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„Es spricht nicht!“ – Neues von der Reinigungskraft !

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Also diese Reinigungskräfte…!

Frau Herta Gebert heißt die unsere, und wir hatten verschiedentlich über sie berichtet. Vielleicht ist durchgedrungen, dass ihre Fähigkeiten am Wischmop eine merkwürdige Entsprechung finden im Geschriebenen, das sie uns von Zeit zu Zeit auf den (abgestaubten) Tisch legt. So erst jetzt wieder, als sie mit einer – nun ja – kleinen Kurzgeschichte aufwartete, die uns so gefallen hat, dass wir sie hier gern auf unserer Website platzieren. Es scheint sich um eine Geschichte aus dem Leben ihrer Familie zu handeln, was umso erstaunlicher ist, als dass sie über ihre Familie bis dato nie ausführlich gesprochen hatte. Da kann man mal sehen!

Hier also die kleine Geschichte:

Es spricht nicht 

Vater spricht, Mutter spricht, aber das Kind spricht nicht. Da hilft auch kein aufmunterndes Lachen; weder Musik, Rufen, Scherzen – keine Reaktion. Das Kind, das demnächst drei Jahre alt wird, bleibt stumm. Zwar hat man den Eindruck, dass es mit seinen dunklen Augen die Welt draußen durchaus wahrnimmt. Besonders wenn es Bobbycar fährt meinte man von ihm schon leise, an ein Motorgeräusch erinnernde Geräusche gehört zu haben. Das wohl. Nur sprechen tut das Kind nicht.

Das ist umso bemerkenswerter, als dass seine zwei Jahre ältere Schwester in ihrer sprachlichen Entwicklung einen altersgerechten Verlauf verzeichnet. Sie ist lebendig und aufgeweckt undredet mit allen. Mitunter wird es einem fast schon zu viel, weshalb die Nachbarin einmal anmerkt, das Mädchen plappere ständig. Man kann es halt niemandem recht machen, denkt die Mutter und schweigt.

Und doch bleibt das Schweigen des anderen Kindes ihr eine ständige Sorge. Dabei lässt sie nichts unversucht.

So hatte das Kind erst neulich einen bunten Plastik-Laptop von „Toys are us“ geschenkt bekommen. Als dessen herausragende Eigenschaft erweist sich seine Fähigkeit zu einer Art Kommunikation mit dem Menschen. Dabei handelt es sich um eine Art ‚Frage – Antwort’ Spiel. Das in kindgerechten Farben gehaltene Gerät vermag auf eine vom Kind gestellte Frage weitestgehend sinnvolle Antworten zu geben. Diese liegen im Inneren des Gerätes auf einer Festplatte bereit.   Fragt das Kind z.B. seinen Laptop: wo ist deine Mutter? Dann erhält es zur Antwort: in der Küche. Die Frage nebst dazugehöriger Antwort wird sodann von dem Spielzeug mit einem jauchzenden Geräusch belohnt.

Aber auch andere Fragen sind möglich. Etwa nach dem derzeitigen Aufenthaltsort des Vaters. Bei dieser Frage wartet das Gerät sogar mit zwei möglichen Antworten auf. Entweder sagt eine quäkende Stimme: „Er ist im Kontor“ oder aber „Das Auto ist in der Werkstatt“. Auch dann gibt’s wieder ein jauchzendes Geräusch zur Belohnung. Offensichtlich alles richtig. Kurz: eine Fülle von Möglichkeiten könnte einem jungen dialogbereiten Menschen den Weg aus der sprachlichen Isolation weisen. Das ist viel Aufwand; das Gerät war ja auch nicht billig.

Doch alles vergeblich. Das Kind bleibt stumm.

Einmal versucht es die Familie mit einer aufwändig inszenierten Geburtstagsfeier. Doch zeigt es sich, dass die Anwesenheit so vieler möglicher Spielkameraden in der Wohnung das Kind eher verschreckt, als es zum Sprechen zu verleiten. Auch während der Feier, in Anwesenheit unzähliger Spielkameraden, geht eine seltsame Stille von ihm aus.

