Der Badenblogger » März 2016

Monthly Archives: März 2016

Allgemein Menschen

D’r Herr Minischderpräsidend

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csm_160122_Neujahr_006_9d7dcddbe6In der letzten Zeit haben wir dank der fulminant gewonnenen Baden-Württemberg Wahl wieder häufig von Winfried Kretschmann gehört, unserem Ministerpräsidenten, dessen hochaufgestellter Bürstenschnitt die Älteren noch an den weltraum-fahrenden Comic-Helden Nick erinnert.

Das ist aber die einzige Ähnlichkeit. Denn man muss schon einräumen, dass Nick weder die Leidenschaft unseres Ministerpräsidenten zu selbstgezimmerten Schränkchen noch die seiner Frau zu offensichtlich selbstgedrehten Löckchen teilte.

Eigentlich versuchte Nick die Welt zu retten. Soweit ist unser MP aber noch nicht. Erst muss er noch eine KoalitiNICK-Nr-104-1-sehr-guter-ZUSTAND-Lehning 1on schmieden. Jedenfalls sind beides Charakterköpfe, Persönlichkeiten, die irgendwie unverwechselbar sind. Bei Winfried Kretschmann kommt noch sein Sprachduktus hinzu: ein kreuzbieder vorgetragener schwäbischer Dialekt, der sich nicht einmal die Mühe macht, sich am Honoratiorenschwäbisch zu orientieren, geschweige denn sich dem Hochdeutschen anzubiedern. Selbst die vage Aussicht zugunsten einer etwaigen Massentauglichkeit hatte nicht bewirkt, dass er sich auch nur einen Deut vom Idiom seines Heimatortes Spaichingen entfernte. Wer sich zugunsten eines möglichen Wahlerfolges nicht einmal in diesem Punkt verbiegt, dem vertrauen offensichtlich die Wähler. Die Botschaft kam an. Sie hatte unausgesprochen gelautet: wer so bieder spricht, der kann seine Wähler gar nicht betrügen.

Doch wäre unsere kleine Betrachtung nicht vollständig, würden wir nicht anfügen, dass, anders als etwa bei Helmut Kohl oder Angela Merkel, die Sätze von Winfried Kretschmann immer gut ausgehen. Das heißt, dass der Satzbau stimmt. Subjekt. Prädikat, Objekt. Hier kommt jetzt Walter Jens ins Spiel, der denkgewaltige Hüter der deutschen Sprache. Der hatte noch zu Lebzeiten auf die Frage, was er sich vom neuen Jahr wünsche, den Deutschen ins Stammbuch geschrieben: dass die Sprache der Politiker eine bessere werde. Denn, so argumentierte er, wer schlecht spricht, der denkt auch so, und wer so denkt, der handelt so. Auch darin haben wir mit Winfried Kretschmann offensichtlich Glück gehabt.

Vielleicht geht es uns wie dem Weltaumfahrer Nick, der beim Anblick eines neuen, ihm unbekannten Planeten ausgerufen hatte: „Eine fantastische Entdeckung“.

Allgemein Stadtstreicher

Das Kunsthandwerk

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Peugeot-Logos-Historie

Wie in Baden-Baden einmal eine Werkstatt ein Problem behob

Als Freund gänzlich vorurteilsfreien Denkens hat man natürlich schon gewisse Bedenken, wenn es um Auto-Vertragswerkstätten geht. Zumindest hofft man, dass deren Rechnungstellung mindestens so durchschaubar ist wie die schlierenfrei polierte Glasfassaden. So etwa war die Ausgangslage, als mich ein Freund mit seinem alten Peugeot besuchte und, kaum angekommen, in ein lautes Lamentieren über Autowerkstätten im Allgemeinen und seine im Besonderen ausbrach. Was bedrückte ihn?

Es war der Scheibenwischer des Rückfensters, der schon vor seiner Abfahrt in München die Tätigkeit eingestellt hatte. Der dort einsam vor sich hin schraubende Einmannbetrieb hatte mit Verweis auf offensichtliche Eigenheiten des Fahrzeugs gleich abgewinkt. Der Franzose – das sei nichts für ihn. Im übrigen hätte er gar keinen Prüfstand, um so einen Franzosen (er meint das kleine Auto) auszulesen.

Die Vertragswerkstätte hingegen, die mein Freund dann als nächstes kontaktierte, hatte in Aussicht gestellt, sich dem Problem vollumfänglich zu stellen. Hier müsse man allerdings einen Termin machen. Am besten gleich zu Anfang oder spätestens Mitte nächster Woche. Dann werde man sehen. Schließlich könne das Ganze ziemlich kompliziert werden. Erst aber müsse man das Problem eingrenzen, am besten durch Auslesen. Hier aber hätte man ja als Vertragswerkstatt die nötigen Testmöglichkeiten. Also bitte: Termin. Und die Papiere bitte nicht vergessen! Ohne die ginge garnichts.

