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Mehr Heimat war nie Teil 2

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DER ‚BUND HEIMAT & VOLKSLEBEN‘ SORGT SICH GANZ VIEL UM DIE VERGANGENHEIT UND EIN BISSCHEN UM DIE ZUKUNFT

Um das Thema zu vertiefen, sollte man hinaufsteigen in den dritten Stock, dem Arbeitszimmer von Ursula Hülse. Sie ist seit 1974 Geschäftsführerin des Verbandes. Seit nunmehr 43 Jahren kümmert sie sich darum, dass das Herz der Trachten- und Brauchtumsvereinigung zuverlässig schlägt. Man könnte auch sagen: ohne Ursula Hülse geht nichts.

Ihr Arbeitszimmer mit seinen je verschiedensten Ablagestapeln zeugt von der Vielzahl der Baustellen, an denen sie sich täglich zum Wohle der Tradition abarbeitet. Doch wer glaubt, die leicht angestaubte Remington Schreibmaschine oder angefangenen Stickarbeiten an einem ‚Schäppel‘ würden ihren Alltag bezeichnen, dächte entschieden zu kurz. Ihr Reich ist durchaus von dieser Welt. Schon das leise Summen des Rechners verrät, dass sie sich bei der Kommunikation eher auf E-Mail verlässt, als auf das Flitzen des Kugelkopfes oder gar die Sütterlinschrift.

Dort oben, knapp unterm Dach, laufen die Fäden des Verbandes zusammen. Dort werden die Termine gesetzt, die Zeitschrift gestaltet und Beiträge verbucht. Und dann noch die Pflege des Archivs. Das große verwaltungstechnische Allerlei hält sie aber nicht davon ab, ohne zu zögern sich über ihr eigenes Verständnis darüber zu äußern, was ihr die Tracht bedeutet. Jedenfalls sei ihr diese „keine Verkleidung“, um dann hinzuzufügen, für sie sei es das Symbol der „Verbundenheit zur Heimat“, „das Ehrenkleid“, das gänzlich zu akzeptieren sie sich ganze zwei Jahre Zeit gelassen hatte. Und es klingt ein bisschen, als hätte sie die Regel des Hl. Benedikt befolgt: „Man achte sorgfältig darauf, ob der Novize wahrhaft Gott sucht“.

Bei der Suche nach dem Gott des Trachtenwesens ist sie jedenfalls unermüdlich. Sie hilft dabei, wo sie kann. Unzählige Bände, die Geschichte des Trachtenwesens bebildernd, sind ihr dabei eine unverzichtbare Hilfe. Sucht ein Verein etwa eine neue Tracht, taucht sie tief ein in die Historie, ergänzt Vorliegendes, sichtet eventuell noch Vorhandene. Und man stellt sich die Frage: ist Tracht denn tatsächlich so etwas Unabänderliches, etwas, das sich kaum wandelt? Sieht es von außen zunächst so aus, als verstehe sich der Verband als Hüter des Bollenhut-Grals, so entdeckt man jenseits des ersten Eindrucks noch andere Herangehensweisen, Veränderungen (notgedrungen?) zulassend. Etwa Tatoos am Jungvolk. Ursula Hülse, Nachwuchsprobleme durchaus einräumend – „ein Riesenloch zwischen 20 und 45 Jahren“ – will sich da nicht definitiv festlegen. Das überlässt sie den einzelnen Vereinen, und räumt doch ein, dass auch ihr Vater bereits ein Tatoo getragen hatte.

Ist das eine schmale Brücke in die Zukunft?

Demnächst gibts noch Teil 3 und damit Schluß. Bleiben Sie dran.

Die Bilder mit freundlicher Genehmigung des ‚Verbandes Heimat und Volksleben‘. Und http://www.kindle-photography.de

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Mehr Heimat war nie Teil 3

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DER ‚BUND HEIMAT & VOLKSLEBEN‘ SORGT SICH GANZ VIEL UM DIE VERGANGENHEIT UND EIN BISSCHEN UM DIE ZUKUNFT

Vielleicht hilft aber auch der Kontakt zu Institutionen wie der Vogtsbauernhof auf dem Weg dorthin. Deren bewahrendes Zurschaustellen alter Schwarzwaldhäuser nebst bäuerlicher Kultur hat gerade in den letzten Jahren einen entschlossenen Schritt in die Jetztzeit vollzogen.