Eines Tages aber bemerkt die Mutter, dass der Kleine mit großem Interesse in einer Modezeitschrift blättert. Offensichtlich hat die dort abgebildete Trachtenmode seine ganze Aufmerksamkeit erregt. Doch selbst der Besuch von Loden-FREY und der Ankauf eines kleinen putzigen Trachtenanzugs vermag die Situation nicht nachhaltig zu verbessern. Angesichts der nach wie vor unbefriedigenden Situation rät der Kinderarzt, das Kind in eine Kinderkrippe zu geben. Doch sollte es nicht eine x-beliebige sein. Er hat das ‚was im Auge, wie er sagt..

Und in der Tat scheint es sich dabei um eine Einrichtung zu handeln, die ihren exzellenten Ruf auch verdient. Helle, freundliche Räume, zudem pädagogisch geschultes Personal, kurz: eine Umgebung, der man sein Kind gern anvertraut. Zudem – sagt die Krippenleiterin – stünde immer ein Arzt bereit, falls die Situation es erfordere, was aber noch nie vorgekommen sei. Sie ist eine diplomierte Sozialpädagogin. Aber, fügt sie hinzu – man weiß ja nie. Und: sicher ist sicher. Darüber hinaus empfiehlt sich die Einrichtung durch einen wirklich großen Parkplatz, ist also mit dem Fahrzeug leicht anzufahren. Aber auf eines, sagt die Leiterin, muss sie jetzt aber noch unbedingt hinweisen, und sie wisse nicht, ob sie, die Mutter des Kindes, das schon weiß: es ist eine englischsprachige Einrichtung, d.h., man spricht mit den Kindern ausschließlich englisch.

Nach Rücksprache mit ihrem Mann entschließt man sich, das Kind in die Hände des Hortes zu geben, wo es dann auch aufs freundlichste aufgenommen wird. Selbst nach einer Woche vermag die Leiterin der englischsprachigen Krippe auf Nachfrage nichts Verhaltensauffälliges an dem Kind feststellen. Nur sprechen tut es halt noch nicht.

Durchaus nicht unwillig, lässt es sich täglich von seiner Mutter morgens in die Krippe chauffieren und gegen Spätnachmittag nach Hause verbringen. Auch spielt es fleißig mit den anderen Kindern. So weit wäre also alles in Ordnung.

Leider aber bleibt das Kind auch weiterhin stumm.

Bis an einem hellen, kalten Sonntagmorgen. Die Sonne wirft ihre klaren Strahlen durch das noch mit Weihnachtssternen dekorierte Fenster des Kinderzimmers. Träumerisch an einem Faden von der Decke hängend, baumelt vor dem Fenster ein geschliffener Glasstein. Er bündelt die Sonnenstrahlen und projiziert regenbogenfarbene Lichtflecken an die weiße Wand. Alles ist still.

Da kann man deutlich hören, wie der Kleine sagt: „Yes, Sir“.

Die Mutter blickt auf, aber sie versteht nicht. Sie kann kein Englisch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Allgemein Institutionen Kultur

Die Landeshymne: „In Deutschlands tiefem Süden (da liegt das schöne Land)“

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Der Versuch ist’s wert: Ein gemeinsames Lied für  Baden-Württemberg

Es war 2002, da feierten wir das Jubiläum unseres Bundeslandes. ‚50 Jahre Baden-Württemberg’. Ein rieser Jubel, dem sich auch der SWR anschloss. Die anfangs nicht so geliebte Fusion wurde gebührend gefeiert, so auch mit einer Folge der damals beliebtesten volkstümlichen Sendung „Der Fröhliche Alltag“, über 10 Jahre moderiert von Heinz Siebeneicher und seiner damaligen Assistentin ‚Frau Wäber“.

