER und sah da unser Motto: „radikal und objektiv“. Daraufhin schien er nachhaltig verstört. Kann uns egal sein, dachte ich. Wir brauchen keine Werbung. Wir sind ein durch und durch unabhängiges Medium. Und doch machte es uns nachdenklich, und wir beschlossen, immer mal wieder etwas zu schreiben, was nicht unbedingt ‚radikal‘, trotzdem aber ‚objektiv´ ist. So recht wissen wir noch nicht, was wir damit meinen, aber uns wird schon etwas einfallen. Lass Sie sich das gesagt sein!

So. Jetzt fangen wir schon mal an.

Wer wollte bestreiten, dass die Südpfalz ein durch und durch liebenswerter Landstrich ist. Die Menschen sind voller Herzlichkeit, die Hänge voller Wein. Wenn dann noch, wie kürzlich in Rhodt unter Rietburg, alle gemeinsam das ‚Fest des neuen Weins’ feiern, ja, da kann einem so richtig das Herz aufgehen. Dazu gehören der Riesling und die Leberknödel, das Sauerkraut und die Krumbeere! An so einem wunderbaren Spätsommersonntag hockt man dann in einer gemütlich dekorierten Hofeinfahrt und lässt beim Trinken und Schwätzen – wie man so sagt – den lieben Gott einen guten Mann sein. Dieser Ansicht sind auch die mit mir am Tisch sitzenden zwei befreundeten Ehepaare, die nun schon im elften Jahr aus Aachen hierher kommen, um immer wieder in derselben Pension Ferien zu machen. Langweilig wird das nie, erzählen sie. Alle sind begeistert, vor allem, da man durch die jüngst in Mode gekommen E- Bikes seinen Vergnügungsradius massiv erweitern konnte. Glück ohne Ende, jedenfalls soweit der Akku reicht.

Man spricht also über dieses und über jenes, z.B. auch über den Karneval daheim, über die Jecken, die ausgelassene Freude, den ‚Zoch’ (Karnevalumzug) und natürlich auch über die Kamellen, die von den Wagen Kiloweise auf die Jecken geworfen werden. Aber, und jetzt kommen wir zum ernsthafteren Teil unserer Ausführungen, es ist nicht mehr so wie früher. Etwas hat sich geändert. Der plötzlich ernsthaft gewordene Jecke nimmt noch einen Schluck. Ja, es hat sich was geändert. Die Leute wollen keine Kamellen mehr. Keiner hebt sie mehr auf. Früher – ja, früher, waren die Straßen leer von Kamellen. Keine Kamelle blieb liegen, jede einzelne wurde aufgehoben. Heute hingegen wollen die Leute Schokolade, Mars und all das ganze Zeug. Kurz: es klang nach Werteverfall. Mein Gott, dachte ich: was soll aus dem Karneval werden, wenn die Menschen nur noch ‚Ritter Sport’ glücklich macht? Man kennt den Rheinländer ja eher so aus der Ferne und so bot sich die eine Frage geradezu an: warum bleibt die rheinische Kamelle neuerdings liegen?

Der Grund, sagt mein Mittrinker und nimmt noch einen Schluck, der Grund (jetzt blickt er fast so traurig wie ich) liegt an den Ausländern, den Asylanten. Sie wollen sich nicht bücken. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sie von uns – er sagte ‚von uns’, mich also mit eingerechnet (Volksgemeinschaft) – „alles vorne und hinten“ reingeschoben bekommen.

Er meint doch hoffentlich nicht die Kamelle?

 

 

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„Halli. Hallöle!!“ Teil 3

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Wie Hansy Vogt den Schwarzwald vermarktet und sich selbst gleich mit.

151020-hv-6005-kopie„Hallo, hallöle“. Zu den Klängen von „Oh, wie ist das schön“ erlebt die freudig versammelte Belegschaft im ‚Kultur- & Bürgerhaus’ den Auftritt von Frau Wäber. Offensichtlich ist sie gleich zu Anfang schon bestens eingeführt. Bekannt aus Funk und Fernsehen. Jetzt wendet sie sich erst mal an den Chef. Begrüßung muss sein. Gibt gleich einen Lacher. Dann der Schwenk in die Lebenswelt.

