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In einem andern Land

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Die lustigen Zimmerleute von Tübingen

220px-ZimmererSiegelWenn unsereiner die kleine Stadt verlässt, die ja so schön ist, dass man ihren Namen zwei Mal nennen muss, dann sollte es sich bitte schön doch lohnen. Tübingen z.B. wäre schon mal so eine Reise wert. Tübingen! Stadt der Philosophen, der verblichenen Denker und eines grünen Oberbürgermeisters mit dem Namen Boris Palmer, der aber noch lebt. Ernst Bloch aber ist tot, Hans Mayer weilt schon lange nicht mehr unter uns, und Walter Jens ist nach langer Krankheit im letzten Jahr verstorben. Wollte man diese Geistesgrößen früher treffen, musste man nur in der Osiander’schen Buchhandlung in der Metzgergasse vorbeischauen. Da konnte man an manchen Tagen dem Weltgeist beim Teetrinken zuschauen.

Aber das ist ja nun schon ein Weilchen her. Nix mehr mit Weltgeist beim Tee. Dann also das Alternativprogramm. Ich beschließe, ein mir empfohlenes Restaurant in der Ammergasse aufzusuchen. Dort gibt’s zwar allenfalls Himbeergeist, dafür aber Maultaschen und Schwabenbräu, serviert von einer Bedienung, die wieder einmal bestätigt, dass Freundlichkeit in schwäbischen Wirtschaften allenfalls ein formlos erklärter Gewaltverzicht ist. Diese sicherlich nett gemeinten Grobheiten wurden aber mehr als wettgemacht durch den Unterhaltungswert zweier Zimmerleute, die sich am Nachbartisch über die Figur des Widerstandskämpfers Graf Stauffenberg in die Haare gerieten. Der eine sagte, für ihn sei Stauffenberg ein Held. Der andere bezeichnete ihn als Arschloch. Damit war der Begrifflichkeit genüge getan und man konnte ans Streiten gehen.

Ich möchte hier nicht die Auseinandersetzung in allen Verästelungen wiedergeben. Nur soviel: nach heftigsten Wortwechseln mit angedrohten Schlägen kam es zu guter Letzt dann doch noch zu einer Versöhnung. Ob darüber die Figur Graf Stauffenbergs auf der Strecke geblieben war, hatte ich irgendwie nicht ganz mitbekommen, steht aber zu vermuten. Mittlerweile hatte sich zudem noch die Bedienung vor mir aufgebaut und bellte: „Zahle“, wobei ich nicht wusste, ob dies als Frage oder Befehl zu verstehen war.

Was mir aber noch deutlich in Erinnerung geblieben ist, war der Satz, den der eine Zimmermann dem anderen fröhlich versöhnt zurief. „Woisch was: jetzt trinksch ä klöis Bier auf mei Rechnung“.Dieser an sich schlichte Satz bedarf aus gegebenem Anlass – noch sind wir in der Denkerstadt Tübingen! – der hermeneutischen Deutung. „Woisch was“ (das weist auf den Hammer hin, der gleich kommt). „Jetzt trinksch…“ (ich trinke nicht mit) „ä klöis Bier“ (kein großes, sondern ein kleines Bier) „auf mei Rechnung“. Der Bestellende ist also zahlungswillig und zahlungsfähig.

Bei uns im Badischen hätte es geheißen: „Jetzt trinken wir ein Bier“. Dann wäre klar gewesen: zunächst einmal ist das ein ganz normaler Vorgang. Weiter: wir trinken zwei Gläser Bier und zwar große. Im übrigen trinke ich mit, und das ganze geht natürlich auf meine Rechnung.

Soweit, so badisch.

Irgendwie muss man sie einfach lieben, unsere Schwaben…!

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Hund im Herbst

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Schön, wenn der Mensch von Zeit zu Zeit mal wieder ein bisschen rauskommt. Lassen wir das Wandern jetzt erst mal weg, könnte sich zur Abwechslung hier der Besuch einer Kneipe anbieten. Erfahrungsgemäß trifft man dort jede Menge Leute, die einem etwas erzählen, was man bis dato so noch nicht wusste. Der Mann z.B., mit dem ich kürzlich ins Gespräch kam, entpuppte sich recht bald als nebenberuflicher Jäger. Dass es sich bei ihm um einen solchen handelt, erzählte er freilich erst nach einer geraumen Weile. Jäger, obwohl sie ja von unbestrittenem Nutzen sind (wie Nutztiere ja auch), sind es irgendwie leid, sich für ihr jägerisches Tun zu rechtfertigen. Da ich ihm seine Jägerexistenz nicht pauschal absprach, kamen wir recht bald ins Plaudern und er erzählte mir von seinem Hund, den er bis vor kurzem noch als Jagdhund abrichten wollte.

