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„Komm ein bisschen mit nach Italien…“

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Nix wie hin – im Frühjahr nach Como 

Die Ansage war kurz und knapp. Als Peter Alexander 1956 im Radio sang: „Komm ein bisschen mit nach Italien“ folgten dem Aufruf tausende deutsche Väter. Sie packten Frau und Kinder in den VW Käfer und machten sich auf den Weg. Über den Brenner oder den Gotthard. War man dann nach langer wassergekühlter Fahrt in Italien angekommen, begrüßte einen zunächst die Stadt Como, wo viele der Familien sich erst mal auf dem Campingplatz einrichteten. Dies war nicht selten der Anfang einer langen Freundschaft.  Man kam immer wieder. Und in der Tat ist Como eine Stadt, in die man sich verlieben muß. Am unteren Ende des Comer Sees gelegen, empfängt sie den Besucher zunächst mit dem sich zum See öffnenden ‚Piazza Cavour‘, benannt nach dem Mitbegründer der italischen Einheit.

Hat man erst mal das hässliche Hotel an der Rückseite übersehen (dem man die Lorio’sche Steinlaus ins Gemäuer wünscht!), gelangt man an einer prächtigen Häuserzeile vorbei auf den ‚Piazza Duomo‘, den man sich natürlich merken sollte – der Dom ist eine der großen Sehenswürdigkeiten. Zunächst aber sollte man sich die Stadt und ihre geschmackvoll gekleideten Bewohner – ca 100 000 an der Zahl – durch das Flanieren erschließen. Und in der Tat: Como ist für den Besucher eine Stadt des Müssiggangs. Natürlich wird hier gearbeitet, und wie! Aber nach außen hin macht alles einen wunderbar entspannten Eindruck. Einzelne Personengruppen plaudern vor eleganten Geschäften, Paare diskutieren, vor stilvollen  Cafes sitzend. Dazwischen gemächlich dahingleitende Fahrradfahrer. Das Radeln hier hat fast etwas Meditatives.

Das liegt natürlich auch daran, dass die Geschäfte mit ihren Auslagen überaus geschmackvoll sind. Das süsse Nichtstun wird durch den exquisiten Einkauf sinnvollerweise ergänzt. Ob Mode, Schmuck, Wohnungsaccessoires – Como ist eine einmalig schöne Einkaufsstadt.  Das historische Zentrum mit seinen gepflasterten Gassen ist die Konsumverführung per se. Und das Erfreuliche dabei: nach dem Kauf bereut man nichts, nicht einmal den Preis…

Beim Durchstreifen der Altstadt wird man auf den ‚Piazza San Fedele‘ stossen. Dort sollte man sich am Café Aida niederlassen. Zwei, drei Spatzen zu Füssen warten dort schon auf Gebäckkrümel. Zwei Krümel haben sie schon im Mund, hätten aber noch Platz für einen weiteren. Es scheint, dass italienische Spatzen den Schnabel nicht voll genug kriegen können.

Lässt man dann den Blick über den Cappuccino und ein traumhaftes Gebäck aus Mürbeteig namens ‚Apollo‘ schweifen, entdeckt man gegenüber vom Café den Eingang der kleinen Basilika ‚San Fidele‘ aus dem 12. Jahrhundert, deren dunkles Inneres etwas aufgehellt wird durch eine in Signalfarben gekleidete russische Reisegruppe, die ergriffen vor einem ikonenähnlichen Marienbild steht.

Weit prunkvoller präsentiert sich da der Dom ‚Santa Maria Maggiore‘, der mit seiner prächtigen Fassade aus weißem Marmor eine der bedeutenden Sehenswürdigkeiten von Como, ja, ganz Oberitaliens ist. Rechts und links des Portals die Büsten der bekanntesten Bürger der Stadt: Plinius der Ältere und Plinius der Jüngere. Letzterer hat den Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. detailgenau in zwei Briefen an Tacitus festgehalten (und bei dem sein Onkel den Tod fand). Im Inneren der Kirche eine mächtige Orgel, und bei der Größe ist man froh, dass der Organist auf den vollen Einsatz sämtlicher Register verzichtet.

Tritt man wieder hinaus ans Tageslicht…

Demnächst mehr!

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„Überwiegend nasskalt und dennoch heiter“

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Ursula Cantieni und die Fallers

Vielleicht ist es einfach die Schönheit dieser Stadt, die Baden-Baden heißt und angeblich so schön ist, dass man ihren Namen zwei Mal nennen muss. Vielleicht ist es aber auch die Nähe zu ihrem langjährigen Arbeitgeber, dem SWR, die Ursula Cantieni sich hier an der Oos wohlfühlen lässt.

