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Heldengedenktage

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„Helden des Alltags“ – jetzt wird Dummheit grenzenlos
  

Wer in den letzten Jahren die gängigen Medien nutzte, dem wird nicht entgangen sein, dass zunehmend der Begriff ‚Held‘ auftauchte. Gern in den Varianten ‚Held des Alltags‘, ‚Stiller Held‘ oder aber – kombiniert – ‚Stiller Held des Alltags‘, wobei der Begriff gerade in der letzten Kombination seinen Anfang nahm, bevor er den Siegeszug durch die gesamte Medienlandschaft antrat.
Normalerweise lässt sich das Entstehen einer solchen Floskel – und um eine solche handelt es sich – nicht nachverfolgen. Ähnlich wie ihre Schwesterfloskel:“…aller Zeiten“ , ist sie eines Tages in der Welt, um nie mehr zu verschwinden. Doch verhält es sich im vorliegenden Fall etwas anders, denn die Herkunft der Floskel ist in besagtem Fall klar zu bestimmen. Dieser Ausdruck entstammt einer Fernsehsendung des SWR, die ich lange Jahre zu verantworten das Vergnügen hatte.


Die Sendung hieß „Der Fröhliche Alltag“. Sie startete 1993 und endete, nach zehn Jahren 2013. Ausgestrahlt wurde sie alle vier Wochen am Freitagabend. Sie war 90 Minuten lang, überaus populär und wurde aufgezeichnet in aus-reichend großen Hallen von Gemeinden in Baden Württemberg und Rheinland Pfalz.

Moderiert wurde diese Musiksendung von dem charismatischen Moderator Heinz Siebeneicher, an seiner Seite eine Comedyfigur, ‚Frau Wäber‘, die im Land alsbald Kultstatur erlangen sollte.
Neben der Musik lebt eine solche Sendung natürlich auch von Wortinhalten, die die regionale Bindung unterstreichen sollen. Im vorliegenden Fall wollten wir jeweils eine Person im Ort finden, die in aller Stille sich um den Ort verdient machte, etwa eine ältere Dame, die ohne viel Aufhebens den Kirchenschmuck besorgte, sich ggf um kranke Mitbürger kümmerte usw. Die Person wurde mittels eines Vorwands in die Aufzeichnung gelockt – meist durch Verwandte – und dann ‚ausgezeichnet‘. Das also war dann „Der stille Held des Alltage“. Gendergetue gab es damals noch nicht.
Wie es nun in den Häusern halt so geht, beschloss man eines Tages, die quotenbringende Sendung anzusetzen. Man hatte zwar kein Konzept, was danach kommen sollte, doch schien es eines Tages geboten, am Freitagabend verstärkt jugendliche Zuschauer anzusprechen.  

Dann passiert eine ganze Weile erst einmal gar nichts, bis dann später einem dieser wunderbaren jungen JournalistInnen auffiel, dass da ein Begriff noch rumliegt, den man eventuell ins politische Tagesgeschäft einflechten könnte. Und auf einmal blühte, erst zart dann stärker, in gänzlich anderem Zusammenhang der Begriff ‚Held des Alltag auf‘, gern auch in diversen Begriffsvarianten. So, wie wir uns eine ‚Bandscheibe‘ schwerlich ohne den sogenannten ‚Vorfall‘ vorstellen können, war die ganze Welt plötzlich voller möglicher ‚Helden‘, die in der Regel gern auch ’still‘ zu sein hatten.

