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Allgemein Essen & Trinken Kultur

Er hat die Haare schön

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Marc Marshall färbt sich den Bart und treibts bunt

Schwer zu glauben, aber kaum hatten wir gedacht, das alte Jahr sei vorbei, holt es uns auch schon wieder ein. Und zwar in Form eines Fotos, mit dem der Sänger Marc Marshall für sich wirbt und das, wie heute halt üblich, fluchs viral geht. Was in der Regel heißt, dass jeder Mist – ist er mal draußen –  nicht mehr einzufangen ist.

Im vorliegenden Fall beschäftigt uns ein Foto des Sängers, das er in der Hoffnung auf ähnliche Popularität, wie sein Vater Tony Marshall am Ende des letzten, eher nicht so gut verlaufenden Jahres noch gepostet hatte.

Nun muss man natürlich wissen, dass Marc Marshall, obschon auch nicht mehr ganz jung, sich noch nicht recht gefunden hat. Mal präsentiert er sich als klassischer Schlagersänger, mal als Chansonier. Dazwischen gibt er sich aber auch als Opernsänger oder aber als Gigolo. Immer, so steht zu vermuten, ist bei ihm künstlerisch was los. Da ist ein ständiges Häuten, wie man es allenfalls vielleicht noch von Schlangen kennt, die nach dem saisonal bedingten Abstreifen ihrer Haut von sich doch stets immer wieder behaupten können: hallo, ich bin’s.

So mag es auch unserem Künstler gehen, der trotz seinen durch seinen vielfältigen Rollenwechsel uns glauben machen will, wo Marc Marshall drauf steht ist auch Marc Marshall drin.

Dieser an sich vernünftige Ansatz wird jetzt irgendwie beschädigt durch seine jüngste Aktion, die die Seriösität seines Tuns zwar nicht gänzlich in frage stellt, immerhin aber an ihr rüttelt. Auf der Suche nach immerwährender Aufmerksamkeit war der Künstler in den letzten Tagen des vergangen Jahres nämlich auf die Idee verfallen, sich zwar nicht schlagenmäßig zu häuten, immerhin aber einen anderen Anstrich zu verpassen.

So kam es, dass er sich, das künstlerische Tun noch unterstreichend, seinen mächtigen Bart färbte, um so in Anlehnung an die Regenbogenaktion unserer Nationalmannschaft in Katar ein Zeichen zu setzen. Auch er ist also gegen Rassismus und Diskriminierung. „Liebe, Frieden und Respekt trage ich in mir – und all diese Werte sehe ich auch in einem Regenbogen.“ Dass diese Wortfolge auch als Headline seines aktuellen Programms auftaucht, ist praktisch. So muss er nicht zweimal nachdenken.

Gerade weil der Sänger sich bislang in diesen Bereichen noch nicht so positioniert hatte, war dieser Schwenk einigen seiner Fans so nicht geläufig, weshalb sie sich in den sozialen Medien erst einmal Luft verschafften und ihn kritisierten. Worauf der Star jedwelchen kritischen Anmerkungen entschlossen entgegentrat. BILD meldete, er habe angesichts des Elends der Welt sogar mit einem anderen Star eine „144-Stunden-Mahnwache gehalten, sich mit mehr als 90 Persönlichkeiten aus aller Welt ausgetauscht“. Angesichts der aufkommenden Publicity kann man das nur als eine rundum gelungene Aktion bezeichnen. Umso ratloser verfolgen wir sein Statement zu der Kritik einzelner Fans, denen er zuruft: „Lasst mich in Ruhe! Es ist mir scheißegal, ob irgend jemand mein Gesicht gefällt oder nicht“. Abgesehen davon, dass es ‚jemandem‘ heißen muss, droht dem engagierten Sänger nun eine nicht geringe Anzahl seiner Zuhörer abhanden zu kommen, was er stark verärgert als ‚WinWin‘ Situation bezeichnet.

So gesehen hat er ja recht. Auch einem Fisch, den wir landläufig als ‚Forelle‘ benennen, kann es egal sein, ob wir ihn mit dem Regenbogen in Verbindung bringen. Hauptsache, er landet nicht auf unserem Teller und fängt an zu singen.

Allgemein Auswärts Essen & Trinken Kultur

Hauptsache lustig.