Sie ist Schauspielerin. Deren gibt es tatsächlich viele, aber den wenigsten ist es gelungen, dass ihr Name mit einer Serie in Verbindung gebracht wird. Will man weitergehen, darf man sagen: sie ist das Gesicht der vom SWR produzierten Serie „Die Fallers“.

So, wie es heißt, dass die Wege des Herrn verschlungen sind, so lässt sich dies auch vom beruflichen Werdegang Ursula Cantienis sagen. In Graubünden ist sie aufgewachsen, ging in Stuttgart zur Schule, dann Schauspielausbildung, Sprecherziehung, Regieassistentin; danach folgt eine Professur für Sprechausbildung an der Folkwangschule in Essen, bis sie seit 1978 sich endgültig als Schauspielerin in Esslingen am Neckar und Konstanz etabliert.

Und dann kommt das, wovon viele Schauspieler träumen – das Fernsehen. Und gleich mit einer Hauptrolle, die Bäuerin Antonia in „Der Polenweiher“. Es folgen weitere, eher kleine TV-Einsätze. 10 Jahre nach ihrem Fernsehdebut, 1994, hält man sie für geeignet, eine tragende Rolle in der neuen Serie „Die Fallers“ zu übernehmen.
Was sich hier so leicht anhört – und Ursula Cantieni stapelt da eher tief – war tatsächlich das Ergebnis einer langjährigen Rackerei, ein Hin und Her zwischen verschiedenen beruflichen Polen, zwischen Orten, zwischen Aufgaben. Von nichts kommt halt nichts – auf so einen bündigen Satz, könnte sie sich ungefragt einlassen. Wer, wie sie, lange Zeit in Konstanz Theater gespielt hat und nie dazu kam, im Bodensee einmal zu schwimmen, dem muss irgendwie das Wasser bis zum Hals gestanden haben.

Dann also „Die Fallers“. Aus dem Leben einer Schwarzwaldfamilie, so der Untertitel der Serie, die fortan den Mann und natürlich auch die Frau ernähren sollte. Das ist kein einfaches Brot. Die Sendung, die sich mittlerweile merklich der Tausenderfolge nähert, verlangt den Schauspielern ziemlich viel ab. Heiter im strengen Sinn ist sie nicht. Sie handelt vom Täglich, Alltäglichen einer Schwarzwaldfamilie, die in einem malerischen Hof in der Nähe von Furtwangen wohnt und dort hochdroben versucht, ihr Leben zu gestalten. Mit allem, was es halt so bietet. Oft mehr Leid als Freud.

Ursula Cantieni und „DIE FALLERS“

Und doch gibt die Serie einen Eindruck davon, was ist, wenn die Postkarten nicht lügen. Da sind Bollenhut und Kuckucksuhren doch mehr schemenhaft gezeichnet.

Als ‚Mutter der Kompagnie’ ist es Ursula Cantieni als Johanna Faller gegeben, hoch droben, im Schwarzwald, eine eher ausgleichende Rolle einzunehmen. Was ihrem Charakter teilweise entspricht. Nach nahezu tausend Folgen hat das Publikum sie ohnehin mit der gespielten Person gleichgesetzt, und so kann sie sich behaglich in diese fügen und ruhig zusehen, wie sie mit dieser Rolle altert. Dem entgegen steht ihr lebendiges Naturell, das sie mit fortwährendem Altern der Hauptfigur zähmen muss.

Diese ‚unterdrückte’ Seite ihrer Person ausspielen kann sie dann glücklicherweise als Mitglied im Rateteam von „Sag die Wahrheit“ an der Seite von Smudo oder Mike Krüger.
Im „Närrischen Ohrwurm“ redet sie seit Anfang an jährlich Klartext, ebenso in „Die Sofarichter“ geht’s seit einem Jahr zur Sache. Sie spielt mit Christoph Sonntags im „Das Jüngste Ger(i)ücht“, macht Lesungen mit Fremdem und Eigenem, schickt ihre „Berta“ improvisierend durchs Publikum und kommt dann immer wieder nach Hause in die Rolle, die sie sich ein Stück weit selbst auf den Leib geschneidert hat.

Die Bäuerin vom Schwarzwald.