Anlässlich dieses Jubiläums dachten sich die Macher zudem noch etwas ganz Besonderes aus: ein gemeinsames Lied, in dem sich sowohl die Schwaben als auch die Badener wiederfinden sollten. Ein Baden-Württemberg Hymne. Das war immer mal wieder versucht worden, bislang allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Das sollte sich ändern.

Die Idee war folgende: wir Badener haben ja das „Badnerlied“, und sind insofern gut versorgt. Zudem hat das Lied ja im Laufe der letzten Jahre durch die Erfolge vom KSC und vom SC Freiburg noch einmal zusätzlich einen starken Aufwind bekommen. Bei den Spielen der Vereine wird das Lied immer wieder lautstark gesungen. Anders unsere Freunde aus dem Schwäbischen. Die tun sich da ein bisschen schwerer. „Preisend mit viel schönen Reden“ – nun ja, schön und gut, aber kein Hit. Und die „Schwäbische Eisebahne“ taugt ja auch nur eingeschränkt als Hymne. Schließlich ist am Ende des Liedes die Geiß ja tot…

Geht also auch nicht. Da hatte sich jetzt ein gemeinsames Lied angeboten, das alle singen können, vor allem auch dann, wenn sich die Gesangvereine – was ja öfter passiert – gegenseitig besuchen. Und auch den Touristen beides Landesteile sollte es gefallen. So der Plan. Und so kam es denn auch.

Die Macher machten sich also dran und schufen ein Lied mit dem Titel: „In Deutschlands tiefem Süden (da liegt das schöne Land)“. Dieses Lied wurde in Anwesenheit des damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel erstmalig präsentiert. Eine Uraufführung. Mit dabei waren die Flippers, die Schwarzwaldfamilie Seitz und viele andere, die man von entsprechenden Fernsehsendungen kennt. Walter Scholz hatte den Trompetenpart übernommen, und Frau Wäber sorgte für Lacher.

Kurz, man erlebte alles, was Rang und Namen hat. Das reine Vergnügen. Dementsprechend war auch die Einschaltquote: mehr als 1 Million Zuschauer waren Zeuge dieser sängerischen Geburt und waren dementsprechend begeistert.

Das Ereignis sollte man sich bei Youtube (www.youtube.com/watch?v=fdiCsQVE9f4) unbedingt mal ansehen! Ein rundum fröhliches Lied, das die Herzen der Menschen ergreift.

Nun, dachten die Macher, wäre es, nach so vielen Jahren, vielleicht an der Zeit, sich das Chor-Projekt nochmal vorzunehmen. Denn eines wird beim Betrachten und Hören klar: es ist ein richtiger Ohrwurm geworden. Einmal gehört und schon lässt er einen nicht mehr los. Ein Hit.

Hier also erst mal ein Textausschnitt.

                          In Deutschlands tiefem Süden, da liegt das schöne Land,

und allen, die wir’s lieben, ist dieses wohlbekannt.

Vom Schwarzwald bis zum Bodensee, von Stuttgart bis zum Rhein:

im Ländle Baden-Württemberg, ja da sind wir daheim.

 

Ein jeder Weinfreund weiß genau, hier wächst der beste Wein.

Kein Wunder, denn er wird verwöhnt von recht viel Sonnenschein.

Und fleißig sind wir allesamt, die Badener wie die Schwaben.

Doch ist die Arbeit dann getan will Freude man auch haben.

 

Mit Schiller, Hebel, Hölderlin, das Land hat große Geister,

und voller Stolz erfreun’ wir uns am Werk der großen Meister.

Von Freiburg grüßt der Münsterturm, von Ulm der Turm nicht minder.

 Gott segne dieses schöne Land und seine Landeskinder.

 

In Deutschlands tiefem Süden…

Dafür gibt’s natürlich auch noch Noten, für Männer- oder gemischten Chor. Und dazu auch noch erhältlich den vollständigen Text. Weiter  das Halbplayback aus der SWF Sendung.. Damit hat man auch eine tolle, professionelle Begleitung für den Auftritt. Einfach mal melden. Am besten  über das Kontaktformular des www.badenblogger.de!

