Allgemein Essen & Trinken Menschen

Korkengeld Teil 3 und Schluss

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Wie die Sommelier Natalie Lumpp das Genießen zum Beruf macht

Schloss EbersteinJetzt ist Zeit für’s Essen, soufflierten Zanderfilet‘ oder am abschließenden ‚Iron Steak in Punschmarinade‘? Wahrscheinlich war es einfach die schiere Wucht der Lumpp’schen Weinbegeisterung, die, in Verbindung mit dem überwältigenden Unterhaltungsfuror der energetisch aufgeladenen Moderatorin, das Publikum kurz durchatmen ließ. Denn eines sollte klar sein: ein Fläschchen zu öffnen und behutsam die Aromen herauszuschälen, das, so hört man allenthalben, reicht schon lange nicht mehr. Alles ändert sich. Wo früher Glykol im Pfälzer Glas stand, schwappt heute die reine Freude.

Über den Pfälzer Riesling lässt sie nichts kommen. Die Badener? Die seien wie ein Dampfer, der seit Jahren gut balanciert seine Qualitätsbahnen zieht. Natürlich gibt es Ausschläge, nach oben wie nach unten. Aber insgesamt seien sie auf einem guten Weg. Und was ist mit dem Rheingau? Zu satt. Die Rheinhessen, ja, die können es: „Message in a bottle“ – so wird’s gemacht. Und was geht an der Saar? Da hat der Jauch ja ein Weingut geerbt und betreibt es jetzt. Das könnte die ganze Region mitziehen. Und die Mosel? Mein Gott. 80% gehen in den Export, warum sich also ändern? Da tut sich im Moment wenig. Die Neuen Bundesländer? Gut und interessant, aber zu teuer. Die Mengen zu klein. In Württemberg ist der Lemberger ‚eine Granate‘. Die am Bodensee machen den besten ‚Müller‘ und das Elsass? Oh je. Braucht kein Mensch. Überbordende Weine, viel Alkohol, überreife Trauben. Alter Stiefel. Die kaufen jetzt ja bei uns. Gut, dass keiner der Winzer zuhört.

natalie_lumpp_pressebild_12Mit der Kritik an den Weinen ist das nämlich so eine Sache. Nahezu jeder Winzer fordert die Weinfrau bei der Weinprobe eindringlich auf, ihm klar ihre Meinung zum Produkt zu sagen. Aber wehe, sie tut es. Alle wollen nur das Gute, nein, das Beste über ihr Produkt hören. Da ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, will man einem Winzer klar machen, dass sein Wein vielleicht in Ordnung ist, mehr aber auch nicht.

Harald Wohlfahrt, der große Dreisternekoch der ‚Traube Tonbach’, hochgeachteter Ziehvater der meisten deutschen Spitzenköche, fasst all das so zusammen: „Natalie Lumpp hat viel Ahnung vom Wein und sieht gut aus“.

Mehr kann man von einer Sommeliere nun wirklich nicht verlangen

Allgemein Stadtstreicher

Der Wischmob

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Ganz schön was los hier. Der Morgen in der Fußgängerzone

Dass eine Stadt lebt, erkennt man ein Stück weit auch an dem Lärm, den arbeitenden Menschen dort produzieren. Man könnte sagen: ich lärme, also bin ich. Das ist in Baden-Baden nicht anders als anderswo.

So z.B., wenn die Lastwagen, die schnell verderbliche Ware anliefern, in die Fußgängerzone rollen. Neben dem üblichen Motorengeräusch verfügen sie zusätzlich noch über ein lärmerregendes Kühlaggregat, das, über der Führerkabine angebracht, sicherstellt, dass im Inneren des Kühlbereichs die Temperatur nicht über Minus 5 Grad klettern.

20160602_083007-2Als weitere Lärmquelle auszumachen sind auch die kleinen orangefarbenen Reinigungsfahrzeuge, die wie Tausendfüßler in jede Ecke der Fußgängerzone huschen, um dort mit diabolischem Eifer der noch letzten Zigarettenkippe nachzustellen.

Nicht genug des Umtriebs. Zweimal in der Woche rückt von draußen, vom Fuhrpark, ein riesiger Reinigungslaster an, der, bestückt mit einer Zweimannbesatzung, sich um das Leeren zahlreicher Niederflurabfallbehälter in der Fußgängerzone kümmert.

