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Allgemein Kultur Musik

Simon Rattle – geschenkt!

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Das Rheingold/Richard Wagner/Berliner Philharmoniker/Sir Simon Rattle

Einmal dabei: zum Konzert in die Isarphilharmonie

Ich gehe gern ins Konzert, wobei ich sagen muss, dass mich das Symphonische ganz besonders anspricht – vor allem natürlich dann, wenn ich eingeladen bin. Gestern z.B. war wieder einmal so ein Tag, der es gut mit mir meinte. Das freute mich ganz besonders, weil die Konzertkarte stolze € 81 gekostet hätte. In so einem Fall genieße ich das natürlich doppelt, vor allem, weil das ja nicht alltäglich ist. Freilich sollte man -auch wenn man eingeladen ist – etwas dafür bekommen.
Versprochen war ein Konzert des Symphonieorchesters des Bayrischen Rundfunks unter der Leitung von Simon Rattle. Freunde gepflegten Orchesterklangs dürfte er bestens bekannt sein, schon allein wegen seiner Frisur, die, eine Überfülle weißgelockter Haare, auch die Hülle seiner Schallplatten ziert. Man könnte sie durchaus als ein Markenzeichen von ihm bezeichnen, zumal sie ihm sowohl auf der Plattenhülle als auch beim Auftritt gut zu Gesicht steht. Dies dürfte auch am englischen Königshof nicht ganz unbemerkt geblieben sein, denn man hatte ihm – auch seiner enormen Musikalität wegen – schon vor geraumer Zeit den Titel ‚Sir‘ verliehen. An besagtem Abend also dirigierte Sir Simon Rattle.

Stilistisch betrachtet gab’s Spätromantisches. Berlioz, Debussy und Ravel. Dazu kam das Werk des nicht so bekannten Charles Koechlin. Dem Namen nach Elsässer, war er aber doch – wie ich dem Programmheft entnahm – ein waschechter Franzose, was einmal mehr unterstreicht, dass der Erwerb eines Programmheftes eine sinnvolle Investition sein kann. Dort war er zudem als „Stilles Genie unter Krachmachern“ angekündigt, was aber nicht ganz stimmte. An b1esagtem Abend verdankten wir ihm  das lauteste Stück!

Dass ich das so empfand, lag ein Stück weit auch an meinem Sitzplatz in der 4. Reihe. Die Reihen 1-3 waren gar nicht vorhanden, weshalb dort, wo die Reihe 1 hätte sein müssen, schon das Orchester saß, das nun begierig darauf wartete, sich unter die ‚Stabführung‘ des Maestro zu begeben. Das Orchester war erstaunlich groß. Allein sieben Streichbässe!  Manch einer mochte sich fragen, ob’s ein oder zwei Bässe weniger nicht auch getan hätten. Jedenfalls gab es an diesem Abend ungewohnt viele Musiker für vergleichsweise wenig Geld.

Das Programmheft hatte dem Dirigenten im Vorfeld „Bezwingendes Charisma“ bescheinigt, doch als er dann endlich aus der Kulisse trat und hochdynamisch dem Podest zustrebte, kam er – die Höhe falsch einschätzend – beim Ersteigen des Podests fast zu Fall. Dass so etwas einem erfahrenen Dirigenten passiert!

Er hatte sich aber schnell wieder gefasst, und so konnte das Konzert mit Berlioz’ ‚Romeo et Juliette’ beginnen, ein Stück, dessen Interpretation ein Kritiker später als bezwingend lobte und dessen wuchtiger Klang noch dem letzten Besucher klarmachte, wofür man die enorme Menge an MusikantInnen aufgeboten hatte – von den sieben Bässen gar nicht zu reden. Wunderbar auch, dass man endlich einmal die Harfe zu sehen bekam. Normalerweise versteckt man das an sich doch schöne Instrument im Orchestergraben. Und auch eine Harfenistin war zu sehen, die, wie oft genug, keineswegs blass und blond war, sondern die Zuhörer mit lebendigem Teint und dunklem Haar für sich einnahm. Gut zu sehen auch, dass sie bei diesem Repertoire alle Hände voll zu tun hatte.

