Der Badenblogger » 4. Juli 2016

Daily Archives: 4. Juli 2016

Allgemein Malen & Schnitzen Menschen

….frech und gottesfürchtig…. Teil 1

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Ein Besuch bei dem Schriftsteller Otto Jägersberg, der von Baden-Baden aus die deutschsprachige Welt mit Geschriebenem versorgt und schon früh von Alfred Andersch gelobt wurde

Otto Jägersberg, Autor

Otto Jägersberg, Autor

In Baden-Baden ist der Weg zum Parnass mit Steinen gepflastert. Über diese Steine führt der Weg zum Marktplatz. Dort oben, im Schatten der Stiftskirche, wohnen die Dichter. Zunächst einmal die jungen, noch im literarischen Aufbau Begriffenen, die Stipendiaten des Baldreit Stipendiums. Sie wohnen in einem kleinen, halb versteckten Häuschen mit der an die Tür gepappten Adresse ‚Büttenstraße 15‘.

Hebt man nun den Blick, taucht hinter einem das mächtige, schöne Gebäude des Alten Dampfbades auf. Dort, im oberstem Stockwerk, lebt und schreibt der nun schon etablierte Otto Jägersberg, den man, 1942 geboren, in einer Reihe mit in Baden-Baden einstmals beheimateten Dichtern wie Otto Flake, Werner Bergengruen und Reinhold Schneider nennen darf. Buchhändler, Antiquar, Drucker – das sind die beruflichen, Berlin, Stuttgart, Köln und Berlin die lokalen Stationen seines bisherigen Lebens. Allerdings hatten sich die verschiedenen von Kriegszerstörungen gezeichneten Städte ihm aufs Gemüt gelegt, weshalb es ihn nach Baden-Baden zog. Hier lebt er nun schon seit zwanzig Jahren und fühlt sich wohl. Hier ist er daheim, angekommen. Da, im ‚Grünen Salon‘, kann er arbeiten.

20160502_145432Begonnen hatte das Schriftstellerdasein mit dem gepriesenen Erstlingswerk ‚Weihrauch und Pumpernickel‘, das ihm als Zweiundzwanzigjährigem das Prädikat ‚Wunderkind‘ eintrug und mit dem er zum ersten deutschsprachigen Literaten des Diogenes Verlag wurde. Sein literarisches Werk setzte sich fort mit Werken wie ‚Söffchen oder Nette Leute‘, ‚He he, ihr Mädchen und Frauen‘ bis zu seinem jüngsten Werk: ‚Keine zehn Pferde‘, alles großes Erzählen, nichts wiederholt sich, kein Motiv wird verschlissen, allenfalls die ironische Betrachtungsweise des Unabänderlichen ist ein durchgängiges Merkmal. Heitere Tiefe. Soll uns diese Haltung etwas sagen? Ganz bestimmt sieht er dies nicht so. Das Werk spricht für sich. Man sollte es einfach auf sich wirken lassen.

Sieht man den Bewohner des ‚Grünen Salons‘ in diesen Tagen flanierend mit Gehstock und Baskenmütze, könnte man ihn für eine Figur aus einem Gemälde von Caspar David Friedrich halten, vielleicht sogar für einen Hagestolz. Weltabgewandt, in sich gekehrt. So falsch wie unangebracht. Dort, in der Nähe seines Domizils vor dem Cafe in der Sonne sitzend, grüßt er unvermittelt vorbeieilende, ihm offensichtlich näher bekannte Passanten mit leichtem, heiteren Winken, so, als kümmere er sich nicht nur um die Literatur, sondern auch um die Durchlüftung des Platzes.

Seine vorrangige Sorge aber gilt jetzt erst mal dem enorm gestiegenen Preis für metallene Bleistiftkappen, dank derer er beim geschätzten Flanieren immer einen gespitzten Bleistift mit sich führen kann. Ansonsten könnte es passieren, dass ein im Inneren der Jackentasche marodierender Stift dem Halter ernsthafte Verletzungen zufügt, oder aber, was noch schlimmer ist, gerade in dem Moment die Spitze abbricht, wo er ihn just gebraucht hätte, um beim immerwährenden Dichten einen flüchtigen Gedanken festzuhalten. Das ‚mot juste‘ ist halt ein scheues Reh.

