Als im SWINGERCLUB einmal gut über Vincent Klink gesprochen wurde
Auf der Suche nach der deutschen Seele tut man gut, auch schon mal bei RTL2 vorbeizuschauen. Dabei ist dieses Programm so recht geeignet, Einblicke zu vermitteln, auf die man in anderen Programmen so leicht nicht gekommen wäre. Oft genug ist man dabei hinterher klüger, halt so ganz so anders als bei ARTE.
Widmen sie sich bei ARTE z.B. gern fremden Ländern oder Völkern, besucht man bei RTL2 eher den Kiez oder auch schon mal einen Swingerclub. Expedition in die Heimat. Ins Naheliegende. Wie z.B.neulich, als man sich wieder einmal auf die Suche nach der heimischen Seele machte und diese im Swingerclub fand. Diese Art von Heimat ist in der Regel ein bisschen abgelegen, irgendwie versteckt, in Waldnähe, aber von Heimatsuchenden gut zu finden. Häufig geführt werden sie von Gastronomenehepaaren, denen der bisherige Bierabsatz nicht gereicht hatte; zum Leben nicht und nicht zum Sterben. So besinnt man sich auf althergebrachte Formen der Gastlichkeit und umsorgt die Kunschaft nicht nur mit Bier und Kola, sondern ergänzt das Angebot mit roten Lampen, frischen Handtüchern und Präservativen.
Nicht auszuschließen ist, dass dieses erweiterte Angebot den durchschnittlichen ARTE Konsumenten etwas befremdet. Verstören könnte ihn in der Tat zunächst die gemütliche Normalität, mit der sich die Freunde des körperbetont geselligen Zusammenseins meist am Wochenende begegnet.
Dass Sexualität nicht ausschließlich etwas mit makelloser Schönheit zu tun haben muss – diese Einsicht mag nur den Erstaunen, der noch nie bei RTL2 vorbeigeschaut hat. Dort könnte er seinen Horizont dahingehend erweitern, das im Swingeralltag andere Gesetzmäßigkeiten in den Blick rücken.
Schönheit im herkömmlichen Sinn scheint keine Kategorie zu sein. Männer, deren bevorzugte Sitzhaltung sich am Gestühl des Wohnmobils orientiert. Paare, die vor geraumer Zeit und im beiderseitigem Einverständnis die damaligen St. Pauli Nachrichten mit Nacktbildern belieferten: „Fotografieren Sie ihren Liebling“, so der Name der gern aufgeschlagenen Seite.
Doch das ist lange her. Heute gibt bei RTL 2 vor allem das anheimelnd, gemütliche Miteinander den Blick frei auf eine zunächst etwas befremdende Welt. Wie die Herrschaften an der Bar des Establishments den Abend so einläuten. Da lässt man, die Pfunde stramm gefasst in Latex und Leder, beim „Aperol Spritz“ und „Tannenzäpfle“ die vergangene Woche auf Hockern mit abwaschbarer Sitzfläche lustvoll ausklingen.
Man kennt und schätzt sich, zumal Evelyn mit ihrem Mann, herübergekommen aus Bietigheim-Bissingen mal wieder vorbeischauen. Letzteren kennt man wegen seiner Witze. Nach deren Pointe könne man sich regelmäßig wegwerfen. Evelyn hinwiederum, seine Frau, schätzen die Männer wegen ihrer nur mühsam gefassten großen Brüste. Aber auch die Frauen finden Evelyn toll. Sie kennt so tolle Kochrezepte. Die hat sie sich meistens bei den Kochsendungen von Vinzent Klink abgeschaut, den wiederum sie toll findet. „Wenn dem mal ein Schnitzel runterfällt, hebt er’s einfach wieder auf“.
Heute Abend z.B. erzählt sie, wie man einen richtigen Kartoffelsalat macht. Und das geht so. Kartoffel festkochend. Zwiebel andünsten. Fleischbrühe warm machen. Über die fein geschnittenen Kartoffel geben. Dem Ganzen Zeit lassen. Ziehen muss er, der Salat. Er braucht Zeit. Nur so, sagt sie im Latex schwitzend mit ihrem leicht schwäbischem Akzent, wird er ’sauguat‘. Sozusagen „schlergig“. „Schlergig – so hab ich ihn gern“, sagt ihr Mann und lächelt.
Wie schon zu Anfang gesagt. Wer sich auf die Suche nach dem anderen, ebenfalls wahren Deutschland aufmacht, schaue von Zeit zu Zeit gern auch mal bei RTL2 vorbei.
