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Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?

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Winfried Kretschmann: trauriges Ende einer Dienstfahrt.

Heute also erreicht uns die Nachricht, dass ein Politiker – in diesem Fall der üblicherweise überaus bedächtig sich präsentierende Ministerpräsident des Bundeslandes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann – verunfallt ist. Das Ergebnis: drei demolierte Fahrzeuge und, was noch schlimmer ist, zwei Schwer- und ein Leichtverletzter. Winfried Kretschmann selbst war nichts passiert. Er wird die Amtsgeschäfte wieder unverzüglich aufnehmen.
Das mag man gutheißen oder nicht. Tatsache aber ist, dass das unfallverursachende Begleitfahrzeug nur so schnell fuhr, wie der Wagen des MP fährt. Dessen Fahrzeug wiederum war nur so schnell gefahren, wie der Herr Ministerpräsident es wünschte. Trotz Starkregens auf der A 81 hatte also der Lenker einer grüngeführten Landesregierung seinen Fahrer angewiesen, es jetzt man ordentlich krachen zu lassen. Termine. Sicher.

Man braucht hier jetzt nicht hämisch auf die Forderung der Grünen zu verweisen, auf den Autobahnen Tempo 120 einzuführen. Tatsache aber ist, dass es selbst einem Normalfahrer immer mal wieder auffällt, wie rücksichtlos die Politikerkaste von ihrem vermeintlichen Vorrecht Gebrauch macht, auch bei schlimmsten Witterungsverhältnissen ein Fahrverhalten an den Tag zu legen, wie sie es in Ihren Reden immer geißeln. Man könnte auch sagen: sie fahren wie die Bekloppten. Mit meist zwei Begleitfahrzeugen brettern sie dann über die Autobahnen, dass es einem erschrocken auf die rechte Spur wechselnden Normalfahrer nur Angst und Bange werden kann. Ihr Reich scheint nicht von dieser Welt.

Termindruck? Das sicher.

Und doch: nehmt euch Politiker nicht so wichtig. Und haltet Euch an das, was ihr von uns, dem Wähler, immer fordert. 

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Wasser marsch! Teil 1

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Warum uns unsere Feuerwehren so lieb wie teuer sind

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Margret Mergen am 23.6.2014 im Kurhaus in Baden-Baden in ihr neues Amt als Oberbürgermeisterin eingeführt wurde, gab es sozusagen den ganz großen Bahnhof. Neben vielen Bürgern und Bürgerinnen nutzten auch zahllose Würden- und Amtsträger die Gelegenheit, der neuen Oberbürgermeisterin ihre Aufwartung zu machen. Mit ganz vorne dabei ein Mann, dessen uniformiertes Äußeres so gar nicht zur festlich gekleideten Menge passen wollte. Die viersternigen Epauletten unter einem in der Flamme stehenden Löwen wiesen ihn unschwer als den Feuerwehrkommandanten Martin Buschert aus, der sich noch kurz zuvor mit seinem Stellvertreter „mit einem Überraschungseinsatz“ vom scheidenden Oberbürgermeister verabschiedet hatte. Immerhin kommandiert der Feuerwehrkommandant ‚39 Mann’ nebst zwei Verwaltungsangestellten, womit freilich die wirkliche Bedeutung seiner Truppe nur unzureichend beschrieben wäre.

Wer sich einmal die Mühe macht, bei Wikipedia die schier unendliche Staffelung der je einzelnen Dienstgrade nebst ihren Dienstgradabzeichen bei den Baden-Württembergischen Feuerwehren zu studieren, der ahnt, wie ernst man das ganze nimmt. Die Feuerwehren haben im sozialen Gefüge der städtischen Gemeinde eine weit über ihre Lösch- und Bergeaufgabe hinaus reichende Bedeutung. Zusammen mit der Blaskapelle eines Ortes repräsentieren sie die ‚Mitte der Gesellschaft’. „Willst du die Wahl verlieren, musst du dich nur mit der Feuerwehr anlegen“, so ein mit den Feinheiten einer Gemeindepolitik Vertrauter. Andere nennen die Feuerwehr auch den Sturmtrupp des Bürgermeisters.