 

(c) Sämtliche Bilder mit freundlicher Genehmigung des SWR

https://www.swr.de/diefallers/

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Der Märtyrer

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Wie die Katholische Kirche versucht, Werbung für ihre Sache zu machen

Wer die schöne Stadt Würzburg besucht und dort von einem Regenguss überrascht wird, dem könnte es passieren, dass er sich auf der Suche nach einem trockenen Plätzchen oder gar spiritueller Erbauung sich in der Marienkapelle wiederfindet.

Dort erwarten ihn, gleich neben dem Eingang,  außer dem Schutz vor Nässe, zudem noch ausgelegte Postkarten, die den Hl. Aquilin zeigen, den man als in Würzburg geborenen Heiliger sehr verehrt und dessen Haupt von einem goldenen Strahlenkranz geziert wird. Vor allem aber fällt der im Hals steckender lange Dolch auf, der auf die Todesart des 1018 in Mailand gemeuchelten Märtyrers hinweist.

Der eine mag diese Postkarte als lieben Urlaubsgruß an die Daheimgebliebenen verwenden. Der andere sieht darin vielleicht eher das Beispiel eines wenig gelungenen Glaubens-Marketings seitens der katholischen Kirche.

Bevor mir allerdings die Kirche Schutz bot, hatte ich mich zuvor noch, bereits ziemlich durchnässt, in ein Geschäft gerettet, das anlassbedingt Regenschirme für € 1 im Sortiment führte. Von diesem günstigen Regenschirm versprach ich mir einen ersten Schutz vor dem Unbill der Witterung.

Als ich den Schirm dann vor dem Betreten der Kirche hastig zusammenklappte, klemmte ich mir den Finger ein, was ziemlich blutete und mir das Martyrium des hl. Aqilins ein kleines Stück weit nachvollziehbar machte. Ein Außenstehender mag flapsig konstatieren: hier wie dort starker Blutverlust.

Doch kann man das nur bedingt vergleichen. Vor allem schon deshalb nicht, weil es von mir mit meinem um den Finger gewickelten blutigen Tempotaschentuch ganz bestimmt keine Postkarten geben wird.

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„…und niemals mehr wird es einen geben, der ihm gleicht…“

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„Richard Löwenherz. König-Ritter-Gefangener“  – Teil 1

Die große Landesausstellung im Historischen Museum der Pfalz/Speyer

Immer wieder hatten wir auch über die Pfalz berichtet. Über ihre sonnendurchfluteten Weinberge. Über die Dörfchen, darin Wohlstand und Gemeinwohl gedeihen. Über ihre Rieslinge, die zu den Besten der Welt gehören. Ihre Städte, deren Bürgersinn und Charme  viele verleiten, immer wieder hier her zu kommen. Nicht zu vergessen auch der unergründliche Pfälzer Wald mit seiner andächtigen Stille.

Weingartner Welfenchronik

Doch das haben nicht alle so empfunden  Manch einer wäre froh gewesen, er hätte die Pfalz nie gesehen.  So z. B. der englische König Richard Löwenherz, der, vom 3. Kreuzzug aus dem Hl. Land zurückkehrend, versuchte, sich im garstigen Winter des Jahres 1192 auf dem Landweg ins Herrschaftsgebiet seines Schwagers, Heinrichs des Löwen, nach Bayern durchzuschlagen. Die Zeit drängte, denn die Nachrichten, die aus England kamen, waren besorgniserregend. Sein Bruder, Johann Ohneland, hatte versucht, sich seines Königreiches zu bemächtigen.

Dieser war in zweifacher Hinsicht zu kurz gekommen. Zum einen war er bei der Vergabe von Herrschaftserbe übergangen worden, zum anderen maß er lediglich 1,55 m. Kein Wunder, mag man sagen, war er doch der Urenkel von Robert II., der den Beiname ‚Kurzhose’ trug. Jedenfalls war Johann von der Statur her nicht zu vergleichen mit seinem Bruder Richard, der, mit einem Gardemaß von fast zwei Metern gesegnet, als der größte und kampfstärkste Ritter seiner Zeit galt. Und zudem, so scheint es, war er Muttis Liebling.

So sah Mann aus. Damals.

Von Johann Ohneland war auch sonst nichts Gutes zu erwarten. Immerhin reichte es für eine Legende. Während der Abwesenheit seine Bruders, so hieß es, trieb er es mit seinen Untertanen wohl gar zu bunt, weshalb im Wald von Sherwood Forrest, so weiß die Sage, eine Gestalt namens Robin Hood auftaucht. Zum einen sah sich der als Anführer der geknechteten Untertanen. An sich schon ein Verdienst. Dann aber führte er, wie wir wissen, als Robin Hood die grüne Strumpfhose in die Weltgeschichte ein.