Meiner vorgeschobenen Sitzposition verdankte ich außerdem eine klare Sicht auch eine ca 40 jährige Violonistin, die in meinem unmittelbaren Blickfeld musizierte und als eine der wenigen, soweit ersichtlich, keinen schwarzen Punkt am Kinn hatte, eine Art Druckstelle, die, so versicherte man mir,  in der Regel auf fleißige Übungtätigkeit verweist. Über weite Strecken geigte sie überaus engagiert auf. War sie musikalisch nicht gefordert, lugte sie ganz entspannt in die Gegend. Ein klarer Hinweis darauf, dass die wahre Arbeit so einer Geigerin im häuslichen Kreis stattfindet.

In den stilleren Passagen des Werks fand die Muse, mich umzudrehen und die hinter mir sitzenden Konzertbesucher einmal näher zu betrachten. So kam ich nicht umhin, eine vergleichsweise hohe Dichte fernöstlicher Besucher zu konstatieren. Bei abschwellendem Orchesterlärm erstaunte mich das derart, dass ich mich fragte, ob China angesichts dieser enormen Verluste an Menschen nicht fast leer sein müsse? Nicht genug! Es gab sie auch im Orchester. In den kurzen Pausen des Werks, fragte ich mich bisweilen, was diese fernöstlichen Musiker bei so einem Werk fühlen und warum es sie deswegen in den Westen treibt. Was hat Musiker und Zuhörer aus dem fernen Kulturkreis bewogen, über den Rand ihrer Teetassen hinauszublicken und sich an die Isar aufzumachen? Was hören sie da? Sie, die vom Reis in dünnwandigen Schüsselchen groß geworden, hatten in Vorzeiten anlassbezogen noch „Tora, Tora“ gerufen; heute sitzen sie  hier im Westen, um Musikern in speckigen schwarzen Anzügen mit Schwalbenschwänzen zuzujubeln. Was macht das mit ihnen, haben sie tausende von Euro ausgegeben, um z.B. anlässlich des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker im Publikum zu sitzen? Warum macht es sie Stolz, sehen sie ihre Töchter beim Wiener Opernball übers Parkett schweben? Erinnert sie das an den langen Marsch? Rätselhafter ferner Osten!

„Ungeheuer schwierig aufzuführen“, so stand es im Programmheft. Verständlich, dass nach „Romeo et Juliette“ sowohl den Musikern als auch den Konzertbesuchern der Sinn nach einer Pause stand, über die hier nicht viel erzählt werden soll.

Zu groß war die Spannung bezüglich des noch folgenden Programms. Versprochen war noch Claude Debussy’s „Jeux“, weiter den oben bereits angeführten Charles Koechlin und, als Abschluss: Maurice Ravel, von dem man sich natürlich fragte, ob er gut ausgehen würde. Und in der Tat endete der Konzertabend so, wie man es sich wünscht. Von dem Wunsch beseelt, das Publikum nicht gänzlich zu verschrecken, hält man es üblicherweise für geboten, ein noch so dissonantes Programm versöhnlich enden zu lassen, am besten mit einem Walzer, oder, wie im vorliegenden Fall mit dem ‚La valse‘ von Ravel. Zwar bescheinigt das Programm dem Schluss des Werkes ein „fataler (…) fratzenhafter Abgang auf ein ganzes Jahrhundert“. 

Aber die meisten Besucher werden gedacht haben: besser als nichts. Großer Beifall. 


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„…ein größerer Bescheißer“

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Wie Paracelsus einmal unseren Markgrafen beschimpfte 

Der Frühling kommt. Der Maler geht. Ein rundum gelungener Abschluss? Als der kleine weißlackierte Transporter der Firma Dieterle aus Forbach vom Parkplatz vor der Kirche rollte, hatten sich die Anzeichen verdichtet, dass die Renovierung der Stiftskirche in Baden-Baden nunmehr beendet ist. In naher Zukunft müsste also auch niemand mehr den Handwerker an seinen auf dem Transporter prangenden Werbespruch erinnern „Über hundert Jahre: Farbe im Blut“.

Lange genug hatte es ja gedauert, bis zum Frühling dieses Jahres nach dreijähriger Renovierungszeit eine der bedeutendsten Kirchen des Landes wieder geöffnet hat. Im Inneren ruhen vierzehn Markgrafen von Baden und ihre Angehörigen. Einer der Bedeutendsten war der Markgraf Philipp von Baden. Er war der fünfte Sohn des Markgrafen Christoph I und seiner Gattin Ottilie von Katzelnbogen, die insgesamt fünfzehn Kinder zur Welt brachte. Sie muss von zäher Konstitution gewesen sein, denn von den fünfzehn Kinder überlebten deren dreizehn.

