Menschen

Das Glück in der Hand

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Wenn Winfried Kretschmann einmal frei hat

Wir haben ja hier nicht die Absicht, badisches Öl ins schwäbische Feuer zu gießen, und doch müssen wir uns wundern, was unser Ministerpräsident so alles tut, wenn er mal nichts tut.

Wie also entspannt sich unser Landesvater? Hier bietet sich zunächst ein vergleichender Blick über die Grenze zu unseren französischen Nachbarn an. Französische Politiker z.B. sind stolz darauf, zur Entspannung in der Academie Francaise vornehmlich mit Geistesgrößen des eigenen Landes zu parlieren. Dominique de Villepin, der frühere Außenminister (wegen seiner Eitelkeit auch Minister „des schönen Äußeren“ genannt), versteht sich sowohl als Politiker als auch als Dichter. François Mitterand wiederum pflegte gerade in seinen letzten Lebensjahren immer wieder intensiven Kontakt zu einem Philosophen, mit dem er sich über das Leben, den Tod und solcherlei Dinge austauschte. Lassen wir unseren Blick noch weiter schweifen, nach England, über den Kanal. Dort hatte 1952 Winston Churchill für sein literarisches Schaffen gar den Literaturnobelpreis erhalten.

Doch zurück in die Heimat. Carlo Schmid, Staatsrechtler, von 1946 bis 1952 Mitglied des Landtages Württemberg-Hohenzollern, Ehrenbürger von Mannheim und Tübingen, wusste neben seiner politischen Arbeit ebenfalls um den Eros literarischen Tuns: als Übersetzer des Werkes von Andre Malraux war er hoch geehrt. Seine Reden im Landtag und im Bundestag waren zudem Zeugnisse hoher intellektueller Fähigkeiten. Ein ‚homme de lettres´.

Dies alles sollte man wissen, will man ermessen, wann und wo unserem Landesvater Winfried Kretschmann das hohe Glück der Kontemplation widerfährt. Ganz anders als sein Vorgänger Erwin Teufel, der Stille und Ruhe in klösterlicher Abgeschiedenheit fand, sucht und findet der derzeitige Landesvater seine innere Balance nach eigener Aussage weit draußen vor der Stadt, im Baumarkt. Dort, zwischen dem ‚Weber Grillrostreiniger‘, dem ‚Gartenhaus Neckar 2‘ und der ‚Brausegarnitur Tahiti‘ trifft man einen rundum zufriedenen Ministerpräsidenten. Dann nimmt er je verschiedene Bohrmaschinen in die Hand, wägt und prüft, betrachtet und befühlt. Jetzt ist das Glück nicht mehr flüchtig. Er hält es in der Hand.

Doch wäre er kein Schwabe, wüsste er das Angenehme nicht auch mit dem Nützlichen, dem Einsichtsbringenden zu verbinden. Mit der Black & Decker in seiner Rechten sinnt er darüber nach, wie Max Weber das wohl gemeint hatte, als er schrieb, die Politik sei „ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“.

Dann legt er die Bohrmaschine wieder zurück und denkt, dass es die alte noch ein Weilchen tut.

Allgemein

Pünktchen und Anton

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Mit Frau Baerbock in Afrika

Als eine der Königsdisziplinen der schulischen Ausbildung galt vor Jahren noch das Thema ‚Bildbetrachtung‘, d. h. der Schüler sollte sich beim Versenken in ein Kunstwerk sich dessen bewusst werden. Ganz ohne Zweifel handelt es sich bei dem Foto, das wir hier anführen und das die derzeitige Außenministerin Annalena Baerbock mit dem Staatschef des Südsudan zeigt um ein solches.

Was also sehen wir da? In der Mitte thront der Staatschef des Südsudan, Herr Salva Kiir Mayardit aus dem Volke der Mayardit-Dinka. Sein Griff nach dem hohen Amt war nicht ganz reibungsarm verlaufe, was uns aber hier nicht näher beschäftigen muss. Zu seinem Markenzeichen gehört in jedem Fall der Cowboyhut, ein Präsent des vormaligen Präsidenten der USA, George Bush, der seine Erscheinung ziemlich abrundet und dessen Tragen womöglich als Zeichen großer Hochachtung vor seiner Besucherin gewertet werden kann.