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Wer sich integrieren will, muss nicht unbedingt lustige Lieder singen können. Aber gut wär’s schon.

Ein Dönerverkäufer 1855

Soll keiner sagen, dass unsere Türken keine lustigen Leute seien. Gut – vielleicht nicht so lustig wie etwa die Tiroler, die es wegen ihrer durchgängig guten Stimmung sogar zu einem eigenen Lied gebracht haben. Das geht so: „Die Tiroler sind lustig die Tiroler sind froh“. Wer das singt, spürt schon, was es mit den Menschen dort so auf sich hat. Irgendwie nur schade, dass so lustige Leute wie die Tiroler keine richtigen Deutsche sind. Gerade an Tagen wie diesen könnte wir solche Deutsche nämlich gut gebrauchen, gerade jetzt, wo viele unserer Landsleute das Leben eher traurig finden. Denn wer jemals in Tirol Skiurlaub gemacht hat, der weiß, wie es sich anfühlt, von einem braungebrannten tiroler Skilehrer beim Apres Ski so richtig bespaßt zu werden. Danach weiß er, wie es bei einem zünftigen Almdudler zugeht: so richtig lustig halt.

Jetzt aber müssen wir nochmal auf unseren Anfang zurück kommen, wo wir von den türkischen Mitbürgern gesprochen hatten. Solch eine tiefe Fröhlichkeit ist nämlich von unseren türkischstämmigen Mitbürgern nicht zu vermelden. Wenn wir sie in ihrem Imbiss stehen sehen, fällt uns vieles ein, nicht aber, wie heiter es ist, sein Leben mit einem Dönerspieß im Rücken zu verbringen. Aber vielleicht wird das ja noch.

Ganz anders verhält es sich mit den Zuwanderern der ersten Stunde, den Italienern, die schon kurz nach dem Krieg als ‚Gastarbeiter‘ zu uns gekommen waren. Freilich muss man sagen, dass es für sie zu Anfang auch nicht so furchtbar lustig war. Wenn man sich damalige Dokumentationen anschaut, ahnt man, wie übel es ihnen anfänglich erging. Angereist in Zugwaggons der Holzklasse, lebten sie zunächst noch in Baracken. Gewaschen hatte man sich im Freien. Sieht man heute die damaligen Filmsequenzen, muss es ihren, weit ab von Bella Italia, anfänglich ziemlich schwer gefallen sein, an die Segnungen des deutschen Wirtschaftswunders zu glauben.

Das wurde erst besser, als die ersten von ihnen sich einen Opel Kadett leisten konnten, den sie wie alle Deutsche jeden Samstag wuschen. Da hatten sie aber schon nach einer Lokalität Ausschau gehalten, in die sie recht zügig einen Pizzaofen einbauten. War der Ofen endlich da, besorgten sie sich aus Italien Bilder vom Vesuv und vom Ätna. Weiter bezogen sie aus der alten Heimat Gipsfiguren von halbnackten griechischen Göttinnen und bastverkleidete Chiantiflaschen, die, leer getrunken, als Kerzenhalter schnell den Weg auch in unsere Kellerbars fanden. Die von uns den Krieg überlebt hatten, fanden das wunderschön.

Nun muss man sich so einen Pizzabetreiber im Nachkriegsdeutschland nicht als geborenen Ober vorstellen, aber lustig war das schon, wenn unser Mann aus Palermo schon früh durch’s Lokal wuselt, die Sonne Italiens beschwört und gute Laune verbreitet. Später ließ sich der Italiener von uns auch noch vertraulich duzen („Was machst du mir heute“?), worauf  dem deutschen Stammgast zwar nicht das Messer im Sack, so doch das Herz aufging.