Ansonsten wird sich auch der Schwäbische Chorverband (http://www.s-chorverband.de/) sich mit dem Thema befassen. So hat der Verband angekündigt, in der Septemberausgabe des Verbandorgans SINGEN! sich in einem Beitrag mit dem Thema zu befassen. Also auch dort einfach mal vorbeischauen! Es lohnt sich.

Allgemein Stadtstreicher

Die Meistersinger aus Tibet

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800px-Bhutan_10Kein Zweifel. Baden-Baden ist eine durch und durch musikalische Stadt. Das fängt ja schon mit Richard Wagner an, dessen Bayreuth um ein Haar in Baden-Baden gestanden hätte. Von der Idee übrig geblieben ist heute leider nur noch ein Gymnasium gleichen Namens. Später kam dann ja das Festspielhaus hinzu, das neuerdings neidisch mitansehen muss, dass die besten russischen Sänger sich in der Fußgängerzone die Klinke in die Hand geben.

Im Sommer gibt’s von Zeit zu Zeit das Kurkonzert einer Blaskapelle aus einer Reblandgemeinde. Manchmal haben wir auch noch einige Kinder an der Blockflöte, die sich das Taschengeld aufbessern. Und dann gibts ja auch noch Marc Marshall, der aber nicht so oft singt. Und wenn, dann am liebsten bei schönem Wetter, denn dann werden seine tollen Schuhe und die Hosenträger nicht schmutzig.

Was wir aber kürzlich in der Fußgängerzone hatten, war ein exotisches Gesangs-Ensemble. Von der Statur her war das Ensemble ziemlich klein, untersetzt, ja, irgendwie quadratisch. Sie kamen wahrscheinlich aus den Anden. Oder aus Tibet. Doch, aus Tibet hätten sie eher sein können, denn sie haben total hoch gesungen, und weil man im Himalaya einen etwas anderen oder sagen wir: gestreckten Zeitbegriff hat, sangen sie auch ziemlich lang. Lang und hoch. Tibet halt.

Das wäre mir gar nicht so aufgefallen, wenn sie ein anderes Lied gesungen hätten, vielleicht noch ein Lied, ein zusätzliches also. Sie hatten jedoch nur eines dabei gehabt. Ich hatte aufgepasst, denn nachdem ich € 2 gespendet hatte, blieb ich noch ein ganzes Weilchen stehen.

Weil sie nun aber über eine längere Zeit immer wieder dieselbe Melodie sangen, konnte ich mich auf den Text konzentrieren, der sich freilich, soweit ich des Tibetischen mächtig bin, immer wieder änderte. Sehr viele Strophen drangen also an und in mein Ohr. Vor allem die vielstimmigen Frauenstimmen setzten mir zu. Ich denke jetzt mal, das war so ein tibetanisches Heldenepos, eine Art Odyssee der Berge. Allerdings – wie schon gesagt – ein bisschen gleichförmig.

Der ältere Herr neben mir hatte wohl ein Gefühl, das in die ähnliche Richtung ging, denn immer wenn ich ihn ansah, pendelte er mit seinem Körper ganz sachte nach vorne und dann nach hinten. Es war offensichtlich: er ging mit der Musik mit. Sie hatte ja auch etwas Meditatives.

Nach etwa 20 Minuten – meine € 2 waren inzwischen aufgebraucht – bin ich kurz nach Hause. Ich wollte nur kurz meine Kamera holen, um das Ereignis für den BLOG zu bebildern. Beim Weggehen dachte ich noch, dass allenfalls die Enkelkinder des älteren Herren das Ende des gesungenen Epos noch erleben würden. Deshalb beeilte ich mich nicht übermäßig mit meiner Rückkehr, zumal die Frauenstimmen beim Weggehen noch ganz kräftig klangen. Als ich dann wieder zurückkam, war die Gruppe weg. Plötzlich hatte es sich ausgesungen. Stille. Es war, als hätte sie der Erdboden verschluckt. Vielleicht war der ganze Chor in eine von ihm selbst besungene Gletscherspalte gerutscht? Man weiß ja nie.