Bei einem ersten, flüchtigen Betrachten des Bildes scheint es, als hätte der Angehörige der Südsudanesischen Elite ein Hefeweißbier zu seiner Linken; dies entpuppt sich jedoch bei näherer Betrachtung als Armlehne seines thronähnlichen Sitzmöbels. Was auf diesem Bild auch nicht zu sehen ist – der Angehörige des Volkes der Mayardit-Dinka hatte vor längerer Zeit anlässlich einer offiziellen Zeremonie beim Abspielen der Nationalhymne einmal das Wasser nicht halten können. Er urinierte. Jedenfalls gab es wohl ein kurze Sequenz, die diesen Vorgang dokumentiert hatte. (Meldung BBC News). Der Vorgang als solcher darf aber mittlerweile als bereinigt, das filmische Zeugnis dessen als gelöscht gelten.

Ganz anders als der Herrscher, Herrn Kiir Mayardit, präsentiert sich die derzeitige Außenministerin der BRD. Sie, von der anzunehmen ist, dass sie noch kurz zuvor ihrem Gastgeber die Grundzüge ihrer feministischen Außenpolitik vermittelte, hatte sich anlassbezogen fein gemacht. Ein Kleid mit Punkten schien hier das Gebotene. Nicht umsonst nennt man sie ja auch die MINISTERIN DER SCHÖNEN ÄUSSEREN, selbst dann, wenn sie, wie im vorliegenden Bild gut zu sehen ist, einigermaßen unentspannt auf ihrem Sessel sitzt!


Das wird sich demnächst ändern, denn mit ihren diversen Auftritten als Außenministerin hatte sie sich zwischenzeitlich für das höchste Amt der UN empfohlen. So entging sie – wenn auch knapp – der Fron, sich um ihre Kinder oder, noch schlimmer, um die Partei der Grünen kümmern zu müssen. Glück gehabt! Denn was passieren kann, wenn man nicht rechtzeitig ‚hier´ ruft, entnehmen wir dem linken Zeitungsbild, das eine grüne Partei-Truppe auf dem Weg zur Basis zeigt, kurz bevor sich der eine oder die andere sich insofern vielleicht profiliert, dass er oder sie sich eines schönen Tages in einem goldlackierten Sessel in Afrika wiederfindet.

Allgemein

Fleischeslust und heile Welt

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Liebig & Co.: Bunte Bildchen bestücken Sammleralben / Ausstellung in der Badischen
Landesbibliothek in Karlsruhe

Wenn meine Mutter Lebensmittel einkaufen ging, konnte sie mit meiner Mahnung rechnen: „Bring‘ unbedingt Birkel-Nudeln mit!“ Dabei ging es mir keineswegs um die Qualität von Spaghetti oder anderen Erzeugnissen der Mannheimer Firma, sondern um die bunten Reklamebildchen. Aus dem gleichen Grund kaufte meine Berliner Oma nur Eier einer bestimmten Marke – Fotos von Filmstars lagen der Packung bei und wurden der Enkelin per Post gebündelt zugeschickt. (Was hat sie bloß mit den vielen Eiern angestellt?)Die Objekte meiner kindlichen Sammelwut landeten in einer alten Zigarrenkiste und irgendwann im Abfall – nicht vergleichbar mit den offenbar sorgsam gehüteten und in aufwändig gestaltete Alben eingeklebten kleinen Kunstwerken, die derzeit in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe zu bewundern sind. „Wissen in Bildern“ hat . Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen die von ihr kuratierte Ausstellung überschrieben. Während der bis zum 27. September dauernden Schau wird die Leitende Bibliotheksdirektorin selbst an mehreren Terminen die Vitrinen für Besucher öffnen und mit ihnen in den Alben – und in Erinnerungen – blättern.

 
Markenbindung ist keineswegs ein Grundbegriff modernen Marketings: Bereits anno 1872 hatte die Firma Liebig die zündende Idee, für ihren später legendären und für viele Hausfrauen unentbehrlichen Fleischextrakt mittels kostspieliger Chromolithografien zu werben. Glückliche Familien oder adrett gekleidete Ausflügler ließen sich die rasch zubereiteten Speisen schmecken Liebig brachte Würze ins Küchenleben. Aufgrund des Erfolgs sprangen viele Firmen, darunter zahlreiche badische Unternehmen, auf den Reklame(feld)zug auf. Exotische Fernziele, die noch nichts mit Massentourismus gemein hatten, „wilde“ Menschen und Tiere, Burgen und Schlösser, Märchen,  Freizeit, Sport, Literatur und Theater, Technik … das Themenspektrum spiegelte sowohl den Alltag als auch die dem Normalbürger uner-reichbare Traumwelten wider.