Hellhörig geworden, erfuhr ich, dass die Hürden, die der zukünftige Jagdhund nehmen muss, wohl recht hoch sind. Keinesfalls wäre als Erfolg zu verzeichnen, wenn so ein Hund das Leckerli, das man ihm hinhält, auch nimmt. Nein. Es gilt vielmehr, dem Tier die sogenannte ‚jagdliche Brauchbarkeit‘ anzuerziehen. Die aber will irgendwie erarbeitet werden, da das ‚Interesse von Hund und Führer sich häufig unterscheiden‘, so das Fachorgan „Waidwissen“. Dazu bedarf es einer umfassenden Ausbildung, die zunächst einmal recht einfach beginnt. Hört er z.B. nicht gleich aufs Wort, sollte er zunächst den ‚Leinendruck‘ verspüren. Gehorcht er nicht umgehend, lässt ihn ggf ein ‚scharfer Ton (Pfui)‘ innehalten.

Nicht genug. Ferner muss der Hund so Sachen lernen wie das ‚Buschieren‘; er lernt das ‚Stöbern‘, arbeitet sich ins ‚Brackieren‘ ein und übt fleißig die sogenannte ‚Bauarbeit‘. Kurz: es handelt sich dabei um einen recht umfangreichen Katalog von Fähigkeiten, die der Mensch an sich nicht braucht, die er sich aber als Jäger gemeinsam mit seinem Hund erarbeiten muss.

Nicht genug. Eine weitere Stufe der Jagdhundeerziehung wird dann die sogenannte ‚Schussgewöhnung‘ beinhalten. Diese sollte schon bereits ab der Sozialisierungsphase beginnen. So muss sich der Hund bei einem Schuss ruhig verhalten (schussfest), auch darf er bei der Schussabgabe nie den Gehorsam verlieren (schusshitzig) und schon gar nicht – schussscheu! – bei Schussabgabe panisch flüchten – schließlich ist er ja nicht das Wild!

Mein Gesprächspartner hatte mir das bei einem Bier alles in großer Ausführlichkeit geschildert, was meine Achtung vor den Möglichkeiten einer Hundeerziehung noch steigerte. Einen Punkt freilich hätte ich – weil scheinbar selbstverständlich – hier jetzt fast vergessen. Es handelt sich dabei um die sogenannte ‚Leinenführigkeit‘, d.h., der Hund geht nahe bei seinem Herrchen (oder Frauchen), wobei er wohl ‚links vom Führer‘ geht und zwar mit dem‚Kopf auf Kniehöhe‘. Dieser Punkt, obwohl von zentraler Bedeutung, gehört schließlich zum kleinen Einmaleins der Hundehaltung. Selbst ein normaler Hundehalter wird gut daran tun, seinem Hund das beizubringen.

So ist es mehr als verständlich, dass sich mein Gesprächspartner nach so vielen Jahren harter Arbeit mit seinem Hund endlich auf der Zielgeraden wähnte. Da freilich, so nahe vor dem Ziel, passierte es, dass ein großes buntes Herbstblatt vom Baum fiel, worauf der Hund die Prüfung unterbrach und stehenblieb, um das Herabfallen des Blattes mit großem Interesse zu verfolgen.

So kam es, dass der Prüfling zum größten Bedauern aller die Prüfung nicht bestanden hatte. Gelernt aber hatte er statt dessen das Staunen angesichts der Schönheit des Herbstes.

Allgemein Menschen

„Steig den Berg empor die Pfade“ Teil 1

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Ja, gehts noch?  Vom Wandern, Walken und Joggen!

Jetzt, da dieser fast beispiellose Sommer fast zu Ende ist, sollten wir noch kurz Jener gedenken, die wandernd und joggend vielleicht aus Fitnessgründen, vielleicht aber auch auf der Suche nach dem ewigen Leben durch Wald und Flur gejoggt oder gewandert sind, um sich körperlich und geistig zu ertüchtigen. Es macht den Kopf frei, so hört man sie allenthalben sagen, und jeder fragt sich: frei von was? Vom Sitzen, vom Liegen? Oder gar vom Denken?

Um#s gleich zu sagen: ich bin nicht so der Wandertyp.

Nicht, dass ich um die Segnungen körperlicher Ertüchtigung nicht wüsste: die Medien sind ja voll von derlei Glücksversprechen. Auch höre ich immer wieder, wie reizvoll es doch sei, beim Gehen den Wechsel der Landschaften ganz in sich aufzunehmen, ja manch einer behauptet sogar, die Landschaften zögen am Wanderer förmlich vorbei. Es sei ein sehr intensives Spüren der Umgebung – man stünde irgendwie „im Fluss“, oder, um es zeitgemäßer auszudrücken, im Flow.