Unten die festlich gestimmte Belegschaft, an runden Tischen mit Stofftischdecken. Filialeiter mit Gel im Haar. Leistung zählt. Wer’s bringt, herzlich willkommen. Hinter der Ladentheke sind alle gleich. Der Chef hatte vorhin allen noch einen tollen Abend gewünscht, mit Tanz und Spaß bis in den frühen morgen. Aber bitte daran denken: morgen früh, halb sechs, ist die Nacht zu Ende.

img_2659‚Frau Wäber’ nimmt sich jetzt erst mal das vegane REWE Sortiment vor, dem sie mit ihrem dicken Hintern offensichtlich nicht allzu viel abgewinnen kann. Sie jedenfalls liebt es deftig. Das geht dann so: „Wenn der Mond zunimmt, nehme ich auch zu. Nimmt er ab – soll er doch“. Der Saal tobt, und nach 10 Minuten weiß auch noch der letzte, warum er sich beim REWE beruflich gut aufgehoben fühlt.

So ein Schwarzwälder, jetzt unten angekommen, darf irgendwann natürlich auch aufsteigen. Im vorliegenden Fall bis ins hinterste Renchtal, nach Bad Griesbach, ins Hotel ‚Dollenberg’. Dort versammeln sich wie jedes Jahr die besten Winzer der Ortenau, um die TOP TEN Spätburgunder zu küren. Dies geschieht im Rahmen einer Gala, die natürlich nach einer Moderation verlangt.

Wer beruflich auf einer Bühne steht, ist eitel. Er muss von sich überzeugt sein, sonst kann er gleich daheim bleiben. Es ist einfullsizerender bisschen wie Theaterspielen. Die Moderationskärtchen in der Hand, ein letzter prüfender Blick auf den knallroten Anzug, dann geht’s los. Hansy Vogt ‚führt durch den Abend’. Im Laufe seiner Beschäftigung bei SWR hatte er sich auch noch das Handwerk des Moderierens angeeignet. Der Gedanke, den Rest seines Lebens sich ausschließlich als ‚verrückte Alte’ durch die Jahre zu albern, mag tatsächlich wenig erstrebenswert sein. So sehr er weiß, wie viel er dieser Figur verdankt. Er ist nicht undankbar.

Aber irgendwann wird es auch diese ‚Frau Wäber’ nicht mehr geben können. In dem Geschäft tut man gut daran, sich ‚breit aufzustellen’. Man weiß nie, was morgen sein wird. Daheim zu sitzen und auf Anrufe zu warten, ist seine Sache nicht. So hat er sich kontinuierlich eine neue Rolle auf seinen schmalen Leib gezaubert, hat Ideen gesammelt, sich ins Gespräch gebracht, ist mit wichtigen Leuten essen, mit anderen joggen gegangen. Er hat Visitenkarten gesammelt und zurückgerufen. Hat Netzwerke gesponnen, Komplimente gemacht, war freundlich und – wo geboten – sogar herzlich. So baut man sich ‚was auf.

Jetzt steht er hier, unterhalb des Kniebis, fast 1000 Meter hoch, in diesem schönen zwei Sterne ‚Relais Chateau’ Hotel als Schwarzwaldbotschafter’. Dieses Amt hatte es zuvor noch nicht gegeben und vielleicht ist es auch die Antwort auf eine nicht gestellte Frage. Jedenfalls füllt er das Amt aus, im ganz besonderen Fall heute Abend in der Gala Atmosphäre diese renommierten Hauses, inmitten von Winzern und Winzerinnen, die sich alle untereinander kennen. Und ihn auch.

Denn er ist ja schließlich der ‚Botschafter des Schwarzwaldes’.

 

Auswärts Essen & Trinken

Nix wie weg!

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Craft Beer – warum man nicht alles trinken muss was drauf steht.

Unter den wirklich wichtigen Dingen, die überflüssig sind, nehmen bei mir neue Biersorten einen vorderen Platz ein. Ich darf das sagen, weil ich im deutschlandnahen Elsass erst kürzlich wieder in die Bierfalle getappt bin. Bislang gab es im Elsass Biere, die zuvörderst hellgelb, wässrig und wenig trinkbar waren. Sie tragen so Namen wir Kronenburg, Mutzig und Fischer. Wie die Namen schon suggerieren, hat man sich in vielen Fällen auf Biere wie einzustellen, die in ihrer Ahnengalerie auf deutsche Braumeister verweisen. Die aber sind schon lange tot. Doch das Neue lebt, zumindest im Glas. So bietet man dem Elsässer, aber auch dem deutschen Biergenießer, mittlerweile auch schon mal ein Bier an, das, der Brauerei ‚Matter’ entsprungen, sich völlig authentisch ‚Craft Brewery von Matzenheim’ nennt. Andere Geschmacksrichtungen verweisen auf Chilli und Schokolade.