Und der ältere Herr, der war auch nicht mehr da. Ich schätze, den hatten sie gleich mitgenommen bei ihrer Höllenfahrt.

PS So wie auf dem Bild, hatte der Chor nicht ausgesehen.

Allgemein Auswärts

Die Stars der Mehrzweckhalle

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In Auggen: Leistungsschau der Osterhasen

HasenbildDer Kreisverband Müllheim schätzte Kurt Schuhmacher so sehr, dass er ihm den Ehrenvorsitz antrug. Zeit seines Lebens hatte er sich um das Kaninchen verdient gemacht, ja, man könnte fast sagen, er hatte den für einen Züchter so wichtigen Stallgeruch. So kam es, dass er zum Vorbild unzähliger Jungzüchter wurde.

So z.B. für Frank Martin. Er erhält auf der 25. Kreiskaninchenschau in Auggen für sein Zuchtergebnis („Neuseeländer, rot“) 385,5 Punkte. Es war die beste ‚Sammlung der gesamten Ausstellung‘. Veredelt wird das Ergebnis noch dadurch, dass die Konkurrenz an jenem vernieselten Wochenende doch recht stark war. Erstaunlich viele der 400 präsentierten Kaninchen fühlten das Auge der Juroren wohlgefällig auf sich ruhen und sahen sich völlig zu recht mit dem Prädikat ‚vorzüglich‘ in den heimischen Stall entlassen.
Ein schöner Erfolg für alle, diese Kreisschau in der Winzerhalle. Das Gebäude liegt direkt an der Hauptstraße, gleich neben der ortsansässigen Winzergenossenschaft, die auch in diesem Jahr wieder mit vereinzelten Weinpräsenten (Auggener Schäf) zum Gelingen des Ganzen beigetragen hatte. Die Winzerhalle selbst – groß genug, um der Deutschen Bahn AG als Veranstaltungsort für das Rentnerevent ‚Der schöne Tag‘ zu dienen – ist für die Kleintierschau allerdings etwas überdimensioniert, zumal die diesjährige Ausstellung eher unglücklich platziert ist zwischen der Kaninchenausstellung Freiburg und der Bundesschau auf dem Stuttgarter Killesberg mit angekündigten 30000 Tieren. Dafür beträgt der Eintritt in Auggen aber auch nur zwei Euro.

Dass sich die Halle schön gemacht hätte für ihre pelzigen Stars lässt sich freilich nicht gerade sagen. An ihren Holzwänden hängen in dekorativer Absicht diverse Flaggen in den Farben schwarz/rot/gold oder im Blau des geeinten Europa. Mit einem ‚Herzlich willkommen!‘ lädt ein beschriftetes Tuch zum Verzehr selbstgebackener Buttercremetorten auf. Am Eingang wirbt ein gelbes, eingerissenes Plakat für die nunmehr vergangene Wahl einer Disco-Queen (‚Miss No.1‘), die in einer Belchenhalle stattgefunden haben muss. Daneben annonciert MASSA MÖBEL ein ‚Probewohnen satt‘, jeden Sonntag von 13.00 – 14.00 Uhr. Und da, wo letztes Jahr die Kastelruther Spatzen die Hymne der alleinerziehenden Mutter („Aber die Sehnsucht bleibt“) präsentiert hatten, stehen jetzt 400 Drahtkäfige mit ihren flauschigen Exponaten, jahreszeitlich geschmückt mit Osterglocken und Weidekätzchen.

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Und doch, wer weiß, vielleicht wird das eine oder andere Tier das Fest in der Pfanne erleben? Der Kreisvorsitzende jedenfalls schätzt Kaninchenfleisch außerordentlich. Lecker zubereitet sei es eine Delikatesse, zumal der Verband der Kaninchenzüchter – zusammen mit dem Fachorgan ‚Das Kaninchen‘, der sogenannten ‚Bewertungskarte‘ und einem Jahreskalender – praktischerweise auch noch Kaninchenrezepte im Sortiment führt, vornehmlich anzuwenden bei missratenen Zuchtergebnissen.