Die ländliche Umgebung Baden-Badens gedankenvoll durchschreitend…. (so gehts weiter. Demnächst.)

 

Das Foto von Otto Jägersberg mit freundlicher Genehmigung durch www.margrit-mueller.de

Allgemein Blättern & Rauschen Malen & Schnitzen Menschen

…frech und gottesfürchtig… Teil 2

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Ein Besuch bei dem Schriftsteller Otto Jägersberg, der von Baden-Baden aus die deutschsprachige Welt mit Geschriebenem versorgt und schon früh von Alfred Andersch gelobt wurde

Die ländliche Umgebung Baden-Badens gedankenvoll durchschreitend, erläuft er sich den literarischen Stoff. Wo die schriftstellernden Schönen von Berlin Mitte wie hungrige 20160502_145958Fische mit weit geöffnetem Schlund auf der Suche nach literarischem Plankton die Hauptstädte Europas durchmessen, da reicht Otto Jägersberg fürs erste ein Waldspaziergang. Literarische Welten erschafft er in sich.

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Wo hier ist der Buchhändler?

Dabei wirkt er, der das literarische neunzehnte Jahrhundert bewundert, ein bisschen aus der Zeit gefallen, denn vom zeitgenössischen Selbstbespiegelungsschreiben ist er zeilenweit entfernt. Auch wenn man von ihm nicht alles gelesen hat, ist das Sich-Offenbaren nicht sein primäres Anliegen. Eher durchzieht ein distanziert-ironischer Ton sein Schreiben. Das Moralinsaure ist nicht seines. Seinen Stil nennt er lieber „unterkühlt, zurückgenommen, unprätentiös“. Wären wir hier im begriffsreduzierten Feuilleton, würden wir von einem „breitgefächerten Oevre“ sprechen und meinen, dass Otto Jägersberg vieles bringt.

Kurzgeschichten, denen man anmerkt, dass sich da einer eingearbeitet hat in die zu beschreibende Materie (Jagdszene: „Dr.

Hier ist der Buchhändler Straße. Bei ihm ist zu vieles zu haben.

Hier ist der Buchhändler.  Josua Straß in Baden-Baden. Bei ihm sind alle Bücher zu haben.

Scheubles Hund vorm Anblasen geflügelt“). Dann die Romane („Der Herr der Regeln“), in denen die provinzielle Welt zum dichterischen Kosmos wird. Und natürlich die Gedichte („Wein Liebe Vaterland“), die alles Andere begleiten. Vielleicht geht seine Art zu schreiben ein Stück weit auch auf Günter Grass zurück. Gerade dessen Gedichte schätzt er ganz besonders. Schon früh hatte er ihm Texte von sich zur Begutachtung geschickt. Sie kamen zurück, vom Meister persönlich aufs Wesentliche reduziert. So etwas prägt. Umso mehr drängt es Otto Jägersberg, von Zeit zu Zeit – hier Nietsches Zarathustra nicht unähnlich – vor die Höhle zu treten, um, „wie die Biene, die des Honigs zuviel gesammelt hat“, sich den Seinen mitzuteilen. Denen trägt er gern vor, wie an jenem bewölkten Sonntagnachmittag in der Stadthalle in Gernsbach.

Die Lokalität ist von beispielhaft deprimierendem Aussehen, das auszublenden ihm allerdings klaglos gelingt. Wer je einen elsässischen ‚Salle polyvalente‘ kennengelernt hat, weiß jetzt, dass Hässlichkeit durchaus über den Rhein schwappen kann. Der Hausmeister ist, wie immer bei solchen Hallen, auch bei diesem Anlass schlecht gelaunt und uninformiert. Zudem könnte ein labiler Dichter hinter dem schmucklosen Ambiente ohne weiteres die Metapher fürs eigene karge Dasein erkennen. Immerhin hat man vor die Bühne gemeindeeigenes Grünzeug gestellt. Das Publikum besteht aus der üblichen kulturtragenden Schicht und ist nicht allzu zahlreich. Darunter auch der obligatorisch ältere Herr mit Baskenmütze, die ihm ein pastorenhaftes Aussehen verleiht. An der Wand die Ankündigung eines demnächst anstehenden Blasmusikkonzertes.

Heute aber tönt der Dichter….  (wie geht’s weiter? Mehr demnächst!)

 

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