Das ist insofern verständlich, als dass es in der Tat – anders als oft behauptet – in Frankreich keine eigene Bierbautradition gibt. So war „Polen offen“ für mannigfachste Versuche. Mit allem kann man spielen. Am ehesten bietet sich da der zum Brauen unerlässliche Hopfen an. ‚Mandarin Bavaria’ heißt da z.B. schon mal so eine Sorte, und auch ‚Hüll Melon’ soll hier erwähnt werden. Erwähnen sollte man weiter vielleicht die Hopfensorte ‚SHIPA Polaris von Kehrwieder’, die wundersamerweise mit einer geschmacklichen Note von Minze aufwartet. Passt vor allem gut zu ‘Choucroute garnie’ oder ‘Flammekueche’.

Und auch in Amerika sprießen die kleinen Brauereien („Craft Beer“) wie Pilze aus dem Boden. Man  mag das durchaus als Auflehnen gegen die übernächtigen großen Brauereikonglomerate (Anhauser Busch, Miller, Budweise) sehen, die den gesamten Markt unter sich aufgeteilt und mit ihren Wasserbieren zugeschüttet hatten. Bis in jüngster Zeit. Da hatten sich tausende kleiner Bierbaubetriebe bereits einen Marktanteil von sage und schreibe 10 % erkämpft.

Etwas anders stellt es sich in Belgien dar. Gut, es gab schon immer traditionell belgisches Bier, das, auf Champagnerbasis gebraut, stets seine Freunde fand. Für Außenstehende wie mich aber gilt: und wer die Geschichte Belgiens nur am Rande verfolgt, ahnt, dass in einem disfunktionalen Staatsgebilde kein funktionierendes Bier entspringen kann. Das weiß ich vor allem deshalb, weil ich vor vielen Jahren auf ein Fest der legendären Flippers eingeladen war. Das Fest fand statt, glaube ich mich zu erinnern, in ihrem Lieblingsrestaurant irgendwo im Kraichgau, und die Spezialität des Hauses bestand in ausschließlich belgischem Bier. Die Flasche war ziemlich teuer. Wer aber will, dass Bier nach Himbeere schmeckt, muss in seine Erfindung schon ordentlich investieren. Die Flippers waren damals richtig gut im Geschäft, Geld spielte also keine Rolle. Neben Pfirsichgeschmack waren auch noch Apfel-, Hollunder und viele anderer Geschmacksrichtungen auf der Karte zu finden. Allesamt schmeckten sie aber dann doch irgendwie nach in Bier aufgelöster Ahaoi- Brause. Dazu wurden Schnitzel gereicht, Schnitzel mit Pommes. Vielleicht fand die geschmackliche Vermählung im Himmel statt. Bei mir im Mund jedenfalls nicht. Nach der fünften versuchsweise geöffneten Flasche geriet ich dann endlich an eine Sorte, die in etwa dem entsprach, was man landläufig Bier nennt.

Nun sind die Flippers schon längst Geschichte. Das Böse ist aber immer noch auf der Welt. Und zwar in Gestalt von Draft Bieren. Woher DIE kommen? Jedenfalls werden sie gebraut von meist dicken Männern, deren Schädel von den merkwürdigsten Frisuren verziert sind. Sie entspringen, anders als der von ihnen verarbeitete Hopfen, einem Barbershop. Die Arme der Brauer sind über und über tätowiert. Wenn das dereinstige Entfernen dieser Tätowierung nur im Ansatz mit den Höllenqualen verbunden ist, wie ich sie litt beim Leeren des Glases, dann hätten sie sich das mit den Tattoos bestimmt zwei mal überlegt. Bei denen und bei mir war’s in jedem Fall zu spät. Was ich im Glas vorfand hatte nicht das Geringste mit einem üblichen Bier zu tun. In so einem Glas dümpelten Geschmäcker ungeahnten Ausmaßes und fremdester Richtungen. Chilli und Schokolade sind da keine Ausnahme. Das Ganze muss man sich ungefähr so süffig vorstellen wie gesamtdeutscher HipHop.

Wehe dem Braumeister, der einst gezwungen sein sollte, sich mit seinem eigenen Livestyle Saft vorm Verdursten zu retten. Der oder ich, wird er sich da sagen hören. Er wird bereuen, jemals geboren worden zu sein. Aber dann wird es zu spät sein. Alles rächt sich. Das Böse kommt immer wieder zurück auf den, der es in die Welt gebracht hat.

Im vorliegenden Fall ist es die Bierbüchse der Pandorra.

 

 

Dank an Braumeister Olli Feick vom Brauhaus ‚Dammenmühle’/Lahr für fachliche Beratung und wunderbares Bier!

 

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