Nun lässt sich ein solcher Verlust auch verschmerzen, denn wer – wie die meisten Züchter – allwöchentlich die Ställe von mehr als 50 Tieren ausmistet, den mag schon einmal der große Hunger überkommen. Ohne seine Frau ginge das gar nicht, sagt der Züchter, der zwischen dem 16. und 18, Lebensjahr allerdings einen ‚Aussetzer‘ gehabt habe: „Da hab‘ ich lieber poussiert“. Es traf sich dann aber gut, dass der Bruder seiner späteren Frau ebenfalls Hasen züchtete, und als er in einer Tombola ein Kaninchen gewonnen hatte, da war er wieder mit dabei. Nachwuchssorgen im Verein? Eigentlich nicht. Wichtig für das Weitermachen sei der ‚Club der ehrgeizigen Väter“. Die erzögen ihre Sohne zur Zucht. Sein Vater z.B. habe 250 Hasen im Stall gehabt. Bei ihm selbst seien es über hundert, ja, er rechne im Monat mit über 90 Euro Kraftfutter.
Gewinn wirft das Ganze nicht ab. Der Preis eines Zuchttieres beginnt bei 40 Euro und dürfte bei 120 Euro aufhören. Dass in Kassel ein Tier für über 800 Euro den Stall gewechselt haben sollte, hält er für überzogen.
So taucht der Interessierte ein in eine Welt voller im Stroh liegender Geheimnisse. Er erfährt, dass es allein 49 Normalhaarrassen gibt, die so illustre Namen tragen wie ‚Blauer Wiener‘, ‚Weiße Hotot‘, ‚Großer Marder‘, ‚Sachsengold‘ oder ‚Perlfeh‘. Weiter verzeichnet der verbandseinheitliche ‚Einheits-Standard ’91‘ die ‚Rheinische Schecke‘, ‚Havanna‘ oder den ‚Deutschen Riesen, grau‘. Diese Rasse kennt z.B. beim Höchstgewicht keine Grenze nach oben, darf also mehr als 7 Kilo auf die Waage bringen. Dafür gibt’s dann die maximale Zahl von 20 Punkten. Anders die ‚Rex Zwerge‘. Sie erreichen die maximale Punktezahl bei 1,4 Kilo. Darüberhinausgehende Pfunde gibt Abzug. Gerade der ‚Deutsche Riese‘ ist ein Prachttier, der seinen Käfig mühelos ausfüllt. „Er hat ein 20er Ohr“, so der Kaninchenkundige.
Und dann noch die Bewertungskriterien für fehlerhafte Abweichungen! Mag der Juror das ‚lose am Körper sitzende Fell‘ noch einigermaßen durchgehen lassen, man auch ein ‚gespaltener Penis‘ die Wertung nicht ganz verhageln, so schlägt das ‚vollständige Abweichen vom Typ‘ schon ganz anders zu Buche. Ganz schlecht sind auch X- oder O-Beine, ‚ausgeprägter Häsinnenkopf beim Rammler‘ oder gar Schlepphode. Da windet sich der Fachmann mit Grausen, so, als wäre dem Züchter bei einem derartigen Ergebnis das weitere Züchten zu widerraten.
Der hätte sich – unter Hinzuziehung der Züchterbibel ‚Rassekanichenzucht‘ – besser rechtzeitig kundig gemacht. Dort hätte er z.B. erfahren wie es sich mit den ‚Erbwerten der Familie‘ verhält. Er wüsste, in welcher Landschaft er den Stall nach welcher Himmelsrichtung ausrichten muss. Ferner auch, dass in schlechten Jahren mehr Kaninchen gezüchtet werden als in guten (so wurden 1918 viermal soviel Kaninchen gehalten als vor dem Krieg). Weiter erfährt er dort, dass die Bergleute eine starke Affinität zu diesem Tier hegen und dass es des großen vaterländischen Kriegs bedurft hatte, den deutschen Soldaten vom Nutzen des Stallhasen zu überzeugen. Der Krieg als Vater aller Hasen?

