Der Badenblogger » Dezember 2014

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Allgemein Stadtstreicher

Das perforierte Glück

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Kalender 2Irgendwie geht das alte Jahr immer stressig zu Ende. Erst natürlich die Vorweihnachtszeit mit den Geschenken, an deren Nutzwert man ja selber zweifelt. Dann der Hl. Abend mit dem Gebot der Nächstenliebe. Hat man das alles glücklich überstanden, naht Silvester, ein Knaller sozusagen, bei dem man immer vergisst, allen Leuten alles Gute zu wünschen. Und hat man den Jahreswechsel dann endlich geschafft, kann man immer noch nicht sicher sein, die Liste gänzlich abgearbeitet zu haben.

Jetzt stellt das neue, kommende Jahr die Herausforderungen. Ein Taschenkalender muss besorgt werden. Denn man weiß: auch 2015 werden die bevorzugten Exemplare schnell, allzu schnell vergriffen sein. Da gilt es zu handeln und zwar fix. Wieder Stress.

Dabei ist es die kurze, aber alles entscheidende Spanne zwischen ‚leider noch nicht da’ und ‚leider nicht mehr da’, die konzentriertes, schnelles Kaufen erfordert. Mitten in unserer kapitalistisch durchorganisierten Welt mache ich plötzlich Reste der Planwirtschaft aus, so, als herrsche auf dem Kalendermarkt nicht Nachfrage und Angebot, sondern Übernachfrage und Zuteilung.

In solchen Zeiten ist man nicht gern allein. Jetzt ist die Stunde der Freunde. Sie wissen um meine Nöte, kennen Fabrikat und Format des Taschenkalenders. Zwei Tage auf einer Seite ist ein unbedingtes Muss, ebenso die Perforation am unteren Ende eines jedes Blattes. Und natürlich die Adressenliste!

Wer immer also in diesen Tagen auf der Suche nach Kinderkleidung oder Mehrfachsteckern durch die Kaufhäuser streift und dabei zufällig auf einen solchen Kalender stößt, ist gehalten, umgehend zum Kauf zu schreiten. Selbstverständlich haben meine Freunde unbegrenzte Deckungszusage, überflüssiger Goldschnitt eingeschlossen. Natürlich bin auch ich, sooft es geht, unmittelbar vor Ort.

Der Herr neben mir, wie ich zwischen Radiergummis und Geschenkpapier einem Kalender auf der Spur, hat sich ähnlich organisiert. Auch er klagt über Versorgungsengpässe, die unorthodoxe Maßnahmen notwendig machten und ohne gezielte Informationen kaum zu überwinden seien. Zum Beispiel bei ‚Wagner’, so erfahre ich beiläufig, sei heute morgen nochmal eine Lieferung eingetroffen (wie konnte Heinz das übersehen?), das meiste allerdings aus  Leder (ich bevorzuge Plastik).

Überaus dankbar nehme ich diese Information zur Kenntnis und lasse mich nun auch meinerseits nicht lumpen. Ob ihm denn schon aufgefallen sei, dass die von ihm gesuchten Exemplare der Firma K. mit denen des Hauses Y. nahezu identisch seien? Bei geringerem Preis enthielten diese zudem noch die Seite ‚Verhalten bei einem Notfall auf der Autobahn’ („Vertrauen Sie sich keinem wilden Abschleppdienst an“ – interessant gerade auch für Frauen), dafür vermisste ich allerdings auf der ersten Seite die Spalte mit dem Rhesusfaktor. „Bewegliche Feste“ – nun, das verstehe sich von selbst.
Gemeinsames Bedauern dann, dass die Tagesheiligen nicht mehr aufgeführt seien, dafür enthielten nunmehr alle die Anzahl der monatlichen Arbeitstage. So richtig melancholisch werden wir beide dann bei den ‚Autokennzeichen der DDR’, die es nun seit langem ja auch nicht mehr gebe. Schade eigentlich, aber daran könne man ja schließlich auch sehen, dass die Welt nicht stehenbleibe. Aber trotz allem sind wir uns einig: gut, dass es den ‚Wissenswerten Anhang’ gibt.

So, jetzt muss ich weiter. Die neue Lieferung bei ‚Wagner’ sichten.

Essen & Trinken

Wenn die Spätzle Trauer tragen

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Spätzle EFAuch wenn wir derzeit den Eindruck vermitteln, dass unser Blick starr auf Zimtsterne und Bratäpfel gerichtet ist, gilt es diesen Eindruck insofern behutsam zu korrigieren, als dass wir auch Anderes, Vergangenes im Blick haben. So schweift unser Blick noch einmal ein ganzes langes Jahr zurück, in die Vorweihnachtszeit des Jahres 2013. Da müssen wir eines Opfers gedenken, das ohne unser jetziges Zutun dem gänzlichen Vergessen anheim gefallen wäre.