Ihr Sohn Philipp scheint von eher schwächerer Natur gewesen zu sein, denn er litt an einer fortwährenden Darmstörung, die die Ärzte am Hofe nicht zu heilen vermochten. 1526 z.B., lag er wieder einmal siech darnieder. Ein Fachmann musste her, einer, von dem man sich Wunderdinge versprach. So einer wie Theophrastus Bombast von Hohenheim, besser bekannt unter dem Namen Paracelsus, der, von unbestrittener Kompetenz, sich zu der Zeit in Süddeutschland aufhielt und der es richten sollte. So habe er z.B. in Ingolstadt ein Mädchen geheilt, das gelähmt war. Nicht so viel Glück hatte hingegen Petrus von Burckhardis. Der war an seinem Asthma erstickt. In dem Fall war offensichtlich nichts mehr zu machen gewesen. Anders in Rottweil – da heilte er eine Äbtissin, die an Gürtelrose litt (derzeit kursierender Werbespruch: „Kann sehr belastend sein“).

Genug Empfehlungen also, nach dem Doktor zu schicken, der bald darauf wohl auch eintraf, um dem Markgrafen seine weithin gerühmte ärztliche Kunst angedeihen zu lassen. Und in der Tat war zu seiner Zeit Paracelsus das, was man eine Koryphäe nennt, ein Promidoktor, zu dem ‚man‘ ging.

Paracelsus – irgendwie frisch vom Frisör

Als einer der Ersten hatte er die Medizin auf eine neue Basis gestellt. Er studierte die Natur. „Umfasste sie nicht ein viel größeres Gebiet, als die Schulmedizin zuzugeben wagte?“ (H. Pächter „Paracelsus“) Der Mediziner schlug neue Behandlungswege ein, immer ausgehend von der zentralen Frage: was Krankheit eigentlich ist.

Wohl dem, der ihn in Zeiten der Not an seinem Krankenbett wusste. Wohl aber auch dem, der ihn nicht brauchte. Denn der Herr Doktor war ein rechter Zausel, der keiner Auseinandersetzung aus dem Weg ging, mit allen Streit anfing, dabei die Kollegen vor den Kopf stieß und allerlei mehr. Später, da war er schon weitergezogen nach Basel, berichtete sein Freund Oporinus in einem Brief, dass sich Paracelsus „dem Trunk und der Prasserei ergeben“ habe. „Die ganze Nacht…hat er sich nie ausgezogen, was ich seiner Trunkheit zuschrieb“.

„Dessen ungeachtet“ sei er, „wenn er am betrunkensten war“, zu seinem Schüler nach hause gekommen, um „mir etwas von seiner Philosophie zu diktieren“. In diesem Zusammenhang rühmte sein Schüler auch die Klarheit seiner Gedanken, „dass sie von einem nüchternen Menschen nicht hätten verbessert werden können“. Zudem hatte der Herr Doktor ein Schwert, das er bisweilen um Mitternacht wie ein Rasender aus der Scheide zog, es zu Boden schmiss, „so dass ich manchmal glaubte, er würde mir den Kopf abhauen“. So weit die Ausführungen des ‚Assistenten‘, das Verhalten seines Lehrmeisters betreffend, und man fragt sich unwillkürlich, warum heutzutage Assistenzärzte meine, sich über das Auftreten einzelner Chefärzte beklagen zu müssen.

Noch aber war es hier in Baden-Baden nicht so weit. Das war später, in Basel. Doch nun lag ein Fall vor, der die Behandlung des Besten bedurfte. Der Markgraf war krank, und zwar ernstlich. Und so schickte man nach dem Besten seiner Zunft, nach Parcelsus, der alsbald auch eintraf und mit der Fülle seiner Erfahrung konstatierte: dem Fürsten, der siech darniederlag, mache der Darm Probleme. Der Darm in seiner gereizten Form. Eine Darmreizung. So etwas würde zur Heilung Zeit brauchen. So verordnete er zunächst dem Markgrafen Ruhe und vor allem Geduld, beides solle die verabreichten Mittel ergänzen. Das allerdings würde sich hinziehen.