Bei dem Fahrzeug handelt sich um das Modell ‚BUCHER Cityfant 60’, auch er ausgestattet mit einem Zweimotorenkonzept. Der Hauptantrieb, ein Diesel, ist für die Fortbewegung der 15 Tonnen schweren Straßenkehrmaschine zuständig. Mit diesem Aggregat schafft es die ‚Selbstfahrende Arbeitsmaschine’ mühelos, von einem Abfalleimer zum Nächsten zu bewegen. Doch lernen wir: ein Lärm kommt selten allein, und so hat auch das Fahrzeug noch einen zusätzlichen Motor. Dabei handelt es sich um das ‚Motorventilator-Aggregat von Daimler – Chysler’, das mit seinen 75 kW über eine enorme Saugleistung verfügt. Nur so kann er seiner Aufgabe in vollem Umfang gerecht werden. Hierzu sind zwei Personen notwendig.

So versucht die eine Person, der Fahrer, mit großer Umsicht das tonnenschwere Gefährt möglichst nahe an den jeweils zu leerenden Abfalleimer zu steuern, was im verwinkelten innerstädtischen Bereich nicht immer ganz einfach ist. Hat er das Ungetüm positioniert, schickt er den zweiten Mann hinaus ins Freie. Dieser Mitarbeiter greift sich nun den am Außenbereich des Fahrzeugs befestigten massiven Saugschlauch und führt ihn mit dem äußersten Einsatz seines ganzen Körpers in Richtung Niederflurabfalleimer. Dessen Aufsatz legt er nun zur Seite, was ihm ermöglicht, den Rüssel einzuführen. Der im Unterflurbereich sich befindliche Müll kann nun abgesaugt werden.

Das Konzept ist so einfach wie schlüssig. Während der eine im Freien arbeitet, verbleibt der andere im Inneren des Fahrzeugs. Das bewirkt zweierlei. Zum einen verhindert man dadurch, dass bei Regen der Fahrer nass wird; zum anderen kann man ausschließen, dass während des Einsatzes das Fahrzeug entwendet wird.

20160602_075544In Normalbetrieb konzentriert sich der Mann im Außendienst jetzt ganz auf die ihm gestellte Aufgabe. Und die ist schwer genug. Das Problem liegt nämlich darin, dass sich immer mal wieder Gegenstände, wie Taschen oder Regenschirme, im Inneren verkeilen. Was sich zunächst als einfache Tätigkeit anlässt, erweist sich nun doch als komplexe Herausforderung, denn es gilt jetzt zu verhindern, dass z.B. so ein Regenschirm bei umgeklapptem Aufsatz in den Saugrüssel gezogen wird. Bedingt durch die bereits von uns thematisierte enorme Saugleistung wäre dies für den Rüssel des ‚Cityfanten’ ein Leichtes.  Würde dies nämlich passieren, käme es u.U. im Inneren des Saugrüssels zu einem sogenannten ‚Klemmer’. Dadurch könnten Schäden entstehen, von denen sich ein einfacher städtischer Reinigungsmitarbeiter, der, mit seinem Handwagen unterwegs, den Regenschirm einfach herausgezogen hätte, keine Vorstellungen macht.

Ein weiterer Stressfaktor ergibt sich auch dadurch, dass der Fahrer im Inneren der Fahrzeugkabine Druck macht. Der Zeitplan ist eng getaktet, was aber keineswegs an der sich abzeichnenden Vesperpause liegt, sondern seine Ursache hat in einer um höchstmögliche Effizienz bemühten Einsatzplanung.

Doch auch außerhalb des unmittelbar innerstädtischen Bereiches erkennen wir eine Fülle an Lärmquellen. So bemerkt man in diesen Tagen im Bereich des Leopoldplatzes den verstärkten Einsatz von Bohrmaschinen, die sich mit großer Hingabe der Aufgabe stellen, vor der Renovierung des Leo den an sich schon gründlich untersuchten Untergrund noch einmal gründlich zu untersuchen.

Für Außenstehende mag es den Anschein haben, als würde man im Zentrum von Baden-Baden mit viel Aufwand nach Öl suchen. Doch verbietet sich hier bohrendes Nachfragen. Die Mitarbeiter der ‚Hettmannsperger Bohrgesellschaft mbH’ sind bei der Arbeit hochkonzentriert. Kein Wunder, klebt doch auf ihrem Fahrzeug  zusätzlich noch das Schild: Kampfmittelerkundung.

 

Scheint, als drohe der nächste Lärm.  

 

Allgemein Auswärts

Alles so schön bunt hier! Teil 1

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1Ferrari Garage Niki Hasler präsentiert ein neues Modell. Den F 8 Tributo.