Dass sich so ein italienischer Pizzabetreiber alsbald vollständig integriert fühlte, verdankte er allerdings noch einem anderen Sachverhalt, dessen integratives Wirken man nicht  unterschätzen sollte. Es war die italienische Musik, die uns Deutschen das süße Leben unter der südlichen Sonne vorgaukelt. Titel wie „Oh mia bella Napoli“, „That’s Amore“ und „Oh sole mio“, mögen hier stellvertretend stehen, aber auch Interpreten wie der ewig lachende und zähnebleckende Adriano Celentano („Azurro“), wie Ricci & Poveri („Felicita“) und Rocco Granata („Marina“). Sie alle formten ein Bild von Italien, das bald auch kräftig in den deutschen Nachkriegsschlager überschwappte. Bis heute prägte es das positive Bild von unserem südlichen ‚Nachbarn‘. Dabei geholfen hat auch, dass die Sänger und Sängerinnen Italiens ihre Hits bald auch auf Deutsch sangen. Kam dazu dann auch noch so ein kleines unschuldiges Liedchen wie „Zwei kleine Italiener“, dann war man dem Gastarbeiter von Herzen gut. Irgendwie hieß man ihn willkommen und war froh, wenn er seinen Ofen für uns anwarf. Daran etwas ändern konnte nicht einmal die später gar nicht mehr so lustige Cornelia Froboess, die sich bis heute für den ‚Kleinen Italiener‘ schämt. Ohne es zu wissen, hat sie mit ihren kleinen albernen Liedchen dazu beigetragen, dass die Integration der italienischen Mitbürger gelang.

Ganz anders als z.B. bei unserem türkisch-berliner Taxifahrer, der – steigt ein Fahrgast zu – gut daran tut, die Lautstärke seines Autoradios runterzufahren. Mag ja sein, dass das, was da aus dem Autoradio tönt, von vielem erzählt, nicht aber davon, wie schön es doch sein kann, wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt.







Auswärts Essen & Trinken Kultur Menschen

In einem andern Land

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Die lustigen Zimmerleute von Tübingen

220px-ZimmererSiegelWenn unsereiner die kleine Stadt verlässt, die ja so schön ist, dass man ihren Namen zwei Mal nennen muss, dann sollte es sich bitte schön doch lohnen. Tübingen z.B. wäre schon mal so eine Reise wert. Tübingen! Stadt der Philosophen, der verblichenen Denker und eines grünen Oberbürgermeisters mit dem Namen Boris Palmer, der aber noch lebt. Ernst Bloch aber ist tot, Hans Mayer weilt schon lange nicht mehr unter uns, und Walter Jens ist nach langer Krankheit im letzten Jahr verstorben. Wollte man diese Geistesgrößen früher treffen, musste man nur in der Osiander’schen Buchhandlung in der Metzgergasse vorbeischauen. Da konnte man an manchen Tagen dem Weltgeist beim Teetrinken zuschauen.

Aber das ist ja nun schon ein Weilchen her. Nix mehr mit Weltgeist beim Tee. Dann also das Alternativprogramm. Ich beschließe, ein mir empfohlenes Restaurant in der Ammergasse aufzusuchen. Dort gibt’s zwar allenfalls Himbeergeist, dafür aber Maultaschen und Schwabenbräu, serviert von einer Bedienung, die wieder einmal bestätigt, dass Freundlichkeit in schwäbischen Wirtschaften allenfalls ein formlos erklärter Gewaltverzicht ist. Diese sicherlich nett gemeinten Grobheiten wurden aber mehr als wettgemacht durch den Unterhaltungswert zweier Zimmerleute, die sich am Nachbartisch über die Figur des Widerstandskämpfers Graf Stauffenberg in die Haare gerieten. Der eine sagte, für ihn sei Stauffenberg ein Held. Der andere bezeichnete ihn als Arschloch. Damit war der Begrifflichkeit genüge getan und man konnte ans Streiten gehen.

Ich möchte hier nicht die Auseinandersetzung in allen Verästelungen wiedergeben. Nur soviel: nach heftigsten Wortwechseln mit angedrohten Schlägen kam es zu guter Letzt dann doch noch zu einer Versöhnung. Ob darüber die Figur Graf Stauffenbergs auf der Strecke geblieben war, hatte ich irgendwie nicht ganz mitbekommen, steht aber zu vermuten. Mittlerweile hatte sich zudem noch die Bedienung vor mir aufgebaut und bellte: „Zahle“, wobei ich nicht wusste, ob dies als Frage oder Befehl zu verstehen war.