Ob der Markgraf jetzt auf einem guten Weg war? Möglich. Doch da hatte man nicht gerechnet mit den Medizinern vor Ort, die auf so einen wie diesen hergelaufenen Medicus gerade noch gewartet hatten, so einer, der sozusagen an ihnen vorbei den hohen Herren behandeln durfte. Die üblichen Eifersüchteleien also. Hinzu aber kam, dass sich der Hochgelahrte alsbald als das entpuppte, was er immer war: ein arroganter Rüpel, der sich der ortsansässigen Kollegen gegenüber so benahm, wie man es niedergelassenen Ärzten gegenüber besser nicht tut. Er wusste alles besser.

Die Schwachstelle der Behandlung war die Zeit, die sich Paracelsus ausbedungen hatte. Es solle gewartet werden, bis seine Mittel wirkten. Wunder dauern bisweilen etwas länger. Die Heilung brauche Zeit. Aber wie das bei Ärzten manchmal halt so ist: sie nehmen sich keine.

Offensichtlich hatte er aber nicht mit der Kamarilla gerechnet, die eifersüchtig geifernd um ihren Einfluss fürchtete und auch schon mal den avisierten Heilungsprozess hintertrieb. Er würde ihre Mittel als die seinen ausgeben, u.s.w. Sie geiferten weiter, intrigierten noch mehr.

Irgendwann wurde es wohl dem Markgrafen zu bunt, und so sah sich der Herbeigerufene ohne Entschädigung und Lohn entlassen, worauf der Herr Paracelsus verärgert das Weite suchte noch bevor die Krankheit den Patienten floh. Er verließ die Stadt, verbittert und sauer. Weiter zog es ihn nach Straßburg und von dort aus noch rief er unserem Fürsten hinterher: „Der Markgraf ist ein größerer Bescheißer als der Jud Messe von Thales“.


 










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Nuttenbrause!

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Zwei Straßen, nicht weit entfernt von meiner Wohnung, findet sich ein kleines Geschäft. Zwischen zwei Wohnhäusern scheint es fast eingeklemmt. Um von etwaigen Kunden nicht übersehen zu werden, baumelt über dem Eingang eine Toto Lotto Fahne.  Neben einem unzeitgemäß üppigen Angebot an Rauchwaren  gibt es dort auch  Postkarten,  Gummibärchen und Schnäpse in kleinen grünen Fläschchen. Das grüne Frühstück. Dazu jede Menge Frauenzeitschriften.
Erstaunlicherweise hält man dort auch die NZZ vor, die, ausdrücklich für mich zurückgelegt, ein leichtes Vertrautsein seitens der Geschäftsleitung ihrem gelegentlichen Kunden gegenüber suggeriert.
Die Chefin mag knapp über Fünfzig sein. Sie ist freundlich, saisonal aber etwas herb.
Sie spricht schnell. Ihre Sätze kommen auch an schönen Tagen fast ein bisschen gepresst. Aber daran habe ich mich gewöhnt.

Was mich freilich in jüngster Zeit etwas befremdet ist eine Geräuschquelle, die so recht nicht zum üblich publizistischen Angebot der Frauenzeitschriften passen will. Kürzlich z.B. klang es eher nach dem Soundtack von Filmen wie „Full Metal Jacket“ oder Action Thriller wie „Stirb langsam Teil 2“.

„Radio“? fragte ich und sah die Dame an. „Nee. Fernseher. Er steht da hinten“. Sie deutete mit einer knappen Kopfbewegung rechts hinter den Tresen. Anscheinend steht da ein Apparat, der sich bevorzugt – es war mir schon länger aufgefallen – auf die Reproduktion von Schlachtenlärm verlegt hat.

Das „Goldene Blatt“ betrachtend fragte ich sie, was sie da höre. „Klingt nicht nach Schwarzwaldklinik“ ergänzte ich noch. „Nein, nein“, sagte sie.

Sie liebe Horrorfilme, Kriegsfilme. Je gruseliger, desto lieber. „Kann gern auch noch stärker sein“, merkte sie noch an. Seit jeher sei das so bei ihr. „Je Horror desto lieber „. Sie schüttelte energisch den Kopf. Die zwei einfältigen Ohrringe, lang und golden am Ohrläppchen hängend, baumelten heftiger.