Keine Zweifel: an schönen Tagen ist der Himmel blau. Aber an noch schöneren Tagen geht das Blau in ein kräftiges Rot über. Das sind die Tage, an denen, wie kürzlich geschehen, der BadenBlogger einen Anruf eines der größten Ferrari Häuser der Schweiz erhält. Man fragt an, ob wir nicht Lust hätte, den brandneuen Ferrari F 8 ‚Tributo’ zu einer Ausfahrt zu nutzen. Was für einen Frage?

Die Garage hat ihren Sitz in Basel Stadt. Die Probefahrt solle im nahen Liestal starten, da, wo die jahreszeitlich bedinge Grau der Stadt langsam übergeht in das satte Grün von Basel Land.

Noch sind die Pferde in den Startboxen

Und in der Tat ist dieses Grün auch der passende Rahmen für eine Roadshow, in den Rahmen sich ca 10 Ferraris in den je verschiedensten Farben präsentieren. Da wären ‚Gallio Modena’ (eine Art Gelb), Rosso Scuderia, Bianco Avus oder Grigio Ingrid (Ingrid ist irgendwie grau metallic).

Obwohl rot traditionell die Rennfarbe Italiens schlechthin geworden war (Grün=England. Blau=Frankreich und Silber=Deutschland), fuhren die frühen Ferraris in ihrem zivilen Leben durchaus verschiedenfarbig durch die Welt. Das Rot begann erst zu dominieren, als nach dem Tod von Enzo Ferrari der Kult der Marke kräftig zulegte und fortan das Rot mit der Marke Ferrari gleichgesetzt wurde.

Der mir an diesem Tag zugewiesene Wagen ist denn also blau, was ihm durchaus gut zu Gesicht steht. Zudem bekomme ich eine geschlossene Variante zugeteilt, was sich bezüglich meiner eher spärlichen Haare als durchaus rücksichtsvoll entpuppen sollte.

Wer hat die Nase vorn?

Da steht er nun vor mir. Der erste Eindruck: groß sind sie geworden, die Ferraris. Vor allem im Vergleich mit den Fahrzeugen der frühen Jahre. Da zeigt sich: man hat figürlich durchaus zugelegt. Sieht man den Wagen im Prospekt, fällt das so nicht auf. Erst wenn so ein F 8 aus dem Prospekt auf die Straße rollt, erkennt man, dass es sich doch um ein ganz ordentliches Stück Auto handelt. So wird schon beim lustvollen Anblick deutlich, dass man sich mit dem Wagen auf Überlandstraßen oder Autobahnen deutlich wohler fühlt als beim Erkunden historischer Ortskerne. Ob man ihn als handlich empfindet, hängt also letztlich von der Breite der Fahrbahn ab…

Was aber sofort noch ins Auge sticht, ist die Qualität der Karosserie und der Verarbeitung. Längst vorbei die breiten Spaltmasse, wie sie früher in Maranello an der Tagesordnung waren, und durch die man, so wurde geunkt, auch bei geschlossener Tür ins Innere des Wagens gelangen konnte.

Doch sind es weniger die Spaltmasse sondern die Durchblick gewährende Motorabdeckung, die den Blick des Fans auf sich zieht. Dort erblickt er den Achtzylinder, ein überaus solides Stück Metall, das tief im Maschinenraum kauert und zunächst den Eindruck erweckt, es wolle nicht gestört werden. Wie man sich doch täuschen kann! Auf Druck des Buttons am Armaturenbrett suggeriert irgendetwas tief im Inneres des Wagens, das Edelding habe nur drauf gewartet, dass man es zum Leben erweckt und an die Arbeit schickt. Ein Heizkraftwerk. So stemmt er in der neuesten Variante 720 PS auf die Hinterachse und man tut gut daran, den ‚Manettino’ Drehschalter in einer alltagstauglichen Stellung zu belassen. So wird verhindert, dass der Wagen bei ruppig entschlossener Gasannahme wegwischt. Youtube ist voll solcher Videos, die zeigen, wie Söhne reicher Eltern auf diese segensreiche Hilfe verzichten und dann in völliger Selbstüberschätzung ihres Fahrkönnens eben mal € 270 000 kaltverformen…

Mehr demnächst. Hier.

Allgemein

Alles so schön bunt hier! Teil 2

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Ferrari präsentiert ein neues Modell. Den F 8 Tributo.