Keine Jahreshauptversammlung der Feuerwehr, die ohne die Anwesenheit der Amtsträger über die Bühne ginge, und auch der stellvertretende Lokalchef des Baden-Badener Ortsblattes lässt es sich nicht nehmen, beim Pressetermin eifrig zu notieren, dass die Feuerwehr zwar weniger Brände gelöscht, dafür aber sich an der Zunahme der technischen Hilfeleistungen abgearbeitet hatte. Darunter wären zu verstehen der ‚Absturz eines Kletterers in der Steilwand’, ein ‚Flugunfall Gleitschirm’. Zudem notiert das Einsatzbuch am 13.11.2014 um 14:27 Uhr: „Person droht zu fallen“. „Person hängt in großer Höhe im Fels“. Dann folgt: „Seilintervention der Höhenretter“. „Im Einsatz: Feuerwehren Baden-Baden und Karlsruhe, Bergwacht, Rettungsdient, Polizei“. Wie viel Personal da letztlich vor Ort war, lässt sich allenfalls erahnen. Wer derartigen Einsatz leistet, weiß, was er sich und der Gemeinschaft wert ist. Der Kletterfreund wird es nach dem Rettungseinsatz auch wissen. Tröstlich dann, wenn eine Versicherung zur Übernahme der Kosten bereit steht. Wenn nicht, wird’s für den Hilfsbedürftigen richtig teuer. So, wie in Berlin, wo der Terrier Skipper in eine Notlage geriet und gerettet werden musste. Der war in einem Dachsbau gefangen, und so waren dreiundzwanzig Feuerwehrleute und fünf Fahrzeuge im Einsatz, ein Aufwand, den man der Hundehalterin mit € 13 000 in Rechnung gestellt hatte. Jetzt klagt sie. „Wir fahren mit allem, was Räder hat“, so kürzlich ein Feuerwehrkommandant mir drohendem Unterton im Radio.

Eine veritable Materialschlacht….

MEHR DARÜBER DEMNÄCHST!

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Wasser marsch! Teil 3

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IMG-20151215-WA0000Immerhin aber gibt es dort einen Feuerwehrausschuss, dem von acht ‚normalen’ Mitgliedern schon mal sechs angehören. Zwischen zwei und fünf Einsätze werden pro Jahr ‚gefahren’. Mitte der 80er Jahre gab’s den letzten Brand im Ort. Dafür aber werden die Gebäude gepflegt und beheizt. Die Ausstattung muss gewartet werden, Versicherungen sind zu bezahlen. Und kein politischer Würdenträger hat die Kraft zu sagen, dass EINE gut ausgestattete Feuerwehr in der zentralen Gemeinde vollauf reicht, den Ansprüchen nach Feuerschutz etc. zu genügen. Unter diesen Bedingungen wäre es für einen um die Wiederwahl bangenden Amtsträger politischer Selbstmord, hier Veränderungen anzustreben. Lieber lässt man Kitas bröckeln und wartet ansonsten darauf, dass das letzte Mitglied still verlöscht. Doch sind die meist üppigen Hallen nicht der einzige Posten, der uns die Feuerwehr lieb und vor allem auch wert macht.

„Ich werde regelrecht erpresst“, so der Bürgermeister einer Hochschwarzwaldgemeinde. Was war passiert? Da hatte ihm sein Feuerwehrkommandant in einem Brief mitgeteilt, dass die Brandsicherheit mit dem vorhandenen Löschzug nicht mehr gewährleistet sei. Man brauche etwas gänzlich Neues. Was also ist in einem solchen Fall zu tun? Der Bürgermeister kann die Verantwortung für eventuell nicht zu leistende Hilfe mangels neuesten Materials nicht auf sich nehmen und wird versuchen, die finanziellen Mittel für neues Gerät in den Haushalt einzubringen. Koste, was es wolle. Und das wird nicht billig sein. Denn keine Feuerwehr kauft einen Löschzug ohne Spezifikationen, das heißt dass in der Regel nichts ‚von der Stange’ beschafft wird. 20151215_122504‚Individualisierung’ lautet dann das Gebot der Stunde, und wer einmal die Ausstattungsliste eine normalen PKWs studiert hat, weiß, dass mit Sonderausstattung das meiste Geld verdient wird. Da sind die Schläuche noch der geringste Posten. Ein ‚C-Schlauch C 52 mit Storz Kupplung’ 20 Meter lang kostet € 52. Wird er allerdings in Afghanistan zum Löschen gebraucht weist die Website des Herstellers zusätzlich € 78 Fracht auf.