Weiter heißt es, man könne das Leben erst beim Wandern in seiner vollen Schönheit erfahren. Wichtig sei in jedem Fall, von Zeit zu Zeit stehen zu bleiben, tief einzuatmen, die Bäume zu riechen und die Farne; man solle dem Plätschern der Quelle lauschen und dem Rauschen der Sträucher. Am besten einfach mal loslassen, sich ganz dem Moment hingeben, ja nicht einmal dem Quietschen der im Stand drehenden Reifen der Autos auf dem Waldparkplatz sein Ohr leihen. Das sind diese kostbaren Momente, wo einem plötzlich klar wird: stehst du allein im Wald, sieht die Welt doch ganz anders aus. Hier bist du Mensch. Hier darfst du sein.

Gut, dass ich nicht so der Wandertyp bin hat natürlich seine Vorgeschichte. Für eine solche brauche ich nicht auf die Wanderlust meiner Großmutter väterlicherseits zurückgreifen. Auch erzählt meine Familiengeschichte von keinem Urahn, der im 19. Jahrhundert schwer beladen mit Uhren aus Schwarzwälder Produktion bis tief ins Zarenreich vordrang.

Nein. Es mag genügen, dass ich hier meinen ersten Joggingversuch in Erinnerung rufe. Der fand – auf der Suche nach dem versprochenen Adrenalin – an einem hellen Frühlingsmorgen, gleich hinter dem Bauernhaus der Familie Keller in Frbg/ St. Georgen statt. Auf der Suche nach einer versprochenen spirituellen Erleuchtung war ich hinaus getreten. Ausgestattet mit ein paar neuen, preiswerten, dabei aber blütenweißen Turnschuhen der Marke Adidas, einem grauen T-Shirt und der grünen Sporthose des Max Planck Gymnasiums, so hatte ich mich aufgemacht, den Lebenssinn auf zwei Beinen zu suchen. Gleich nachdem ich unten an der Treppe angekommen war, wandte ich mich den hinter dem Haus liegenden Rebbergen zu („Trink aus Steinler den Weinler!“), machte spielerisch ein paar munter ausgreifende Schritte, blinzelte in die Sonne, sah anschließend an mir herunter, erkannte das ausgewaschene Grau meines T-Shirts, das Weiß meiner Beine,  und das noch viel weißere Weiß der günstigen Laufschuhe. Und fand mich nur noch komisch. Was andere über mich gedacht hätten, weiß ich nicht. Der Eindruck muss aber selbst für mich verheerend gewesen sein, denn ich drehte mich um, ging wieder ins Haus und trank einen Kaffee. Damit hatte es sich erst einmal.

Nun will ich keineswegs belehrend auf alle Wanderwilligen wirken.  Mehr davon demnächst. In Teil 2

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Badischer Dreisatz

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Philipp Brucker

Immer gut, wenn man zusammen Mittag isst. Man erfährt dann immer etwas, das man noch nicht kannte. So erinnerte mich heute der ehemalige Landrat des Ortenaukreises, Klaus Brodbeck, an Philipp Brucker, der als Oberbürgermeister von Lahr das mit Beste an Badischer Weltliteratur geschrieben hat, das wir haben. „’s Wundergigili“ „Jo, Pfiffedeckel“, und „Hänner’s verstande?“, alles Bücher, die wir als Zeugnisse bleibenden Schaffens sehen.

Nun aber hörte ich heute von einer Sentenz, die ebenfalls von dem brillianten Philipp Brucker stammt, und die ich hier unbedingt erzählen muss. Vielleicht nicht als Handlungsanleitung in derzeitiger Zeit zu sehen, aber erzählenswert ist der kleine Vers trotzdem. Hier also:

 

Badischer Dreisatz

Erscht mache mer mol nix.

Dann warde mer ab.

Und dann were mer sähne.

(für Nicht-Badener)

Erst machen wir mal nichts.

Dann warten wir ab.

Und dann werden wir sehen.

So. Und demnächst wieder so, wie Sie’s von uns gewohnt sind. Ernst.

 

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Mehr Heimat war nie Teil 1

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Der ‚BUND HEIMAT & VOLKSLEBEN‘ sorgt sich ganz viel um die Vergangenheit und ein bisschen um die Zukunft

Von Offenburg kommend, schiebt sich die Fahrzeugkolonne langsam durch das satte Grün des Kinzigtals. „Sehnen wir uns nicht alle nach Entschleunigung?“, fragt der Prospekt des ‚Schwarzwald Tourismus’. Ganz bestimmt. Im vorliegenden Fall liegt der Grund für unser Sehnen allerdings im gesperrten Tunnel bei Haslach und der Umleitung des Verkehrs quer durch das schmucke Städtchen. Doch auch das schärft unsere Sinne.

