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„Alles Majo, oder was“? Teil 2

Vom Reisen und Speisen – die Frau an der Seite von Wolfram Siebeck   

Was aber nicht bedeutet, dass sie gänzlich unempfänglich wäre für die einfacheren Genüsse des Lebens. So geraten plötzlich Majo mit Pommes in die Nähe ihres Geschmackshorizonts und konnten durchaus bestehen! Doch handelte sich dabei, wie sich herausstellen sollte, keineswegs um die Proloversion dieser Speise, sondern es begab sich, dass die Mayonnaise durch eine großzügige Beigabe von Trüffel sozusagen getunt war. Man kann sich förmlich vorstellen, wie sie mit eleganten Fingern eine Pommes durch die Tunke zieht. „Alles Majo, oder was?“ sagt sie und strahlt.

Nach einem üblichen Gastro-Abend geht es dann aber nach hause oder aufs Zimmer. Wolfram muss schreiben; Essen und Schreiben. „Er war unheimlich fleißig“, sagt sie, als lausche sie heute noch dem früheren Klang der Schreibmaschine nach. Klappern gehörte zum Handwerk. Manchmal schon ein kleines Diktat, unmittelbar am Tisch, aber schon druckreif. „Mit Siebeck, das ist meine herrlichste Zeit gewesen“. Sechsundvierzig Jahre waren sie verheiratet und höchsten einmal für drei Tage getrennt. Begab sie sich, um Besorgungen zu machen, ins vierzig Kilometer entfernte Freiburg kommt er mit und wartet im Eingangs-bereich des „Colombi“-Hotels ungeduldig auf ihre Rückkehr.

Das Geräusch der Schreibmaschine (später natürlich PC) muss laut und deutlich gewesen sein, denn die Wohnung, in der sie heute noch residiert, ist so weitläufig wie ansprechend. Es sind Fluchten, die dem Besucher freilich nicht so wahrnimmt. Alles atmet des Geist eines diskreten Arragements. Alles mit Liebe gestaltet. Über allem waltet, geschult am Antiquitäten- und am Kunsthandel, der gute Geschmack der Hausherrin. Obwohl weitläufig, hat man nie das Gefühl, die Wohnung sei mittlerweile doch ein bisschen zu groß für eine einzelne Bewohnerin.

Es ist das Selbstverständnis, das sie verströmt und das keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass sie diese Räumlichkeiten, auch nach dem Tod ihres Mannes, als für sich durchaus passend empfindet. Siebeck hatte sich dort droben auf dem Berg wohl gefühlt. Es war also an ihr gewesen, das gemeinsame Heim so einzurichten, dass es zu seinem geschmackvoll inszenierten Auftreten passt.

Viele Gegenstände hatte sie zudem noch aus Frankreich mitgebracht, wo sie, im Süden, vierzehn Jahre lang ein Haus mit großem Garten besaßen, das sie erst umgebaut und dann bewohnt hatten. Der Garten unterstand ihrer Pflege. Auch hier wieder eine klare Zuordnung. Da war seins, und dies war meins. Irgendwann befand man dann: es ist genug. Dann wurde Abschied genommen. Auch hier wieder ohne Klage, ohne denkbare Larmoyanz. Es ist halt so. Dann muss man konsequent sein und handeln. Gut möglich, dass das eine, nein, vielleicht DIE Konstante ihres Lebens ist.

Als große deutsche Köche sich unmittelbar nach Siebecks Tod im Mahlberger Schloss einfanden, taten sie das, um bei einem gemeinsamem Kochen seinernoch einmal zu gedenken. Nach dem Essen war Barbara Siebeck mit einem Korb erschienen. Darin lagen einige Krawatten ihres Mannes, die sie an die Anwesenden verschenkte, worauf der Kolumnist der ZEIT sich ein bisschen wunderte, dass sie „so gefasst und fast fröhlich“ war.

Was sie in diesem Moment empfunden haben mag, kann man als Außenstehender kaum nachvollziehen. Vorsichtig darauf angesprochen, sagt sie leise: „Man schickt sich in sein Schicksal“.

 

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