Verglichen mit der Feuerwehr in Dubai sind das alles kleine Posten. Dort laboriert man schon für den Einsatz an 828 Meter hohen Burj Khalifa mit sogenannten Jet-packs, also raketengetriebene Rucksäcke für den Löscheinsatz an Hochhäusern. Stückpreis 250 000 Dollar. Dass wir für sowas bei uns keine Verwendung haben – da haben unsere Gemeinden nochmal Glück gehabt.

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Die Prinzenrolle

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Echt närrisch – in Baden-Baden findet sich keiner, der will.

Im Märchen und im Rheinland wäre so etwas unmöglich: In der Baden-Badener Narrenzunft findet sich kein edler Prinz, um die schöne Prinzessin in Richtung Thron, beziehungsweise Bühne, zu geleiten! Während in Köln oder Düsseldorf gestandene Geschäftsleute locker einige Tausend Euro samt viel Freizeit investieren, um im samtigen Pumphöschen und Strumpfhosen Ansprachen und Küsschen zu verteilen, mag in Baden-Baden offenbar kein Fastnachter die höchste Würde anstreben. Ein Fasnet – Gau. Zum ersten Mal in der Geschichte der honorigen Zunft wird es dieses Jahr wohl nur eine Prinzessin an der Spitze der Narrenschar geben.

Nun mag ein vom Virus der Fasnet-Tollerei nicht Angesteckter argumentieren: sooo toll sei die Prinzenrolle ja nun auch wieder nicht. Festabend für Festabend sich mehr oder weniger witzige Reden anhören, selbst reden, mit der Prinzessin schäkern, ohne die eigene Partnerin eifersüchtig zu machen, Tanzkünste vorführen, beim Umzug Bonbons werfen und möglicherweise im Regen stehen – welche echter Mann mag das wirklich? Da braucht es schon eine gehörige Portion Begeisterung für die närrische Sache, um sich wochenlang prinzenmäßig zu präsentieren. Aber gibt es denn nicht wenigstens EINEN Kavalier, der der einzelkämpfenden Prinzessin galant zur Seite steht – so wie es die Ehemänner von OB Mergen und Eventschefin Waggershauser vorbildlich praktizieren! Aber was heißt schon ‚vorbildlich’? Bei beiden Damen ist das „Ausüben einer närrischen Tätigkeit in Begleitung“ Teil des Dienstvertrags. Das kann man nachsehen unter ‚Anforderungsprofil‘. Steht ganz klein gedruckt. Unten links.

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Kunst auf Parkett. Reden übers Tanzen. Teil 2

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Können wir über Gagen reden? Wie hoch sind die?

Copyrigt mir freundlicher Genehmigung durch „Valentin Behringer/BBE“

Unterschiedlich. Es ist natürlich gut, wenn man für einen Club tanzt, der einen Mäzen hat wie z.B. Daimler oder Toyota. Das sind die Gagen natürlich deutlich höher.  € 5000 sind dann ok, es können aber auch mal € 10 000 sein. In Asien wird aber deutlich mehr bezahlt. Da würde man über solche Summen eher lachen. So viel Gage gibt es hier in Baden-Baden natürlich nicht. Verglichen damit  treten die Tänzer hier für vergleichsweise  wenig Geld auf. Aber die Veranstaltung hat einen legendär guten Ruf in Tanzkreisen. Zudem empfinden die Tänzer das Parkett hier als einmalig. Jeder träumt davon, einmal hier auf diesem Parkett und in diesem Rahmen aufzutreten. Egal, ob das ein russisches Paar ist oder man aus Norwegen kommt. In so einem Fall ist das Honorar eher zweitrangig.

Ist Baden – Baden eine Tanzstadt?

Ja, unbedingt. Es gab hier das erste Tanzturnier auf deutschem Boden. Das war 1912 oder 1913. Und dann gab es in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Weltmeisterschaften, Europacups, Professional Turnieren, Amateurturniere, Senioren- und Jugendtourniere. Was immer auf dem Parkett darstellbar ist, hat es in Bade-Baden gegeben, nicht zuletzt wegen des Saals und dem Publikum.

Lassen Sie uns über den Tanz sprechen. Der Stil hat sich gewandelt?