Das war nicht immer so. Als der SWR vor genau zehn Jahren acht Modeschulen des Landes aufforderte, sich über die Zukunft der Schwarzwälder Tracht gestalterisch Gedanken zu machen, wurde das beachtliche Ergebnis auch in den einschlägigen Unterhaltungssendungen präsentiert. Da wäre es vielleicht naheliegend gewesen, die Trachten abschließend im Vogtsbauernhof zu präsentieren.

Doch dazu kam es nicht: „Da gab’s eine Intervention“, so der damalige Landrat Klaus Brodbeck. „Da sind die ziemlich giftig geworden“. Mit ‚die‘ meint er den ‚Bund Heimat und Volksleben‘, und so bleibt hier festzuhalten, weshalb es zu der Präsentation der Trachten im Rahmen des Vogtsbauernhof dann auch nicht kam. Es scheint, als hätte die Leitung des Museums – heute dieselbe wie damals – wohl keine Möglichkeit gesehen, sich der verbandsmäßigen Einmischung zu entziehen. So stellte es sich zunächst dar, als hätte der Bund sein Kontakte weidlich genutzt, um die ‚Reinheit der Lehre’ zu bewahren. Doch wie sich die Zeiten ändern, so ändert sich vielleicht auch der Verband. Auf das damalige abschlägig beschiedene Angebot angesprochen, äußert sich der derzeitige Vorsitzende, Siegfried Eckert, weit offener. Heute könne er sich sogar vorstellen, so eine Trachtenshow in dem von der Gemeinde Gutach betriebenen Kunstmuseum zu präsentieren. Neben der bewahrenden Renovierung des Wasserrads der „Schulzebure Mühl“ wäre dies ein starkes Zeichen hin zur Zukunft.

Im Protokoll der Herbstversammlung des Bundes taucht denn auch die nicht ganz unwichtige Frage auf: „Höre wir auf oder machen wir weiter?“

Es scheint, als hätte man sich für Letzteres entschieden.

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Post von der Katz´

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Es dürfte unbestritten sein, dass der Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim zu den einschneidendsten Ereignissen  im Leben eines Menschen zählt. Herausgerissen aus den liebgewordenen vier Wänden, findet er sich wieder in einer gänzlich neuen Umgebung, die ihm zunächst völlig fremd erscheint. Da ist es gut, wenn er beim Umzug in den neuen Lebensabschnitt zumindest das eine oder andere ihm Vertraute mitnehmen kann. Hier ein silbergerahmtes Foto der Enkel, dort das Blaupunktradiogerät mit dem die Programmstärke anzeigenden ‚Katzenauge’ oder, was am besten wäre, er könnte die  Katze gleich selbst mitnehmen. Dass dies in manchen Häusern bereits heute möglich ist, durfte die ältere Dame in einem Altenpflegeheim im Markgräflerland erleben. Dort erlaubte man ihr, ihre geliebte Katze auch weiterhin bei sich zu behalten.

Dies war umso problemloser, da es sich bei ihr um ein ebenso schönes,  wie verschmustes Tier handelte, das sich – wen wundert´s – der Sympathie und Zuneigung der vielen älteren Damen erfreute. So konnte die Katze fortan zur Verschönerung des Alltags zahlreicher Menschen maßgeblich beitragen.

Nun geschah es aber, dass die Eignerin der Katze eines Tages starb. Ungeachtet des Todes der vormaligen Besitzerin strich die Katze wg allgemeiner Beliebtheit aber auch weiterhin von Zimmer zu Zimmer, wo man sie unentwegt mit den üblich eigenartigen Zischlauten („bsbsbsbsbsss“) ins Innere der Zimmers lockte. Dort wurde sie gestreichelt. Man wird nicht zu weit gehen, wenn man  diese Form der Zuneigung seitens der Heiminsassen als durchaus lebensverschönernd, ja, lebensverlängernd betrachtet.

In der auch auf einer Pflegestation durchaus herrschenden Hierarchie konnte fortan diejenige Pflegebedürftige punkten, auf deren Schoß die Katze sich möglichst lange schnurrend aufhielt. „Bei mir“, so war dann manchmal zu hören, „hat es die Katze halt am besten“. Die Verweildauer der Katze wurde so unausgesprochen als positiver Akt gedeutet. Sie legte Zeugnis ab von der emotionalen Fähigkeit der streichelnden Heimbewohnerin. In der Welt der freundlich dekorierten Zimmerfluchten einer Pflegestation konnte dies durchaus als prestigeförderndes Merkmal gelten.