Doch ist dem umfangreichen Kompendium der Kaninchenkunde auch Praktisches zu entnehmen: „Wer die Geburt z.B. an einem Sonnabend wünscht, lasst die Häsin Mittwochs zu“ (hier sollte man vielleicht ergänzend anführen, dass dazwischen naturbedingt ein Monat liegt). Und weiter führt der Verfasser aus: „Nach der Begattung lässt sich der Rammler dann meist mit einem knurrenden Laut seitwärts von der Häsin abfallen, wobei er noch einige Sekunden an ihr liegenbleibt“.
Da ist es nur nützlich, dass der Katalog zur Kreisverbandschau Rammler und Häsin klar getrennt aufführt. Die Zeichenerklärung weißt aus: 1,0= männlich, 0,1=weiblich. ’nb‘ heißt ’nicht befriedigend‘ und ‚ob‘ = ohne Bewertung. Weiter informiert uns der Katalog, dass Günter Hurst mit 6 Euro an der Herstellung des Katalogs beteiligt war und dass das Mischfutterwerk Rappenecker 2 Sack Kraftfutter beigesteuert hatte. Willi Hartenbach, der Kreisverbandvorsitzende, hatte ein T – Shirt gespendet. Darüber hinaus war er es, der zusammen mit Karl Triebwetter den Transport der Käfige besorgt hatte.
So bleibt dem Besucher – nach aufwärmendem Kaffee und Kuchen, vor allem der Blick aufs Wesentliche und die Einsicht in eine Welt, zu der er nimmer Zugang gefunden hätte, hätte es nicht gegolten, einen Sonntagnachmittag im Markgräflerland zu überbrücken. Nur so kam es, dass er sich erfreute an der „…geradezu zwingenden Unterhaltungskraft und Erbaulichkeit des Tieres, des pelzigen und des gutmütigen und traulichen Haustieres zumal“ (E.Henscheid)

Allgemein Institutionen Kultur

Wenn die Wellen Weihrauch tragen 1

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Im SWR: wieviel Kirche darfs denn sein?


Selbst von weit oben betrachtet, ist es kaum zu übersehen: hienieden ist es ein Kreuz mit der Kirche. Zuviel der Gründe, vom Glauben abzufallen. Zunächst wären da die unzähligen Anklagen, mit denen eine zunehmend große Schar von Missbrauchsopfern lautstark auf sich aufmerksam macht. Weiter schwelt der Streit ums Zölibat. Kann Abschaffen die Lösung sein? Und was dann? Unüberhörbar auch die Forderungen der Gruppe ‚Maria 2000‘, die mit unchristlich harter Hand an die Hl. Pforten der Amtskirchen klopft und fordert, dass Frauen, Schwulen und anderen Gruppen deutlich größere Rechte in der Liturgie eingeräumt werde.
Dies alles und noch viel mehr führt offensichtlich dazu, dass man höheren Orts konstatieren muss, dass Gläubige in Scharen aus der Kirche austreten. Kein Wunder also, dass da, wo früher die Gottesdienste gut und fromm besucht waren, sich eine zunehmend kleinere Schar von Gutgläubigen einfindet, die sich ihr bisschen Glauben partout nicht nehmen lassen will. Noch stemmen die loyalen Gläubigen sich verzweifelt gegen das, was offensichtlich ist. Das laugt den Glauben aus. Wo früher froher, frommer Gesang war, vernimmt man zunehmend nur noch verstörtes Gemurmel.


Doch gemach: trotz all dem Jammer – einer steht nach wie vor in Treue fest an der Seite der gebeutelten Amtskirche. Der Öffentlich rechtliche Rundfunk.