Was mir aber noch deutlich in Erinnerung geblieben ist, war der Satz, den der eine Zimmermann dem anderen fröhlich versöhnt zurief. „Woisch was: jetzt trinksch ä klöis Bier auf mei Rechnung“.Dieser an sich schlichte Satz bedarf aus gegebenem Anlass – noch sind wir in der Denkerstadt Tübingen! – der hermeneutischen Deutung. „Woisch was“ (das weist auf den Hammer hin, der gleich kommt). „Jetzt trinksch…“ (ich trinke nicht mit) „ä klöis Bier“ (kein großes, sondern ein kleines Bier) „auf mei Rechnung“. Der Bestellende ist also zahlungswillig und zahlungsfähig.

Bei uns im Badischen hätte es geheißen: „Jetzt trinken wir ein Bier“. Dann wäre klar gewesen: zunächst einmal ist das ein ganz normaler Vorgang. Weiter: wir trinken zwei Gläser Bier und zwar große. Im übrigen trinke ich mit, und das ganze geht natürlich auf meine Rechnung.

Soweit, so badisch.

Irgendwie muss man sie einfach lieben, unsere Schwaben…!

Allgemein Gastbeiträge Kultur

Großer Bahnhof. Keine Endstation.

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Immer wieder gern auch in der Lichtentaler Allee: John Neumeier

Als „La Grand Gare“ bietet der „Alte Bahnhof Baden-Baden“ während der Herbstwochen im Festspielhaus eine willkommene Durchgangsstation für bedeutende Ensembles, Solisten und Dirigenten. Aus dieser Erstausgabe des gemeinsamen Projekts von Benedikt Stampa und Thomas Hengelbrock soll sich in den kommenden Jahren eine neue Form des legendären Orientexpresses entwickeln, der einst die großen Stars und ihre Fans des 19. Und 20. Jahrhunderts nach Baden-Baden brachte. Auch in dieser besonderen Neuauflage soll Baden- Baden beileibe keine Endstation bleiben, sondern im Gegenteil Weichen für das europäische
Kulturleben stellen. Paris, Sizilien und – allen politischen Spannungen zum Trotz – auch Russland waren die Zielorte der musikalischen Luxusreisen mit dem Balthasar –Neumann-Ensemble unter Thomas Hengelbrock und dem Ensemble musicAeterna mit Teodor Currentzies, im Jubiläumsjahr 2023 stehen im „La Grande Gare“ unter anderem internationale Salonmusik, Chormusik aus Deutschland und Frankreich sowie Jules Massents Oper „Werther“ in Robert Carsens Neuinszenierung von Goethes Briefroman auf dem Fahrplan. Nicht per Zug wäre allerdings die Heimat der Künstler der Cuban-European-Youth Academy zu erreichen: Seit Jahren fördern Thomas Hengelbrock, der Balthasar-Neumann-Chor, das Balthasar-Neumann- Orchester und die Balthasar-Neumann-Akademie junge Talente. Spannende Ergebnisse dieser Verbindung verspricht der Abend unter dem Titel „Connexion“ am 25. November 2023.

Nicht zuletzt der Klimawandel hat erheblichen Einfluss auf die Reisetätigkeit internationaler Kunstschaffender genommen. Flugreisen sind keineswegs mehr die beste Lösung, um schnell zu einem Auftritt zu kommen. Thomas Hengelbrock und sein bunt gemischtes Vokal-und Orchestervolk haben sich daher entschlossen, das Festspielhaus Baden-Baden zu einer ihrer Residenzen mit längerer Verweildauer zu wählen. Die Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko verbringen bereits seit zehn Jahren die Osterzeit an der Oos, Yannick Nézet-Séguin zählt mit seinem Sommerfestival zu der absolut erstem Klasse, ebenso wie Ballettlegende John Neumeier mit seinen Hamburger Tanzstars. Die großen Reisekoffer werden zur Inszenierung des „Wintermärchens“ die Künstler des Bayerischen Staatsballetts mit „Cinderella“ nach Baden-Baden auf die Reise geschickt, aus Wien machen sich die Philharmoniker auf den Weg.

Kein Bahnhof – und sei er noch so groß – existiert ohne sein Umfeld. Und hier soll die Region noch stärker als bisher angesprochen werden. Angebote für Schüler und Jugendliche, Nutzung anderer Spielstätten in der Stadt und eine Verzahnung mit dem Welterbe-Projekt bieten sich an – schließlich profitieren auch Einzelhandel und Gastgewerbe von den Kultur- Reisenden. Beliebte Besucher holt man gern vom Bahnhof ab – vielleicht überlegen sich Stadt, Baden-Baden Events, Casino, Museen, Geschäftsleute und Gastronomen kleine „Willkommenspakete“ in Form gemeinsamer Aktionen, von denen auch die musikbegeisterten Bürger/innen profitieren, für die es kein 49-Euro-Kulturticket gibt.

