Dass die Metzgerei ‚Kauffeld’ zugemacht hat, ist bedauerlich aber irgendwie verkraftbar. Schließlich haben wir ja ‚tredy’ gekriegt, eine Marke, der zwar das ‚n’ fehlt, auf die wir aber trotzdem lange warten mussten. Immer wieder geht zudem auch das Gerücht, dass die ‚Nordsee’ schließt. Müsste man auch verstehen, denn bestimmt gibt’s eine weitere billige Modemarke, die unsere Stadt noch schöner macht. Und uns gleich mit. Denn solche feinen Klamotten werden wir demnächst brauchen. Zum Ablenken von unserem sonstigen Aussehen.
Das liegt daran, dass ein weiterer bezahlbarer Friseursalon – der im Bäderviertel – auf Grund massiver Mietpreissteigerung demnächst schließt. Selber Schuld, wird jetzt vielleicht einer rufen: hätten sie halt schneller schneiden sollen! Das hätte auch ein anderer Friseursalon sollen. Der hatte seinen Platz in der Sophienstraße und ist schon länger zu. Auch da hat sich’s ausgeschnitten. Zunächst mal sehen die, die meinen, ein preiswerter Haarschnitt täte es auch, jetzt erst mal große Chancen für die Heimarbeit.
Aber die nächste Abrissbirne kreist schon. Demnächst schließt Renata ihre ‚Kleine Kneipe’. Kleinkunst adieu – ‚Salotto’-Abende adieu. Das ‚Pub’ verschwindet und dann macht auch die ‚Gockelstube’ in der Kreuzstraße zu. Die Neider könnten jetzt sagen: geschieht ihnen recht. Das Bier war eh zu gut und zu billig.
Erst mal Luft holen. Man kann das ja auch so sehen:
Vielleicht versuchen derzeit einige große Immobilienbesitzer uns daran zu erinnern, dass bezahlbare und übermäßige Haarpflege den Haaren ohnehin nicht zuträglich ist? Vielleicht werden die Haare davon spröde.
Was nun den Fisch aus der Nordsee angeht: angesichts der Überfischung der Meere ist das Essen von Kabeljau und Hering ökologisch ohnehin bedenklich. Und was ist mit dem Alkohol? Was der bei uns fröhlichen badischen Zechern anrichtet – darüber brauchen wir erst gar nicht zu reden. Irgendwie werden wir den Eindruck nicht los, dass man sich neuerdings in erschreckendem Maß um uns kümmert.
Wahrscheinlich finden wir uns demnächst wieder in einer jener zahlreichen gehobenen Baden-Badener Lokalitäten. Wer aber partout keine Lust hat, statt Pils ‚Aperol Spritz’ zu trinken – mitten in Baden-Baden, in bester Lage, gibt’s die Halbe für € 5,20. Das können wir uns dann aber auch leisten. Denn die in unserer Fußgängerzone so reichlich angebotenen Klamotten sind vor allem eins: billig. Zudem passen sie den 20jährigen wunderbar.
Es hat den Anschein, als würden wir durch die steigenden Geschäftsmieten ganz allmählich in eine veritable innerstädtische Versorgungskrise rutschen.
Von der ‚Wirtschaftskrise’ gar nicht zu reden.
Na gut. Vielleicht sind die Linien der Röcke flüssig und die Kollektionen gut abgehangen. Aber essen und trinken können wir sie deshalb noch lange nicht.