Nun wollte er ja bald nach Baden-Baden kommen, eine Absicht, die sich in das Zeitfenster der Werkstatt schlecht einpassen ließ. Also war er, den Blick starr nach vorne gerichtet, kurzerhand losgefahren, weil er entweder glaubte, das Problem des lahmen Scheibenwischers würde sich während der Fahrt von selbst lösen (oh Wunder!), oder er saß der Illusion auf, dass dem wunden Wischer hier im thermalquellenreichen Baden-Baden noch am ehesten geholfen werden könnte. Die Heilkraft des Bäderviertel hatte es dann doch nicht besorgt.

Jetzt aber erbot ich mich, die Schrauberfähigkeiten eines hiesigen Fachbetriebes zu testen. Also einfach mal vorfahren, beim Betrieb in der Weststatt. Parkmöglichkeiten reichlich vorhanden. Glücklicherweise dann gleich die richtige Glastür erwischt. Ein heller, freundlicher Tresen mit der obligatorische gutaussehenden KFZeinzelhandelsbürofachfrau am PC, die mich, kaum angekommen, an den Kollegen verwies. Papiere hatte ich dabei. Nach der Blutgruppe war nicht gefragt.

Kurzes Schildern des Problems. Dann erhob sich der Fachmann, griff nach Zange und Schraubenzieher, kam hinterm Tresen vor und hatte offensichtlich nicht die Absicht, vor seinem Tätigwerden einen Personalbogen anzulegen. Wir schritten zum Fahrzeug, Haube auf. Testen des Scheibenwischers auf Funktionsfähigkeit. Gottseidank gab der auch jetzt noch keinen Mucks von sich. Also keine Änderung der Sachstandlage. Derweilen hatte der Mechaniker die Plastikhaube vom Sicherungskasten entfernt, zog erst eine, dann die andere Sicherung heraus. Ein prüfender Blick, dann Marsch ins Innere der Eingangshalle. Kurzes Sichten am PC. Dann Gang ins Lager, um gleich darauf mit einer neuen Sicherung aus der Tiefe des Raumes aufzutauchen. Unverzügliches Einsetzen des Ersatzteils. Funktionstest. Läuft.

Jetzt kam die Stunde der KFZeinzelhandelsbürofachfrau, die mit flachen Fingern und langen Nägeln erstaunlich behände die Rechnung schrieb, die sie mir dann auch gleich über den Tresen schob. Das Ganze hatte etwa 10 Minuten gedauert und kostete 0,79 Cent.

Da war ich aber fertig. Und das Auto auch.

Allgemein Essen & Trinken

Das Weltkulturerbe

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Wie die Italiener wieder einmal den Mund zu voll nehmen

Bedingt durch die jetzt anstehende Landtagswahl könnte es ja echt sein, dass in der Staatskanzlei einige Dinge liegengeblieben sind oder dass man sie schlichtweg vergessen hat. Dabei geht das Leben ja weiter, trotz Flüchtlingsströmen und anerkennenden Worten des Trigema Chefs, Herrn Wolfgang Grupp, für unseren Herrn Ministerpräsidenten.

So ist in dem ganzen Durcheinander offensichtlich übersehen worden, dass die Italiener, die wirtschaftlich ja noch ziemlich zurückliegen, derzeit schwer am Aufholen sind. Wie schwer, sieht man schon daran, dass ein Herr namens Maurizio Martina, hauptberuflich offenbar Inhaber einer Pizzeria und nebenbei auch noch Landwirtschaftsminister Italiens, bei der UNESCO vorsprach und dort die Ansicht vertreten hat, dass die Pizza doch gefälligst Weltkulturerbe werden müsse.

Damit stünde die Pizza in einer Reihe mit monumentalen Tempelanlagen wie der von Abu Simbel (1260 v. Chr.) oder dem Aachener Dom (1187). Beide dürfen sich bereits mit dem Prädikat ‚Weltkulturerbe‘ schmücken. Was nun die Sache mit der Pizza angeht, muss diese von der UNESCO auf ihre Tauglichkeit hin natürlich erst noch geprüft werden. Vor allem müssen die dort schauen, ob man tatsächlich behaupten kann, dass ein von einem Boten in vorwiegend lätschigem Zustand angelieferter Teigfladen „ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft“ darstellt. Und weiter, ob man von so einem lauwarmen Etwas allen Ernstes behaupten kann, dass es „in unmittelbarer oder erkennbarer Weise mit Ereignissen oder überlieferten Lebensformen, mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen oder mit künstlerischen oder literarischen Werken von außergewöhnlicher universeller Bedeutung verknüpft“ ist.

Erkennt sich in sowas der Italiener? In so einer Pizza? Doch nicht im Ernst.

Ganz anders aber verhält es sich mit unserem Wurstsalat. Er, dessen heitere Geschmacksnote dem Gaumen schmeichelt und darüber hinaus die Sinne aufs Höchst zu stimulieren vermag – ihn, den Wurstsalat, gibt es in den vielfältigsten Formen und entsprechendem Varianten. Mal mit Fleischwurst, mal mit Lyoner. An Zwiebelchen oder in Gesellschaft einer Schalotte. Und dann noch die Brägele!