Doch zurück zu Richard Löwenherz, dem Größten Kämpfer der damaligen Welt. Bei seinem Versuch, feindliches Gebiet zu durchqueren, um nach Hause zu eilen, wurde er in Erdberg bei Wien erkannt und festgenommen. Seine Diener hatten wohl versucht, mit morgenländischem Geld zu bezahlen. Zunächst wurde er für längere Zeit in Dürnstein festgesetzt, um dann auf die Pfälzer Burg Trifels verbracht zu werden, von wo aus im Folgenden zähe Verhandlungen betreffs des Lösegeldes geführt wurden.

Seine Verhandlungsposition war angesichts der Liste der Verfehlungen, die man ihm vorwarf, wohl denkbar schlecht…

 

(Teil 2 gibts demnächst)

http://museum.speyer.de/startseite/

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„…und niemals mehr wird es einen geben, der ihm gleicht…“

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„Richard Löwenherz. König-Ritter-Gefangener“  – Teil 2

Die große Landesausstellung im Historischen Museum der Pfalz/Speyer

Die Burg Trifels

Seine Verhandlungsposition war angesichts der Liste der Verfehlungen, die man ihm vorwarf, wohl denkbar schlecht.

Da half auch nicht, dass er, in der Gefangenschaft mit der horrenden Lösegeldsumme von 100 000 Mark Silber (23 Tonnen!) konfrontiert, vorschlug, das Ganze mit einem ritterlichen Zweikampf aus der Welt zu schaffen. Mögliche Gegner reagierten voller Entsetzen auf diesen wohlgemeinten Vorschlag, und so blieb seiner resoluten Mutter Eleonore von Aquitanien nicht anderes übrige, als das verlangte Lösegeld bei den Untertanen einzutreiben. Schließlich ging es darum, ihren Sohn wieder seiner ursprünglichen Aufgabe zuzuführen: zu herrschen und zu kämpfen.

All dies und noch viel mehr ist jetzt in einer wunderbaren Ausstellung im „Historischen Museum der Pfalz“ zu sehen. Das Museum liegt am unmittelbaren Rand der Altstadt, schräg gegenüber dem Speyerer Dom, der Kohl’schen Hauskapelle.

Dort hat man, nach langer, allzu langer Zeit, wieder einmal eine wirklich große Ausstellung zusammengestellt. Die letzte war die Salierausstellung 2011. Es ist – das darf man jetzt ruhig einmal so flapsig sagen – ein Riesending geworden. Diese nicht allzu lange Zeit der Haft des englischen Königs auf einer Stauferburg hat man zum Anlass genommen, das Hochmittelalter in einer wunderbaren Ausstellung vorzustellen.

Auf ca 1000 qm werden dem Besucher 180 liebevoll aufbereitet Exponate präsentiert. 83 Leihgeber aus sieben europäischen Ländern hatten sich von ihren Exponaten vermutlich schweren Herzens getrennt. Selbst die Queen findet sich im Verzeichnis der Leihgeber. Gestaltet wurde die Ausstellung vom Team rund um den Direktor Dr. Alexander Schubert. Ein ebenso personenreicher und wie kompetenter Beirat hat geholfen, dass auch alles sein Richtigkeit hat, darunter so prominente Namen wie der Verfasser der großen Löwenherz-Biographie, Prof. John Gillingham, sowie einem einer der großen Männer der deutschen Mittelalterforschung, Prof. Stefan Weinfurter, der zu Beginn der Pressekonferenz das Phänomen Richard Löwenherz dahingehend einordnete: groß und blauäugig sei er gewesen und habe so dem Idealtypus der höfischen Ritterkultur des 12. Jahrhunderts entsprochen. Weiter könnte man ihn als Idealfigur des englischen Königtums sehen, dessen Verbindungen sich überwiegend nach Frankreich erstreckten. Schließlich lagen zweidrittel der Besitzungen der englischen Krone auf dem Festland, also dem heutigen Frankreich.  

Das Herzkästchen

Und dann sei die Zeit auch noch reif gewesen für die Mythenbildung. Vielleicht auch für das, was wir heute Ritterromantik nennen, wofür ja z.B.  das „Bleikästchen für das Herz von Richard Löwenherz“  steht, das, so hatte der Sterbende eben noch bestimmen können, in Rouen bestattet zu werden. Dort waren ihm die Bewohner immer treu ergeben.

Ganz anders als die Einwohner der abtrünnig gewordenen Stadt Châlus. Für die blieben nur die Gedärme.

http://museum.speyer.de

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