Nun war aber dem aufmerksamen Pflegepersonal nicht entgangen, dass sich die Verweildauer der Katze auf je einzelnen Schößen ungleich verteilte, d.h. es gab Heiminsassinnen, die in zunehmendem Maß von dem Schmußebedürfnis der Katze profitierten. Zunächst wurde dies auch mit übergroßer Freude registriert, was sich aber alsbald ins Gegenteil verkehrte, wenn die Heiminsassin nämlich bald darauf verstarb und  den Streicheldienst zwangsläufig ein-stellte.

In den Schwesternzimmern wurde dies zunächst augenzwinkernd registriert, eine Eigentümlichkeit, der man anfänglich kaum Beachtung schenkte. Ja, es wurden sogar Witze gerissen, wie denn der Pflegedienst mit seinen Härten von Zeit zu Zeit durchaus nach heiteren Momenten verlangt. Anfänglich gab das möglicherweise zu erwartende Ableben einer Person nach dem häufigen Besuch der Stationskatze noch Anlass zu spaßigen Wetten. Einmal wurde eine  eintreffende Vorhersage sogar mit einer Geschenkpackung ‚MonCherie’ entlohnt!

Allmählich sensibilisiert, verdichtete sich der Verdacht, dass mit dem häufigen Besuch der Katze das baldige Ableben der Besuchten einherging. Dies veränderte die Stellung der Katze innerhalb der Abteilung aufs nachdrücklichste. Was zunächst das Personal noch zu Späßen ermunterte, wurde durch die zunehmenden Regelhaftigkeit und deren empirische Unterfütterungen bitterer Ernst.

Dabei wurde der Kreis der dies Ahnenden  zunehmend größer. Es war nicht mehr auszuschließen,  dass der Verdacht, innerhalb der Station eine behaglich schnurrende Todesbotin zu beherbergen, bis zu den Pflegeinsaßen durchsickerte.

So entschloss sich die Heimleitung zur großen Irritation und Trauer der Heimbewohner, die Katze in ein anderes Heim zu geben.

Wobei angefügt werden muss, dass es sich dabei um ein Tierheim handelte.

 

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Dabei sein ist alles

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Haben wir Corona überwunden, sind wir dann auch von Karl Lauterbach geheilt?

Man wird nicht umhinkommen, Corona als eine der – um es jetzt einmal zeitgemäß zu formulieren – schlimmsten Epidemie aller Zeiten zu bezeichnen, zumindest seit der Pest und der Spanischen Grippe. Beide sind nun ja schon ein ganzes Weilchen her. Aber wie jede einschneidende gesellschaftliche Veränderung, so bringt auch diese Epidemie neue Berufsbilder hervor. Die großen Pest des Mittelalters ging z.B. einher mit dem flächendeckende Auftauchen von Heilsversprechern, die den Menschen in den meisten Fällen nur das Versprechen auf Heilung vorgaukelten.

Für diese ‚Fachleute‘ wäre die Seuche also durchaus eine Art Wirtstier gewesen. Sie tauchten auf im Schlepptau der Krankheit. War die Seuche dann endlich vorbei, die Toten tot oder die Über-lebenden geheilt, reduzierte sich auch die Anzahl dieser Heilversprecher auf ein gewisses, vertretbares Maß. Noch aber sind wir mitten in einer Pandemie.

So ist es mehr als verständlich, dass noch immer Karl Lauterbach seinem medialen Tun frönt. So recht weiß eigentlich keiner, welche Aufgabe er innerhalb der Hierarchie tatsächlich begleitet. Er sei, so wird immer wieder kolportiert ‚der Gesundheitsexperte der SPD‘, aber , herrjeh, davon  gibt es derzeit ja so viele. Da sollte man sich von anderen Gesundheitsexperten schon etwas unterscheiden. So  pflegt z.B. keiner wie er diesen leicht näselnden Tonfall, der, ohne Punkt und Komma, bandwurmartige Sätze hervorbringt, die sein Verkünder vielleicht schon morgen selbst zu revidieren sich gezwungen sieht. Dass er diese Richtungsänderung als Ausdruck seiner übergroßen Kompetenz („ich darf das“) gewertet wissen will, ist ein probates Stilmittel. Gerade in Zeiten wie diesen.