Irene
Schröder

 

Allgemein Gastbeiträge Kultur

Vater Rheins Goldschatz

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Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe glänzt mit einer feinen Studioausstellung

Johann Michael Voltz „Das Goldwaschen bei Carlsruhe“

Aus rund einer Tonne Flusssand können mit etwas Glück, Können und Beharrlichkeit 0,01 bis0,05 Gramm Rheingold gewonnen werden. Richard Wagners sagenhaftes „Rheingold“ samt Nibelungenring hätte schon reichlich göttlichen Beistands bedurft, um Operngeschichte zu schreiben. Geschichte und Gold scheinen ohnehin seit Menschengedenken unmittelbar miteinander verbunden – Habgier, Neid und Machtstreben,  aber auch künstlerische oder sportliche Höchstleistungen zieht das glänzende Edelmetall magisch an.

Letzte offizielle Prägung einer Münze aus Rheingold in Baden: Rheingold-Dukat, Großherzogtum Baden, Münzstätte Karlsruhe, 1854,

Für eine kleine, aber wirklich feine Ausstellung hat das Badische Landesmuseum seine Schatzkammer geöffnet. Kurator Oliver Sänger präsentiert voller Stolz schön geprägte Münzen und Medaillen in einer mit Lupe ausgerüsteten Vitrine. Die älteste Münze, die eindeutig aus purem Rheingold geprägt wurde, stammt aus dem Jahr 1674, anderen Goldmünzen wurde wahrscheinlich Gold unterschiedlicher Herkunft beigemischt. Münzen und Medaillen aus Rheingold wurden vor allem in Baden, in der Kurpfalz und Bayern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Goldwäscherei am Rhein ihren Höchststand erreichte – dank der Begradigung des Flussbetts wurden alte und neue Vorkommen zugänglich.

Die letzte offizielle Rheingold-Münze, ein Dukat, wurde übrigens 1854 in der Münzstätte Karlsruhe geprägt, aber noch heute werden immer wieder kleine Serien von privaten Sammlern in Auftrag gegeben. Rheingold erfreut sich auch bei den Kunden und Kundinnen darauf spezialisierter Goldschmiede große Beliebtheit – in Trauringen oder modernen Schmuckstücken mit Holz oder Horn kombiniert. Wie mühsam das Geschäft der Goldwäscherei, das auch im besten Fall nie zum alleinigen Broterwerb reichte, war, ist dank eines rührigen badischen Historikers in Fotos aus dem Jahr 1911 dokumentiert. Wichtigstes Hilfsmittel war die so genannte hölzerne Goldwaschbank,
als komplettes Ensemble aus dem Historischen Museum der Pfalz ausgeliehen. Von den Gold-Nuggets konnten die Wäscher allerdings nur träumen – der immer wieder gereinigte Sand gab nur Goldflitter frei. Noch pompöser als sonst im üblichen Museumskontext wirken die als „Kontrastprogramm“ ausgestellten Teile des goldenen Toilettenservices der Großherzogin

Stéphanie von Baden. Zur Hochzeit erhielt die Stieftochter Kaiser Napoleons das in Paris gefertigte Prachtstück mit Anteilen von badischem Rheingold – auch eine politische Allianz im Schlafgemach.

Die kleine Karlsruher Ausstellung ist übrigens Bestandteil eines grenzüberschreitenden Gesamtkunstwerks: Über 30 Museen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz befassen sich mit dem faszinierenden Fluss und seiner Bedeutung für Geschichte, Kultur, Wirtschaft und Tourismus. Das „Rheingold“ glänzt noch bis zum September 2023 im Karlsruher Schloss – und Oliver Sänger freut sich besonders auf interessierte Gruppen, die mehr über Medaillen, Münzen und die Geheimnisse des Goldwaschens erfahren möchten.

Irene Schröder


Tipp: service@landesmuseum.de


Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung ARTIS-Uli Deck

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