Natürlich will so eine Kraft gebändigt sein. Aber selbst der verantwortungsvolle Umgang mit den PS provoziert die Frage nach der Nachhaltigkeit der Fortbewegungsart. Klar ist: der Motor ist ein Kunstwerk und entzieht sich schon daher jeglichem beckmesserischem Nachbohren. Klar ist zunächst aber auch, dass es dabei um ein maximal effizientes Triebwerk handelt. Die 8 Zylinder produzieren mittels 4,4 Liter Hubraum stramme 720 PS, was einer Literausbeute von enormen 163 PS entspricht. Wo sonst erhält man aus so wenig Hubraum soviel Kraft? Das ist einzigartig. Setzt man das Gebotene noch in Beziehung zurverbrannten Spritmenge, ist der Motor ein brillianter Futterverwerter.
Das mag nicht alle sonderlich beeindrucken. Doch fährt man hinter einem mit Fingerfarben bemalten VW Buggy her, dessen rauchender Diesel seit dem obligatorischen Indientrip in den Siebzigern nur noch von alternativen Schraubern gewartet wurde, relativiert sich das Ganze doch ein bisschen. Verglichen damit ist der F8 mit seiner effizienten Abgasreinigung ein wahres Umweltwunder.
Vor allem, wenn man wie ich keineswegs die Absicht hat, auszuloten, ob bei maximaler Drehzahl, gebotenem Drehmoment und daraus resultierender Geschwindigkeit doch noch etwas mehr ginge? Ich gestehe, ich bin nicht erfahren genug, die 720 PS im Rennbetrieb zu bewegen. Das Ausloten des physikalisch Möglichen muss ich anderen überlassen. Dessen ungeachtet aber erfährt man schon unmittelbar nach dem Start bei durchaus gutem Tempo die Bereitschaft des Wagens all das zu tun, was der Lenker will.

Hatte man bei früheren Ferrari Mittelmotorsportwagen noch das Gefühl, beim Fahren auf der Straße zu sitzen, hat sich das gründlich geändert. Unmittelbar nach dem durchaus bequemen Einstieg nimmt man im Inneren Platz und stellt fest: der Sitz passt wie ein Handschuh. Alles liegt bequem in Reichweite, die Bedienungsinstrumente sind passgerecht platziert.
Der Motor klingt, auch beim ambitionierten Beschleunigen (Vorsicht Schweiz!), nie aufdringlich, ganz anders als früher, als man den Eindruck hatte, unmittelbar hinter dem Fahrer röhre ein Graf Drakula auf seinem Schloss in Transsylvanien. Den Manettino hatte ich zunächst in der Stellung ‚Comfort’ belassen. Geht man zu ‚Race’ wird’s härter, doch auch nicht so, als würde man die Straße nageln. Ein Wolf im Schafspelz. Alles passt. Sogar einen durchaus passablen Kofferraum hat man ihm spendiert. Ein Rätsel, wie man das in Maranello hingekommen hat. Das 10 Weltwunder.
Doch wer darf das alles bestaunen?
Während der Migrant mit Bleibeperspektive für seine Ampelstarts einen AMG Mercedes bevorzugt, fühlt sich der gründlich tätowierte Eigner aus dem Rotlichtmilieu eher zum fröhlichen Goldlack eines Lamborghini hingezogen. Ganz anders der Fahrer eines Ferrari. Über alles betrachtet dürfen wir ihn dem Kreis der geschwindigkeitsaffinen Geschäftsleute zurechnen, die an den bekannt schönen Tagen in der Schweiz das Verdeck öffnen und sich zu einer Tour rund um den Genfer See aufmachen.
Bremse gefällig?So einer wird auch schwerlich in Versuchung geraten, bei Ferrari um Rabatte nachzusuchen, was in etwa so ähnlich verfehlt wäre, als fragte man eine Nonne nach der Augenfarbe des Kaplans. Als Basispreis werden etwa € 270 000 aufgerufen, nicht gerechnet der Betrag, der fällig wird, schaute man beim Einkauf noch bei der Abteilung ‚Individualisierung’ vorbei, wo man sich ‚seinen’ ganz persönlichen Wagen konfigurieren kann. Das kann nochmal richtig teuer werden. Aber wunderbar!
So bleibt nur die Frage, ob das E-Mobil mit all seinen Entsorgungsproblemen der Batterien die Lösung all unserer autobedingten Umweltprobleme bedeutet. Bis das nicht vollständig geklärt ist, lasst uns also noch einen hymnischen Toast ausbringen auf die lustvolle Unvernunft eines hochdrehenden Ferrari Triebwerks.

Weit davon entfernt, in einem Ferrari ein reines Nutzfahrzeug zu sehen (Erlangen von Fahrspaß!), dürfen wir davon ausgehen, dass er durchaus noch zu Anderem taugt. Ein renommierter Oldtimerhändler aus Genf, von seiner Frau gefragt, warum er nie Häuser, immer aber Ferraris kaufe, sagte, das liege daran,  dass man in einem Ferrari schlafen, mit einem Haus aber nicht fahren könne.