Karl Lauterbach noch vor der Krise

Dass er, völlig zu recht, die derzeitige Pandemie als eine Art Volkskrankheit ansieht, hätte man allerdings schon länger daraus ablesen können, dass Karl Lauterbach sein Markenzeichen, die Fliege, abgenommen hat. Seitdem ist er uns, dem Zuschauer, um eine Beträchtliches näher gekommen. Auch gestattet er sich in letzter Zeit, dass sein dünnes Haupthaar ungeordnet in die blasse Stirn fällt; auch hier der unterschwellige Hinweis, dass das gleich zu Verkündende zu wichtig sein wird, als dass der Überbringer der Botschaft sich mit der Pflege seines Haupthaares aufhalten sollte.

So vermittelt er den Eindruck des ewig Getriebenen, des Rastlosen, der in seinem tiefsten Inneren wahrscheinlich schon den Tag fürchtet, an dem Corona verschwunden sein wird und er dahin zurück soll, woher er gekommen war: auf die harten Bänke irgendeines Bundestagsausschusses.

Immerhin wäre dann die Gefahr gebannt, dass er – mitten in der Nacht um ein Statement gebeten –seine zwei dünnen Haarsträhnen in die Stirn wirft und vor lauter Sendungsbewusstsein das ihm vorgehaltene Mikrofon womöglich mit einer Kamera verwechselt.

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Die Plattenleger

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640px-swr1-svgSWR 1 dreht derzeit wiedermal total hoch. Warum nur, warum?

Was ist denn da los? Ein Megaereignis brettert derzeit wieder über das Land. Die SWR 1 Hitparade! Nur das Beste vom Besten. Bauern vernachlässigen ihre Felder, Mütter ihre Kinder. Väter weigern sich, nach der Ankunft am Arbeitsplatz aus dem Wagen zu steigen. Sie haben Angst, die Position 1005 der Hitparade zu verpassen. Lehrer hören heimlich auf dem Klo, und in Dubai läuft ein Stuttgarter mit Kopfhörer durchs Büro. Jeder Titel zählt.

Angesichts dessen ist es absolut verständlich: soviel Selbstlob der Moderatoren war nie. Die Hörer stehen Kopf, alle sind ganz Ohr. Und dann auch das noch: nachdem man sie ungefähr fünf Mal hatte verschieben müssen, war es den tollen Radiomachern zu guter Letzt sogar noch gelungen, die ‚Valentyne Suite’ von Colosseum in voller Länge von 17 Minuten auszuspielen. Der helle Wahnsinn! Helden des Alltags. Ansonsten gibt’s ganz viel Musik, die man sonst nie hört. Und alle sind aus dem Häuschen, einschließlich der Hörer.

Foto-6Vielleicht wäre es allmählich mal an der Zeit, zu fragen, warum man sich weitestgehend an das sogenannte Formatradio gebunden hat? Denn das ist verantwortlich dafür, dass der Sender jahrein, jahraus sogenannte Playlists runternudelt, d.h. eine bestimmte Menge von Hits („Der größte Hit aller Zeiten“ ist zugleich auch der dümmste Satz aller Zeiten) wird in die Rotation gegeben, weshalb auch der schönste Titel mit der Zeit nervt. Schnelles Programm. Lieblos gemacht. Ein ehemaliger Musikchef des SWR: „Wer vom Musikteppich spricht, gibt zu, dass man auf ihm rumptrampelt“.

Vielleicht wäre es langsam mal an der Zeit, sich von einem gänzlich durchformalisierten Musikprogramm zu lösen und in einem bestimmten vorgegebenen Musikrahmen liebe-voll Titel auszuwählen, die dem Hörer Spass machen, die ihn überraschen? Denn sonst könnte das passieren, was in den letzten Jahren immer mal wieder passiert ist: dass ein kommerzieller Sender dem öffentlich rechtlichen Programm vormachen, wie es auch gehen könnte.

Dazu müsste man aber den Musikredaktionen im Haus wieder den Stellenwert einräumen, den sie im Lauf der letzten Jahre hörbar eingebüsst haben: selbstständig agieren zu können und so ihren Teil zum Erfolg beitragen zu dürfen. 

So bleibt also die alles entscheidende Frage: warum spielt SWR 1 die gute Musik, die sie während der Phase der Hitparade präsentieren,  nicht das ganze Jahr über? 

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