Doch wohin mit den Bildern? Für die wohlerzogenen Kinder (und erwachsenen Sammler) wurden Sammelalben entwickelt, die nicht nur die sichere Aufbewahrung erlaubten, sondern auch mit erklärenden Texten versehen waren. Ganze Romane, beispielsweise von Karl May, konnten illustriert werden, selbst für das Nibelungenlied gab es dramatische Bebilderungen. Zeitgeist und Zeitgeschichte, Wirtschaft und Politik – die bunte Welt zwischen den Albendeckeln bediente viele Interessen und Sehnsüchte und natürlich den Kommerz! Es wurde gesammelt, getauscht und gekauft. Heute werden im Internet neben den Nostalgiealben auch die Nachfolger um Panini oder Pokemon angeboten – die Sammellust scheint ungebrochen.

Um Alben und Geschichten geht es bei der Reihe „Album der Woche“, bei denen jeweils ein Exemplar den Ehrenplatz erhält (Kontakt: sammelbilder@blb-karlsruhe.de) Dr. Julia von Hiller bittet jeweils einmal im Monat zu „Rendezvous mit den Originalen“ ab 17 Uhr.

Die nächsten Termine sind für den 26. März und 25. April geplant.

(Irene Schröder)

Allgemein Auswärts Essen & Trinken

SKANDAL!

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In der Pfalz wird Männern die Nahrung verweigert

           Der „Fleeschknepp“

Literarisch Bewanderte werden die Geschichte vielleicht kennen. Sie stammt von Franz Kafka und trägt den Titel: ‚Der Hungerkünstler‘. Darin wird das Schicksal eines Mannes beschrieben, der, in einem Käfig sitzend, sich in aller Öffentlichkeit langsam zu Tode hungert. Kurz vor seinem Tod äußert er sich schließlich zum Grund seines Hungerns: nichts habe ihm geschmeckt.

Das ist jetzt vielleicht das Stichwort, um auf einen ganz anders gearteten Fall sprechen zu kommen, auf einen Mann, der in einer Weinstube ganz in der Nähe des Wurstmarktes von Bad Dürkheim, ebenfalls hungerte. Und dies, obwohl dort in überreichem Maß das ortsansässig Übliche gereicht wurde. Saumagen, Fleeschknepp, Leberknödel. Die Pfälzer hl. Dreifaltigkeit.  

Sein Hungern hatte freilich, ganz anders als bei Kafka, nichts damit zu tun, dass es ihm nicht geschmeckt hätte. Ganz im Gegenteil. Sein Hunger schien eher begründet in partnerschaftlichen Vorgaben.

Wie sich herausstellen sollte, hungert er nicht freiwillig.

Zunächst also er saß er mit seiner Frau an einem großen Tisch in besagter Weinstube. Beide waren sie von deutlich unterschiedlicher Statur. Er, klein und mager, schien von ihrer verschlingenden Dominanz gezeichnet. Daneben sie, ein Buddha in Weibsgestalt. Beim Herein-kommen schon war einem der fast quadratisch, dunkle Rock aufgefallen, der ihren Unterleib fasste, bereits in Kniehöhe aber abschloss. Weiter trug sie einen Pullover, dessen türkisfarbene Kunstfasern von Silberfäden durchwirkt, eine enorme Brust fassten, die sie vor sich auf dem Tisch platziert hatte und wo jetzt, platzbedingt, die gebrachte Speisekarte erst ab Tischmitte einsehbar war.

Die Bedienung kam, um die Bestellung aufzunehmen. Ein großes Wasser, „Classic“, ein Viertel Riesling mit zwei Gläsern und ein Pfälzer Teller. Grumbeere gehen extra. Der Notizblock raschelt. Soweit erst mal notiert. Jetzt wandte sich die Bedienung an ihn. Ein unmerklich fragendes Kopfheben in seine Richtung. Und, so die fragende Geste, was darf es für ihn sein? Möchte er auch etwas?

Was in einem genussvollen Auswahlprozess nahe des Bad Dürkheimer Wurstmarktes hätte enden können, erlebte doch recht plötzlich einen finalen Schlussstrich. Bevor der offensichtlich ausgehungerte Gatte auch nur einen Mucks hatte von sich geben konnte, hatte sie das Ganze schon geklärt: „D’Babba isst heut‘ nix. Er muss Gebiss schone“.