So registriert die Nase ein nach Holz duftendes Sägewerk, das Auge entdeckt Andenkenläden mit Postkartenauslagen, und auf einer überdimensionierten Werbefläche begrüßt uns Hansy Vogt, der als „Schwarzwaldbotschafter“ den Freunden des Schwarzwaldmädels Boxspring-Betten empfiehlt. „Schwarzwald trifft Schlafkomfort“, steht da zu lesen. Doch hält die Entschleunigung an, bis man das Freilichtmuseum ‚Vogtsbauernhof’ erblickt, wo nach endlos langen Bemühungen es endlich gelungen ist, einen Bahnhalt zu bekommen. Außerdem freut man sich über die demnächst anstehende große Erweiterung der Museumsfläche.

Mittlerweile meldet das Thermometer im Fahrzeuginnern eine Außentemperatur von 31 Grad, was allerdings klar übertroffen wird von der Temperaturanzeige vor der Gutacher Sparkasse, die heiße 41 Grad vermeldet, ein Thermometerstand, der sich – nur laut Anzeige – im Laufe des Gesprächs mit dem Bürgermeister allerdings noch bis 51 Grad steigern wird. Im Rathausinneren ist es erfreulicherweise etwas kühler.

 

Dort residiert Bürgermeister Siegfried Eckert, der sich zuvörderst um die Amtsgeschäfte, dann aber auch noch um Traditionen und die Schwarzwälder Tracht kümmert. Gutach ist die „Heimat des Bollenhutes“, ein Markenzeichen, das weltweit für die Ferienregion Schwarzwald steht. Da trifft es sich ganz gut, dass der Bürgermeister zudem noch als 1. Vorsitzender eines Verbandes fungiert, der sich ganz der Tradition und dem Bewahren verschrieben hat: der „Bund Heimat und Volksleben“. 1948 gegründet hat er heute 13 000 Mitglieder, die sich in 210 Vereinen für „Erhaltung, Pflege und Förderung des bodenständigen Volkslebens“ einsetzen. Dazu zählt man „Tracht, Lied, Musik, Tanz, Mundart, Sitte und Brauchtum“. Das Mittel dazu ist die allfällige Präsenz. Dazu zeigt man sich in der Öffentlichkeit, etwa beim Kreistrachtenfest in Auggen und auf der Oberrheinmesse in Offenburg. Weiter ist man dabei beim ‚Tanzsunntig’ in Gurtweil, ‚Albabtrieb’ in Simonswald, und beim ‚Hördöfelfäscht’ der Trachtenkapelle Rickenbach. Weiter verschönert man mit seiner Anwesenheit den „Speckeierhock“ beim Musikverein Kirnbach. Und dann kommen natürlich noch die Lichtgänge gegen Ende des Jahres, z.B. in Zell im Wiesental.

„Wir gehen zu den hohen Herren“, sagte der 1. Vorsitzende Eckert, womit er aber keineswegs andeutet, dass er – wie er’s vielleicht in den Bauernkriegen getan hätte – die aufrührerischen Bauern gegen die Herrschaft in Hornberg zu führen gedenkt. Vielmehr weiß er wohl, wie wichtig es für so einen Verband ist, sich politisch zu vernetzen, sich des Rückhalts derer zu versichern, die im Lande halt so das Sagen haben, seien es der jeweilige Landrat, die Regierungspräsidentin, der Bischof oder der Ministerpräsident. Letzter zwar der grünen Partei zugehörig, aber irgendwie doch nicht. Das geht. Bei der Jahreshauptversammlung des Verbandes in diesem Jahr hat z.B. der Baden-Württembergische Innenminister Strobl seine Aufwartung gemacht. Und am Neujahrempfang durfte man sich auch schon mal der Anwesenheit des Prinzen Bernhard von Baden erfreuen, der das Amt eines Protektors begleitet. Weitere Wucht verschafft man sich durch schmückende Auftritte anlässlich des Besuchs von Obama. Aber auch beim Papstbesuch ging es nicht ohne. „Da waren wir in der vordersten Reihe“.

 

Demnächst mehr. Hier.

Die Bilder wurden mir netterweise und zum Großteil von Michaela Kindle/Freiburg zur Verfügung gestellt.   (www.kindle-photography.de)

 

Auch mal reinschauen bei www.kosmos-schwarzwald.de/

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