Allgemein Auswärts Essen & Trinken

Bewegung im Ruhestand Teil 1

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Endlich daheim! Zu Gast in der Pfalz  

Dort, am südlichsten Zipfel der lieblichen Pfalz, liegt das kleine Winzerdorf Schweigen – Rechenbach, da, wo die ‚Deutsche Weinstraße’ ihren Anfang nimmt.

Eigentlich sollte dieser ca 100 Km lange, sich nach Norden hinziehende Landstrich  ‚Pfälzer Weinstraße‘ heißen, doch wer im mächtigen Schatten des 1937 von den Nazis erbauten protzigen Weintors steht, ahnt, warum aus einem gemütlichen ‚Pfälzer Weintor‘ ein monumentales ‚Deutsches Weintor‘ und dann folgerichtig aus einer ‚Pfälzer Weinstrasse’ eine ‚Deutsche Weinstraße’ wurde.

Wer sich heute hier als Besucher einfindet, wird sich daran nicht stören. Der Sommer liegt heiß über der 1500 Einwohner  Gemeinde. Noch zirpen hier überall die Grillen. Aus der Ferne hört man die Stimmen der Veranstaltung „Chor am Tor“. Tritt man näher, entdeckt man eine singende Gemeinschaft vorwiegend mittleren Alters, die sich, geschmückt mit regenbogenfarbenen Schals, der Pflege multiethnischen Liedgutes verschrieben hat.

Nicht weit davon, mitten im Zentrum des Ortes und im Schatten der kleinen mittelalterlichen Kirche, liegt  fast versteckt, ein Weingut mit seiner Weinwirtschaft, dessen gastronomisches Angebot den geschmacklichen Vorlieben der durstig-fröhlichen Rentnerschar umfassend Rechnung trägt. Es ist eine Gemütlichkeitslandschaft, dekoriert mit vielen üppigen Sträuchern, bunten Blumenkübeln und heimelig dekorierten Winkeln.  

Denn unter den vielen schönen Dingen, die das Leben eines Ruheständlers so recht lebenswert machen, ist nicht das Unwichtigste, dass der Rentner sich seines Lebens freut,  wozu halt auch gehört, dass er sich in seiner Weinwirtschaft wohl fühlt. Freilich braucht es dazu gewisse Voraussetzungen. Zunächst sollte es dort ruhig und schattig sein. Dann die Sitzgelegenheit! Hier wäre eine gewisse Stabilität wünschenswert. Die Breite der Sitzfläche sollte kundengerecht etwas üppiger bemessen sein. Auch nicht schlecht, böte die Armlehne situationsbedingten Halt. Kleine, in lustigen Farben gehaltene Sitzkissen, könnten das Ganze farblich auflockern. Verständlich, dass in einem solchen Umfeld eine etwas festere Figur kein Thema einer nachhaltigen Erörterung ist. Allenfalls leitet sich daraus eine Daseinsberechtigung für Sitzzuteilung ab.

Und dann erst die Weine!

Trocken sollten sie sein, aber auch wieder nicht zu trocken. Nur wenige greifen in diesen Tagen zu einem Riesling, der in der Karte ausdrücklich als ‚forzdrogge‘ ausgewiesen ist. Sowas muss man mögen. Davon nimmt unser Gast aber gern Abstand, denn ist der zu Wein trocken, bekommt er ihm nicht. Dann kann es passieren, dass die ‚Mamma‘ am nächsten Morgen sagt, „d’r Babba hätt nachts gedampft“.  

Ansonsten ist das dort Gebotene fein auf die Bedürfnisse der Zecher abgestimmt. Der Wirt kennt die Seinen. Er weiß: solang der männliche Gast, auch schon mal ‚Babba‘ genannt, gut sitzt, ist alles in Ordnung. Hauptsache, dass er die ‚Mamma‘ neben sich und einen Schoppen Wein vor sich hat. Schweigen-Rechtenbach ist ein Rentnerparadies. Verständlich, dass man da auch an die denkt, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. In unmittelbarer Nachbarschaft zum elsässischen Wissembourg liegend, verkehrt zwischen den Ortschaften ein ‚Grenzland-Bähnchen‘, das kundengerecht über „60 Sitzplätze mit Rollstuhlabteil“ verfügt.

Dies also ist die Landschaft, in der sich befreit auftrinken lässt…

Teil 2 demnächst. Hier!

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