Allgemein Essen & Trinken Menschen Stadtstreicher

Wenn Frauen trinken

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Wie immer um einen passenden Vergleich ringend, formulieren wir es jetzt mal so: wie eine üppige Fischpopulation auf gute Wasserqualität verweist, so zeugt ein hoher Anteil von Frauen in Lokalen und Kneipen auf ein gut geführtes Haus. Spätestens da wird offensichtlich, dass es sich um keine dumpfe Bierwirtschaft handelt, wo Altlinke etwa der vergangenen Revolution nachtrinken, sondern es zeigt sich, dass an diesen Tischen die Neuzeit in ihrer emanzipatorischen Form Einzug gehalten hat. Recht so!

Allerdings müssen wir in unserem fortgesetzten Bemühen um eine ausgewogene Sichtung darauf hinweisen, dass das, was wir oben so süffig formuliert haben zugleich auch seine Schattenseiten hat. Natürlich muss jeder modernen Frau das Recht zugestanden werden, in der Gastronomie ihren Platz zu finden. Doch wird man dieses Recht nicht grundsätzlich in Frage stellen, wenn man darauf verweist dass eine gute Frauenbelegung dem Umsatz nicht unbedingt in dem Maß zuträglich ist, wie ein – sagen wir mal – euphorisch gestimmter Männerstammtisch. Dies liegt zum Großteil am üblicherweise gepflegten Zeitmanagement, was sich schon daran zeigt, dass an Frauentischen enorm viel Zeit verplempert wird durch ein unvorstellbar aufwändiges Begrüßungsritual.

Während der erfahrene (männliche) Stammgast bereits beim Betreten des Lokals durch eine kleine unscheinbare Geste dem Personal kundtut, dass er das Übliche nimmt, verplempert die schon anfänglich heiter gestimmte Frauengruppe lange vor der eigentlichen Bestellung viel Zeit mit einem aufwändigen Begrüßungsritual. Selbst wenn der Tisch bereits voll besetzt ist, fordert es ein ungeschriebenes Gesetz, dass die eben Eingetroffene jede der Freundinnen einzeln herzt, was durch ein Auf- und Abstreicheln des Rückens geschieht und Vertrautheit, ja, menschliche Nähe suggeriert. Unabdingbar für den Empfang der Streicheleinheiten dabei ist allerdings, dass alle, die sich bereits gesetzt hatten, noch einmal aufstehen, um sich, nunmehr hinter dem Tisch hervorgekommen, dem Prozedere zu unterziehen.

Da die Gruppe das Aufhängen von Mänteln an der vorgesehenen Garderobe nicht ernstlich in Betracht zieht, ist kaum zu vermeiden, dass grellfarbige Kunstpelze, aber auch lustige selbstgestrickte Mützen (mit Öhrchen) und Schals aus Ländern ohne funktionierende Zivilgesellschaft von der Stuhllehne rutschen, worauf der Stuhl vor der herzlichen Wucht der Begrüßungszeremonie kapituliert und umfällt.

Überflüssig zu erwähnen, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Bestellung abgegeben wurde, weshalb unnötige Zeit verstrichen ist. Obwohl ein eventuell zu erwirtschaftender Umsatz lediglich mit Mineralwasser erzielt, also denkbar gering sein wird, gelingt es den weiblichen Gästen schon vor der eigentlichen Konsumation mühelos, durch hochfrequenzige Lärmerzeugung (Lachen. Quieken. Kichern.) jeden Männerstammtisch um Dezibel zu übertönen.

Ist der Lärm an sich schon enorm, kann er allerdings noch gesteigert werden durch das Zuführen auch kleinster Mengen Alkohol. Selbst das Nippen an einem normalen Gläschen Sekt – der traditionelle Aufwärmer – reicht vollständig aus, um die Anwesenden glauben zu machen, die Stimmung habe sich schon früh dem Siedepunkt genähert. Das wäre dann wie Kochen ohne Wasser.

Nüchtern betrachtet könnte es also auf einen Vergleich etwa dergestalt zulaufen: ein fideler Frauenstammtisch auf Mineralwasserbasis – das ist etwa so, als sei der Kölsche Karneval letztlich nur eine Illusion, hervorgebracht durch das Hochwerfen eines einzelnen  Konfetti-Schnipsels.

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