Neu: die Ausstellung „DIE KERZE“ im Frieder Burda Museum in Baden-Baden
Helmut Friedel, der Kurator der Ausstellung, hatte ja nicht ganz Unrecht, wenn er anmerkt, dass der Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung in diesen Tagen durchaus in die Jahreszeit passt. Allerdings muss man nicht unbedingt das zeitgemäß Vorweihnachtliche bemühen, um der jüngsten Schau des Frieder Museum noch einiges mehr abzugewinnen.
Denn wieder einmal überrascht uns das Museum mit einem zeitlos interessanten Thema. Ausgehend von einem der wichtigsten Werke des Bestandes, der ,KERZE‘ von Gerhard Richter, nehmen die Ausstellungsmacher dieses einzigartig ikonografische Bild zum Anlass, daran anknüpfend weitere Werke dem Gemälde von Richter zur Seite zu stellen
Natürlich ist das Bild der Kerze in der Malerei nicht neu. Immer wieder in der Vergangenheit war die Kerze mit ihrem natürlichen Licht den Künstlern ein gesuchter Anlass, ihre Malkunst zu präsentieren. Wie bringt man das Leuchten des Kerzenlichtes auf die Leinwand? Wie verändert es die Hautfarbe, die Augen der Dargestellten? Wie gestalten sich die durch ihr Leuchten hervorgerufenen Schatten in den Salons, gar im Stall? Was sieht man im Licht der Kerze und ahnt man: ihr Leuchten verbirgt mehr als es zeigt?
Nicht so in der Moderne. Hier weisen die in der Ausstellung gezeigten mehr als 50 Gemälde, Skulpturen, Videoarbeiten und Fotografien auf durchaus auch veränderte Inhalte. Nicht so sehr klassische Konnotationen, Stillebenmalerei und Vanitas beherrschen die Räume. Wer Markus Lüpertz, A.R. Penck und Baselitz (die alle in der Ausstellung vertreten sind) kennt, wird dergleichen auch nicht vermuten.
Vielmehr wird mit der Kerze künstlerisch ‚gespielt‘. Sie verweist auf neue Inhalte, etwa das erotische Moment, dient der Provokation („Negerchen mit Kerze“) oder will entschlüsselt werden. Bei Jeff Koons poppigem Bild „Candle“ taucht sie in einer schrill bunten Kollage auf. Bei Robert Gobers flachem Stück Bienenwachs, das mit Menschenhaar beklebt ist, sieht sich die Kerze als Phallus inszeniert und – entstanden während der großen AIDS Epidemie – will auch an all die damals Verstorbenen erinnern.Zusammengestellt wurde also einmal mehr eine sehr lebendige Schau, die, teils mit klassischen Motiven spielend, bis ans Dadaistische anknüpft. Sie ist überaus lebendig, vielfältig, überraschend.
Neben jeder Wand zeigt sich eine andere mit Neuem, nicht Erwartetem. Mehr kann man von einer Ausstellung nicht verlangen. Dass im Untergeschoss zudem eine Abfolge von kerzenbeleuchteten Filmsequenzen gezeigt wird, rundet das Ganze noch wunderbar ab. Hier besonders erwähnenswert der Ausschnitt von Stanley Kubricks ‚Barry Lyndon‘, der erste Film, bei dem die im Licht der Kerzen gefilmten Szenen zum ersten Mal in der Filmgeschichte ohne Kunstlicht gedreht wurden.Dass die Präsentation der Ausschnitte aus so bedeutenden Filmwerken für die Macher der Ausstellung ziemlich kostenintensiv gerieten (um es zurückhaltend auszudrücken), sollte hier nicht unerwähnt bleiben. Dass sie es trotzdem taten, ehrt sie und sollte den Besucher umso mehr freuen.
Es sind aber auch noch die freundlichen Kleinigkeiten, Überflüssiges eigentlich, die das Bild von einem Museum, gar seinen Stil prägen. Z.B. das mit dem Zuckertütchen. Dessen Äußeres schmückt das Bild eines Exponats (Gavin Türk „Neon Candle“).
So könnte es passieren, dass der Besucher beim Kaffeetrinken das Tütchen vielleicht als eine nette Geste, den Inhalt aber als ganz besonders süß empfindet.
Noch bis 29.1.2017