Ein letzter Versuch. „Nichts Romantisches, nein, gar nicht? Auch nicht Helene Fischer? Atemlos durch die Nacht?“

Es war ein letzter irgendwie versöhnlich gemeinter Versuch. Nicht so mit ihr. Mit einem einzigen stakkatohaft und fest vorgetragenen Wort, fegte sie mein Bemühen hinweg, sie mit meinem falschen Bild von ihr zu versöhnen. So finster wie entschlossen sah sie mich an an und sagte nur ein einziges knappes verächtliches Wort: „Nuttenbrause“.

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„Es spricht nicht!“ – Neues von der Reinigungskraft !

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Also diese Reinigungskräfte…!

Frau Herta Gebert heißt die unsere, und wir hatten verschiedentlich über sie berichtet. Vielleicht ist durchgedrungen, dass ihre Fähigkeiten am Wischmop eine merkwürdige Entsprechung finden im Geschriebenen, das sie uns von Zeit zu Zeit auf den (abgestaubten) Tisch legt. So erst jetzt wieder, als sie mit einer – nun ja – kleinen Kurzgeschichte aufwartete, die uns so gefallen hat, dass wir sie hier gern auf unserer Website platzieren. Es scheint sich um eine Geschichte aus dem Leben ihrer Familie zu handeln, was umso erstaunlicher ist, als dass sie über ihre Familie bis dato nie ausführlich gesprochen hatte. Da kann man mal sehen!

Hier also die kleine Geschichte:

Es spricht nicht 

Vater spricht, Mutter spricht, aber das Kind spricht nicht. Da hilft auch kein aufmunterndes Lachen; weder Musik, Rufen, Scherzen – keine Reaktion. Das Kind, das demnächst drei Jahre alt wird, bleibt stumm. Zwar hat man den Eindruck, dass es mit seinen dunklen Augen die Welt draußen durchaus wahrnimmt. Besonders wenn es Bobbycar fährt meinte man von ihm schon leise, an ein Motorgeräusch erinnernde Geräusche gehört zu haben. Das wohl. Nur sprechen tut das Kind nicht.

Das ist umso bemerkenswerter, als dass seine zwei Jahre ältere Schwester in ihrer sprachlichen Entwicklung einen altersgerechten Verlauf verzeichnet. Sie ist lebendig und aufgeweckt undredet mit allen. Mitunter wird es einem fast schon zu viel, weshalb die Nachbarin einmal anmerkt, das Mädchen plappere ständig. Man kann es halt niemandem recht machen, denkt die Mutter und schweigt.

Und doch bleibt das Schweigen des anderen Kindes ihr eine ständige Sorge. Dabei lässt sie nichts unversucht.

So hatte das Kind erst neulich einen bunten Plastik-Laptop von „Toys are us“ geschenkt bekommen. Als dessen herausragende Eigenschaft erweist sich seine Fähigkeit zu einer Art Kommunikation mit dem Menschen. Dabei handelt es sich um eine Art ‚Frage – Antwort’ Spiel. Das in kindgerechten Farben gehaltene Gerät vermag auf eine vom Kind gestellte Frage weitestgehend sinnvolle Antworten zu geben. Diese liegen im Inneren des Gerätes auf einer Festplatte bereit.   Fragt das Kind z.B. seinen Laptop: wo ist deine Mutter? Dann erhält es zur Antwort: in der Küche. Die Frage nebst dazugehöriger Antwort wird sodann von dem Spielzeug mit einem jauchzenden Geräusch belohnt.

Aber auch andere Fragen sind möglich. Etwa nach dem derzeitigen Aufenthaltsort des Vaters. Bei dieser Frage wartet das Gerät sogar mit zwei möglichen Antworten auf. Entweder sagt eine quäkende Stimme: „Er ist im Kontor“ oder aber „Das Auto ist in der Werkstatt“. Auch dann gibt’s wieder ein jauchzendes Geräusch zur Belohnung. Offensichtlich alles richtig. Kurz: eine Fülle von Möglichkeiten könnte einem jungen dialogbereiten Menschen den Weg aus der sprachlichen Isolation weisen. Das ist viel Aufwand; das Gerät war ja auch nicht billig.

Doch alles vergeblich. Das Kind bleibt stumm.