Denn damals erreichte uns Badener in dieser anscheinend so friedlichen Vorweihnachtszeit schreckliche Kunde. Eine schwäbische Hausfrau hatte wohl ihren Mann erschlagen und sich dazu wundersamerweise einer Spätzlepresse bedient. Natürlich denkt jeder zunächst an die in unserem Bundesland so beliebte Beilage, die so gut zum Jägerbraten passt: wie das Spätzle da so vor uns liegt, durchgepresst und irgendwie gemütlich, scheint es zu flüstern: nimm mich! Trotzdem sollten wir jetzt einmal den Blick vom Bratenteller ab- und dem Phänomen des ‚Dual Use’ zuwenden. Das bedeutet, dass ein Gegenstand zum ‚sowohl als auch’ taugt. Machen wir das jetzt mal am Backpulver fest. Dieses taugt sowohl zum Backen als auch als Sprengmittel. Es kann bei sachgerechter Behandlung also durchaus zur tödlichen Waffe werden.

Ähnlich die Spätzlepresse. Einerseits Segen für das Schnitzel, anderseits Schlagwaffe, wie dies im vorliegenden Fall ja geschehen ist. Aber Obacht! Gerade weil wir Badener friedliche Leute sind, muss man aus gegebenem Anlass hier aber auf einen Punkt hinweisen. Wer, wie der Verfasser, länger im Schwäbischen gelebt hat, tut gut daran, Gepflogenheiten wie etwa die der rigoros gehandhabten Kehrwoche nur verhalten zu kritisieren. Denn womöglich war es gerade eine solche Kritik, die den braven Mann einen durch und durch schwäbischen Tod sterben ließ.

Wenn also unser Hinweis geholfen haben sollte, unsere Welt ein kleines bisschen sicherer und friedlicher zu machen, so hätte er seinen Zweck voll erfüllt.

Blättern & Rauschen

Alles muss raus!

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Wie uns die Pressestelle behutsam auf das Weihnachtsfest vorbereitet

DSC_0018Vorweihnacht. Stade Zeit. Zeit der Einkehr, der Besinnung. Die Geburt des Herrn ist nicht mehr weit. Einmal innehalten? Nicht so in der Abt. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Marktplatz. Diese Dienststelle versorgt uns auch in der vorweihnachtlichen Zeit mit einem fortwährenden Strom immer neuer aufregender Meldungen. Was ja irgendwie auch tröstlich ist, wenn wir unsere Stadt z.B. als Zentrum literarischen Schaffens sehen, als Stadt, in der Dostojewski, aber auch Turgenjew gelebt und gearbeitet haben. So erfahren wir durch Pressemeldungen, dass es hier auch im Advent eine schier unübersehbare Zahl von Literaturkreisen gibt, in denen Literaturinteressierte sich vorlesen lassen oder selbst vorlesen. Da gibt es solche Veranstaltungen wie die ‚Literatur am Nachmittag‘; zudem gibt es auch noch eine ‚Deutsch-Italienische Vorlesereise‘, in der die Texte sowohl in Deutsch als auch in Italienisch  vorgetragen werden. Beides nur ein kleiner Ausschnitt aus dem literarisch Gebotenen. Und dann erst die zahlreichen Meldungen, den Verkehr betreffend! Welche Strasse ist wo, warum und wie lange gesperrt? Es folgt unverhofft eine Meldung des größten Arbeitgebers vor Ort, dem  SWR. Der baut, und zwar trimedial. Links und rechts der Hans Bredowstrasse sollen alle drei, das Fernsehen, der Rundfunk und die neue Medien, jetzt endgültig zusammen gelegt werden, auf daß da zusammenwächst, was zusammen gehört. Man könnte sagen: hochspannend und aufregend das Ganze. Logischerweise gilt aber auch hier: nix stade Zeit!

Da mag man es fast schon beschaulich finden, wenn am 20. November das Presseamt das Erscheinen des Dalienkalenders 2015 vermeldet, ein rundum schöner Abschluss des 10jährigen Bestehens ‚des Vereins der Freunde des Daliengartens‘. Zudem aufs netteste präsentiert von der Oberbürgermeisterin, die sich inmitten der Dalienfreunde gleichsam blühend präsentiert. Doch lässt auch noch eine weitere vorweihnachtlich platzierte Meldung aufhorchen. „Fießers Erstling“ & „Großherzog Friedrich von Baden“, zwei alte Baden-Badener Apfelsorten wurden am Hungerberg gepflanzt. Der Meldung beigefügt ist auch ein Foto, darauf zu sehen, wie vier Männer mit Leiter sich mühen, einen kleinen Apfelbaum zu setzen. Leider fehlt auf diesem Bild die Oberbürgermeisterin. Das hätte uns nämlich eine schöne Überschrift geliefert: „Margret Mergen pflückt Apfel vom Baum der Erkenntnis“. Aber das ist wahrscheinlich noch zu früh. Bevor das Bäumchen Früchte trägt, muss es ja erst noch wachsen.

So, wie unser vorweihnachtliches Gefühl.

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