Copyrigt mir freundlicher Genehmigung durch „Valentin Behringer/BBE“

Ja, total. Er ist viel schneller, athletischer geworden. Die Figuren der Tänzer haben sich geändert. Wenn man ein hochklassiges Tanzpaar vor von 40 Jahren neben ein heutiges hochklassiges Tanz-Paar stellen würde, würde einem auffallen. Durchtrainierter.  Sportlicher. Früher erlebte man da halt gut ausschauenden Leuten, die vielleicht eine Topfigur hatten, aber die ganze Körperspannung war halt noch nicht da. Was heute die normalen Paare als ergänzenden Sport nebenbei machen müssen!  Für ihre Fitness, für den Muskelaufbau mit legalen Mitteln, ist mit dem Tanzen von früher nicht zu vergleichen. Da sind die Paare in Schönheit gestorben, sowohl im Latein als auch im Standard. Früher war es eben schönes Tanzen, elegantes Tanzen, Ballroom. 

Und jetzt ist es Tanzsport. Das geht manchmal auf Kosten der Schönheit und der Eleganz, weil heutzutage mehr Tempo und Athletik gefragt sind. Vielen gefällt das nicht. Die sagen: ich will einen getragenen, schönen Walzer sehen und nicht etwas willkürlich Langsames. Aber das ist der Trend. Den setzen die jeweils aktuellen Weltmeisterpaare. Man kann davon ausgehen, dass das Paar, das am nächsten Wochenende Weltmeister wird, die Tanzszene fürs nächste Jahr prägt. Da kucken alle: was macht die? Das geht hin bis zur Kleidung, bis zum Outfit.

Nochmal ein bisschen zurück – ist durch die neue Art der Tanzkultur der Verschleiß gestiegen?

Verletzungsgefahr und Verschleiß sind in viel stärkerem Maß gegeben. Die Sportmedizin ist halt viel weiter als sie vor Jahren war. Jedes Top Paar hat seinen Betreuer, seinen Masseur. Sie haben ja gesehen, bei der Welttanzgala musste dieses russische Tangopaar von heute auf morgen absagen, weil er verletzt war. Und dafür ist ein anderes anderes Paar eingesprungen. Ein ganz großes Problem ist z.B. bei den Formationen, wenn da ein Paar ausfällt. Dann muss Ersatz her, der aber u.U. nicht ganz auf den Punkt tanzt. Mahlzeit. Dann ist die Meisterschaft im Eimer.

Beim Betrachten einer solchen Gala, fällt auf, dass die Tanzszene ja ein echter MultiKulti Club ist.

Das ist so. Die Jugendpaare kommen alle aus dem Ostblock. Die fangen bereits mit 4 – 5 Jahren an, hart zu trainieren. Harter Drill und Leistungssport. Und das ist dann kein Kindertanzen nach Märchenmelodien. Wenn die mit 10 bis 12 Jahren dann in den Wettkampf gehen, sehen unsere Jungendpaare aus wie ein Kindergarten. Wenn man dann einen tollen Tänzer hat, wird geschaut, wo man eine passsende Tänzerin herkriegt. Da wird dann eine ganz gezielte Paarauslese betrieben. Das große Geld gibt’s in Asien, und die Asiaten kaufen im Moment alles, was an Qualität auf dem Markt ist, Toptrainer und Toppaare. Und so kann es sein, dass ein Norweger für Japan startet.

Was nun die Musik angeht – da hat sich ebenfalls einiges geändert?

Copyrigt mir freundlicher Genehmigung durch „Valentin Behringer/BBE“

Ja, auch da hat sich viel verändert: während bei den Turnieren bei der Musikauswahl ganz strenge Regeln gelten, ist man in der Kür viel freier. Das geht soweit, dass man als Inhalt des Tanzes mit der Musik sich nicht unbedingt anbietende Themen ins Tänzerische umsetzt. Da hat sich z.B. ein Paar  einen ‚Verkehrsunfall‘ als Gegenstand des Tanzes erkoren. Teilweise sieht man auch explizit politische Aussagen als Tanz dargeboten. Vom Tanzen ist da manchmal kaum noch was zu sehen. Da erlebt man jede Menge Shownebel und dunkle Kostüme. Man wälzt sich mehr auf der Tanzfläche herum als dass man tanzt. Früher hätte man eine eher klassische Gesichte erzählt: Flirt, Liebe, Drama, Eifersucht. Das gibt es natürlich auch heute noch. Daneben aber immer wieder die Absicht, Themen zu ‚Vertanzen’. Das ist so ein Modeausdruck, der das Ganze aber schon trifft.

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