Einmal versucht es die Familie mit einer aufwändig inszenierten Geburtstagsfeier. Doch zeigt es sich, dass die Anwesenheit so vieler möglicher Spielkameraden in der Wohnung das Kind eher verschreckt, als es zum Sprechen zu verleiten. Auch während der Feier, in Anwesenheit unzähliger Spielkameraden, geht eine seltsame Stille von ihm aus.

Eines Tages aber bemerkt die Mutter, dass der Kleine mit großem Interesse in einer Modezeitschrift blättert. Offensichtlich hat die dort abgebildete Trachtenmode seine ganze Aufmerksamkeit erregt. Doch selbst der Besuch von Loden-FREY und der Ankauf eines kleinen putzigen Trachtenanzugs vermag die Situation nicht nachhaltig zu verbessern. Angesichts der nach wie vor unbefriedigenden Situation rät der Kinderarzt, das Kind in eine Kinderkrippe zu geben. Doch sollte es nicht eine x-beliebige sein. Er hat das ‚was im Auge, wie er sagt..

Und in der Tat scheint es sich dabei um eine Einrichtung zu handeln, die ihren exzellenten Ruf auch verdient. Helle, freundliche Räume, zudem pädagogisch geschultes Personal, kurz: eine Umgebung, der man sein Kind gern anvertraut. Zudem – sagt die Krippenleiterin – stünde immer ein Arzt bereit, falls die Situation es erfordere, was aber noch nie vorgekommen sei. Sie ist eine diplomierte Sozialpädagogin. Aber, fügt sie hinzu – man weiß ja nie. Und: sicher ist sicher. Darüber hinaus empfiehlt sich die Einrichtung durch einen wirklich großen Parkplatz, ist also mit dem Fahrzeug leicht anzufahren. Aber auf eines, sagt die Leiterin, muss sie jetzt aber noch unbedingt hinweisen, und sie wisse nicht, ob sie, die Mutter des Kindes, das schon weiß: es ist eine englischsprachige Einrichtung, d.h., man spricht mit den Kindern ausschließlich englisch.

Nach Rücksprache mit ihrem Mann entschließt man sich, das Kind in die Hände des Hortes zu geben, wo es dann auch aufs freundlichste aufgenommen wird. Selbst nach einer Woche vermag die Leiterin der englischsprachigen Krippe auf Nachfrage nichts Verhaltensauffälliges an dem Kind feststellen. Nur sprechen tut es halt noch nicht.

Durchaus nicht unwillig, lässt es sich täglich von seiner Mutter morgens in die Krippe chauffieren und gegen Spätnachmittag nach Hause verbringen. Auch spielt es fleißig mit den anderen Kindern. So weit wäre also alles in Ordnung.

Leider aber bleibt das Kind auch weiterhin stumm.

Bis an einem hellen, kalten Sonntagmorgen. Die Sonne wirft ihre klaren Strahlen durch das noch mit Weihnachtssternen dekorierte Fenster des Kinderzimmers. Träumerisch an einem Faden von der Decke hängend, baumelt vor dem Fenster ein geschliffener Glasstein. Er bündelt die Sonnenstrahlen und projiziert regenbogenfarbene Lichtflecken an die weiße Wand. Alles ist still.

Da kann man deutlich hören, wie der Kleine sagt: „Yes, Sir“.

Die Mutter blickt auf, aber sie versteht nicht. Sie kann kein Englisch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Die Landeshymne: „In Deutschlands tiefem Süden (da liegt das schöne Land)“

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Der Versuch ist’s wert: Ein gemeinsames Lied für  Baden-Württemberg

Es war 2002, da feierten wir das Jubiläum unseres Bundeslandes. ‚50 Jahre Baden-Württemberg’. Ein rieser Jubel, dem sich auch der SWR anschloss. Die anfangs nicht so geliebte Fusion wurde gebührend gefeiert, so auch mit einer Folge der damals beliebtesten volkstümlichen Sendung „Der Fröhliche Alltag“, über 10 Jahre moderiert von Heinz Siebeneicher und seiner damaligen Assistentin ‚Frau Wäber“.

Anlässlich dieses Jubiläums dachten sich die Macher zudem noch etwas ganz Besonderes aus: ein gemeinsames Lied, in dem sich sowohl die Schwaben als auch die Badener wiederfinden sollten. Ein Baden-Württemberg Hymne. Das war immer mal wieder versucht worden, bislang allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Das sollte sich ändern.