Wer sich einmal die Mühe macht, am Sonntagmorgen den Hörfunk des SWR einzuschalten, trifft auf eine schier unübersehbare Anzahl von Kirchsendungen, die unbeirrt suggerieren, dass genug nicht genug sei. Noch lange, scheint es, gibt es keinen Grund, das Präsenz der Amtskirche in den Massenprogrammen auch nur ein wenig einzuschränken. Vieles hat sich einfach eingeschliffen. Business as usual. Die Stellen sind ja bewilligt, das Geld scheint vorhanden. So verfügt man über einen reichen Personalstamm von etwa 100 Frauen und Männern, die sich ums Seelenheil der ZuhörerInnen kümmern; nicht mitgerechnet die festangestellten KollegInnen, die, ausgebildet in konfessionellen Journalistenschulen, in stiller Sympathie ihrer segensreichen Ausbildung danken.

So gibt es die „SWR 3 Worte“, SWR2 sendet das „Wort zum Tag“, Es gibt die „Morgengedanken Baden-Württemberg“, den „Morgengruß“ aus Rheinland-Pfalz, „Sonntagsgedanken“, „Feiertags-gedanken“ und den „Abendgedanken“. Weiter „Anstöße Baden-Württemberg“, „Begegnungen“ usw. Nicht gerechnet das Übertragen der Gottesdienste am Sonntag- und Feiertagmorgen. Kurzum: es ist eine schier unüberschaubare Menge an kürzeren und längeren Beiträgen, die sich da über den Tag verteilt um das Seelenheil der Zuhörer verdient machen.

Dabei gibt man sich weltoffen und tolerant. Viele Beiträge beginnen mit der Standardformel. „Geht es Ihnen nicht auch so, liebe Hörer und Hörerinnen…“, um danach an die unmittelbaren Erfahrungen der Gläubigen anzuknüpfen. Spürbar ist: man will sie abholen. Da fährt z.B. Dominik Frey, katholische Kirche Baden-Baden, mit seinem Motorrad und Kumpels nach Vézelay im Burgund, vor Jahrhunderten eines der größten Klöster, um dort dem Gesang der Mönche zu lauschen und so eine spirituelle Erfahrung zu machen. Wovon er dann erzählt.

Wolfgang Drießen von der Katholischen Kirche in Saarbrücken wird gar ein Gefühl nicht mehr los: „Ich glaube, ich muss mir auf meine alten Tage wieder die Haare lang wachsen lassen. Und wenn das nicht reicht, dann nehme ich eine Woche Urlaub, lege ich mich ins Bett und lade zu einer Pressekonferenz ein“. So knüpft er in seiner Botschaft an die Pressekonferenz von John Lennon mit Yoko Ono an, in der die Beiden vom Bett eines Hotels aus ein Happening für den Frieden gestalten. „Give Peace a Chance“, ruft da auch Wolfgang Drießen am Ende des Beitrags den Gläubigen zu. Schön – nur wer würde das nicht wollen ?

Natürlich wäre es ein Leichtes, sich über die Inhalte der Botschaften einzelner Pfarrer oder PastorenInnen zu mokieren. Da ist vieles nachvollziehbar, manches ist gut, anderes nicht so gut. Vor allem ist es dann nicht gut, wenn  sich der Beitrag in peinlicher Weise der Gemeinde anbiedert und der Prediger oder die Predigerin sich zeitgeistgetränkt an die Parteiprogramme der Grünen anlehnt. Über all den Worten zum Thema Natur, Gender, Krieg in der Ukraine, Migration u.Ä. wähnt sich der Zuhörer plötzlich inmitten eines Kirchtages, wo man, angetan mit lila Halstuch auf dem Boden sitzend, weniger der Ankunft des Herrn als dem Auftritt der allseits geschätzten Margot Käßmann entgegenfiebert.

Das alles und noch viel mehr ist freilich abgesichert „durch das Recht der Kirchen ,auf angemessene’ Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch den Gesetzgeber“. Soweit verständlich, doch bleibt jetzt die Frage: was ist ‚angemessen‘? Und wer entscheidet darüber?

Tja, wer? Mehr demnächst. In Teil 2

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