Egal in welcher Variante: der Wurstsalat ist eine rein badische Erfindung. Natürlich gibt es ihn auch noch mit Käse. Dann heißt er Elässer oder Strassburger. Das kann uns aber egal sein, solange wir als Badener mit dem wunderbaren Gericht letztlich in Verbindung gebracht werden. Vielleicht sollten die Landesregierung in Stuttgart mit dem Anmelden unseres Weltkulturerbes jetzt mal echt in die Gänge kommen. Schließlich haben sie ja auch ihren Schwäbischen Wurstsalat. Ob der ‚was taugt, wissen wir nicht.

Jedenfalls sollte man mit dem nicht nach New York zur UNESCO reisen!

Allgemein Essen & Trinken

„Sischwidderuff“

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In der Straussenwirtschaft VITUS. Auf der Suche nach uns Badenern

Auf zwei Sachen dürfen wir Badener schon ein bisschen stolz sein: auf unsere wunderbaren Weine und unsere zurückhaltende Art. Die scheint im Moment ein bisschen aus der Mode gekommen zu sein, und trotzdem halten wir es für angebracht, nicht gleich jeden spüren zu lassen, was wir von ihm halten. Könnte jetzt halt sein, dass manch einer denkt, wir Badener seien eher verschlossen, nur weil wir auf lärmende touristische Übergriffe meistens defensiv reagieren

20150917_182947Da freut es uns ganz besonders, dass man uns nicht sieht, wenn wir unter uns sind; da zeigt es sich, wie wir wirklich sind, nämlich offen und lustig. Gut, dass uns Auswärtige in diesen Momenten nicht erleben. Denn dafür suchen wir Orte auf, die man als Fremder leicht übersieht. Ein solcher Ort z.B. befindet sich in der Ortenau, in der Nähe von Renchen, gleich bei Ulm (nicht das in Schwaben!). Dort, ziemlich weit hinten und eingebettet in eine wunderbare Landschaft, liegt eine die Strausse namens ‚Zum Vitus’. Das leicht ansteigende Gelände inmitten von Reben weißt uns den Weg. Für uns Badener ist sie wie eine letzte Station vor dem Himmel.

An der Pforte dort begrüßt uns Ernst Heinrich. Er und seine Frau hatten mit der Strausse vor nunmehr 25 Jahren begonnen. Da ein 100 Jahre alter Backofen schon da war, war es naheliegend, das gute Stück auch zu nutzen. Damals stand der Backofen sogar noch im Hühnerstall; der aber wurde  darauf hin zur Wirtsstube umfunktioniert und dient heute als gute Stube. Jetzt lachen dort nicht mehr die Hühner sondern zufriedene Gäste.

20150917_190851Der Hauswirt war sein ganzes Leben lang Braumeister in der Ulmer Brauerei gewesen, bevor er vor 25 Jahren – neben dem Biergeschäft – zusätzlich noch von Bier auf Wein umschulte. Seitdem hat er sein Herz für den ‚Müller’ entdeckt: „Ich bin ein Müller Fan“, sagt er und meint jetzt nicht den Gerd Müller von Bayern München.

Das etwa war zu der Zeit, als er dann auch die Strausse aufmachte, die – backofenbedingt – seitdem in den kühleren Jahreszeiten geöffnet ist; einen Monat im Frühjahr und drei im Herbst. Anders könnte man es bei laufendem Backbetrieb dort auch gar nicht aushalten, denn wenn Hilda Heinrich die Flammekuchen in den Ofen schiebt, wird klar, warum die älteren Herrschaften auch gern etwas früher kommen. Dann sichert sich der Opa schon mal rechtzeitig ein Plätzchen an der Ofenbank. Das hält seine Knochen warm und hilft auch gegen Bandscheibe und Ischias. Strausse auf Rezept.20150917_183140-2

Das geht nicht ohne Brennholz. Draußen lagern zum Trocknen 30 Ster Buchenholz, von dem etwa 15 Ster in einer Saison verheizt werden. Trocken und abgelagert muss es sein. So fällt kaum Asche an. Zudem bleibt der ‚Himmel’, das Innere des Ofens, blitzblank.

Als Mitglied der Tanzkapelle ‚Los Gitanos’ war Ernst Heinrich früher viel unterwegs. Das hat er später stark eingeschränkt. Doch es gibt Ausnahmen. Einmal im Jahr verreist der Chef. Dann begibt er sich nach Freiburg ins Weinbauinstitut, wo er das Seminar ‚Kellerwirtschaft’ belegt, um dann nach einem informationsreichen Tag mit neuerworbenem Wissen heimzukehren, um neben dem Ruländer und Spätburgunder ( ein bisschen Regent hat er auch noch), vor allem ‚seinen Müller’ zu pflegen.20150917_183122

Dieser peniblen Weinpflege ist es zu verdanken, dass er sich so langsam an den ‚Kabinett’ heranwirtschaftet, was neuerdings auch dazu führt, dass er schon mal in den Spätlese-Bereich vorstößt. Davon freilich macht er – bei all dem berechtigten Stolz – kein Aufhebens.

Denn so sind sie halt, die Badener: „Immer mit de Fiess uffm Bode bliebe“.  

http://www.vitus-strausse.de 

 

 

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