Die Idee war folgende: wir Badener haben ja das „Badnerlied“, und sind insofern gut versorgt. Zudem hat das Lied ja im Laufe der letzten Jahre durch die Erfolge vom KSC und vom SC Freiburg noch einmal zusätzlich einen starken Aufwind bekommen. Bei den Spielen der Vereine wird das Lied immer wieder lautstark gesungen. Anders unsere Freunde aus dem Schwäbischen. Die tun sich da ein bisschen schwerer. „Preisend mit viel schönen Reden“ – nun ja, schön und gut, aber kein Hit. Und die „Schwäbische Eisebahne“ taugt ja auch nur eingeschränkt als Hymne. Schließlich ist am Ende des Liedes die Geiß ja tot…

Geht also auch nicht. Da hatte sich jetzt ein gemeinsames Lied angeboten, das alle singen können, vor allem auch dann, wenn sich die Gesangvereine – was ja öfter passiert – gegenseitig besuchen. Und auch den Touristen beides Landesteile sollte es gefallen. So der Plan. Und so kam es denn auch.

Die Macher machten sich also dran und schufen ein Lied mit dem Titel: „In Deutschlands tiefem Süden (da liegt das schöne Land)“. Dieses Lied wurde in Anwesenheit des damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel erstmalig präsentiert. Eine Uraufführung. Mit dabei waren die Flippers, die Schwarzwaldfamilie Seitz und viele andere, die man von entsprechenden Fernsehsendungen kennt. Walter Scholz hatte den Trompetenpart übernommen, und Frau Wäber sorgte für Lacher.

Kurz, man erlebte alles, was Rang und Namen hat. Das reine Vergnügen. Dementsprechend war auch die Einschaltquote: mehr als 1 Million Zuschauer waren Zeuge dieser sängerischen Geburt und waren dementsprechend begeistert.

Das Ereignis sollte man sich bei Youtube (www.youtube.com/watch?v=fdiCsQVE9f4) unbedingt mal ansehen! Ein rundum fröhliches Lied, das die Herzen der Menschen ergreift.

Nun, dachten die Macher, wäre es, nach so vielen Jahren, vielleicht an der Zeit, sich das Chor-Projekt nochmal vorzunehmen. Denn eines wird beim Betrachten und Hören klar: es ist ein richtiger Ohrwurm geworden. Einmal gehört und schon lässt er einen nicht mehr los. Ein Hit.

Hier also erst mal ein Textausschnitt.

                          In Deutschlands tiefem Süden, da liegt das schöne Land,

und allen, die wir’s lieben, ist dieses wohlbekannt.

Vom Schwarzwald bis zum Bodensee, von Stuttgart bis zum Rhein:

im Ländle Baden-Württemberg, ja da sind wir daheim.

 

Ein jeder Weinfreund weiß genau, hier wächst der beste Wein.

Kein Wunder, denn er wird verwöhnt von recht viel Sonnenschein.

Und fleißig sind wir allesamt, die Badener wie die Schwaben.

Doch ist die Arbeit dann getan will Freude man auch haben.

 

Mit Schiller, Hebel, Hölderlin, das Land hat große Geister,

und voller Stolz erfreun’ wir uns am Werk der großen Meister.

Von Freiburg grüßt der Münsterturm, von Ulm der Turm nicht minder.

 Gott segne dieses schöne Land und seine Landeskinder.

 

In Deutschlands tiefem Süden…

Dafür gibt’s natürlich auch noch Noten, für Männer- oder gemischten Chor. Und dazu auch noch erhältlich den vollständigen Text. Weiter  das Halbplayback aus der SWF Sendung.. Damit hat man auch eine tolle, professionelle Begleitung für den Auftritt. Einfach mal melden. Am besten  über das Kontaktformular des www.badenblogger.de!

Ansonsten wird sich auch der Schwäbische Chorverband (http://www.s-chorverband.de/) sich mit dem Thema befassen. So hat der Verband angekündigt, in der Septemberausgabe des Verbandorgans SINGEN! sich in einem Beitrag mit dem Thema zu befassen. Also auch dort einfach mal vorbeischauen! Es lohnt sich.

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