Hätte es sich bei der Begriffsübernahme um Lokaljournalisten gehandelt, die, von Rausschmiss bedroht, vom Chef getriezt und vom Verleger gegängelt, tagtäglich schauen müssen, wie sie ihr mühsames Tagespensum schaffen – geschenkt. Mehr als verständlich, wenn sie zu Floskeln wie ‚Das Tanzbein schwingen‘ Zuflucht nehmen. Doch in den Häusern der großen Zeitungen oder des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks ist dies nicht so. Es handelte sich dem eigenen Verständnis nach um die Speerspitze des kritischen Journalismus. Dort allerdings ist man meinungsschwach und ideenarm gleichermaßen. Zudem hatte man bislang mit jedwelchem Heldentum eher nichts am Hut, und mit dem Militärischen schon mal gar nicht. Bislang hielt man sich von jedem Heldentum und seinem militärischen Bruder besser fern, schon weil man nicht sicher sein konnte, ob der Nachwuchs, stünde Vati im Felde, in der Kinderkrippe auch pünktlich Veganes gereicht kriegt.
Doch hat sich das nun geändert. Man hielt es für geboten, dem Heldentum eine nun zeitgemäß humane Komponente zu verpassen. Man darf sich das etwa so prickelnd vorstellen wir alkoholfreier Schnaps. Auf einmal leitet das syrische Flüchtlingsmädchen ‚Hanan‘ „das Homescooling der ganzen Familie. Beide Eltern auf Arbeit, Mutter kein Deutsch, fünf Geschwister, nur zwei Laptops und ein Handy, trotzdem gute Noten“. Laut BILD eine Heldin. Mag man das noch einigermaßen verstehen, quillt das Internet nunmehr aber über vor Helden. Man sollte da unbedingt mal bei Google nachsehen. Es wird einem vor lauter Heldentum ganz schwindelig. Eben höre ich, dass in Köln von Anwohnern Müll gesammelt wird. Unter welchem Begriff? Richtig. „Die Superhelden“.

Dabei handelt es sich eigentlich nur um die Inflationierung eines mittlerweile völlig dumm-deutschen Begriffs.

Vom Gebrauch dieser Floskel im journalistischen Umfeld war es denn auch nicht weit zur Politik, der heimlichen Schwester des Journalismus. Noch ist es nicht spruchreif, aber wir gehen jede Wette ein, dass im Bundespräsidialamt schon an einem Orden: „Held des Alltags“ geschnitzt wird. Die Politik jedenfalls hat sämtliche mögliche HeldInnen schon fest im Blick. Wie anderorts auch.

So ist bei einer tödlichen Messerattacke auf eine Polizeiwache bei Paris eine Verwaltungsbeamtin getötet worden. Ein furchtbares Verbrechen, von dem aber zu fragen wäre, ob es sich bei der Polizistin nicht eher um ein „Opfer“ denn um eine „Heldin“ im eigentlichen Sinne handelte. Egal. Hauptsache, die Etikette dran geklebt.


Denn anstatt sich des Themas ‚innerfranzösicher Terrorismus‘ grundlegend zu stellen (wie in Frankreich seit langem gefordert), war Ministerpräsident Jean Castex anlassbezogen aus Paris mit großem Pomp angereist und sprach: „Die Republik hat gerade eine ihrer Alltagsheldinnen verloren“ (Euronews 24.4.21).

Es scheint, dass sprachlicher Schwachsinn vor keiner Grenze halt macht.

Allgemein

Einmal Jagdwurst, bitte!

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Jagdhund nach der Hatz (typenähnlich!)  Erschöpft und nachdenklich.

Hier soll es jetzt mal um die Wurst gehen. Von Zeit zu Zeit halten wir es nämlich für angebracht, an dieser Stelle vom Waidwerk, also von der Jagd zu berichten, die ja ohne Hunde nicht denkbar wäre. Unvorstellbar z.B. dass der Jäger sich persönlich ins Unterholz begibt, um, sagen wir mal, einen erlegten Hasen ans Licht zu verbringen. Hier kommt der Jagdhund ins Spiel, der, gut ausgebildet, weiß, was er zu tun hat: den toten Hasen nicht zu fressen, sondern ihn, wie zuvor lange geübt, ihn bei seinem Herrn abzuliefern, also zu apportieren. Üblicher-weise wartet dann eine Belohnung auf ihn.

Doch nicht jeder Tag ist Jagdtag. Sonntag z.B. eher selten, weshalb in schöner Regelmäßigkeit sich so ein Jäger von Stetten im Markgräflerland aufmacht, um nach einem ausgiebigen Spaziergang auf dem Tüllinger Berg, im „Ochsen“ in Ödlingen einzukehren. Eine schöne Strecke, die bewältigt zu haben Herr und Hund stolz sein dürfen, weshalb sich der Jäger dort im „Ochsen“ gern auch ein Glas Gutedel genehmigt. An seiner Seite sein noch junger Jagdhund, dessen Aufmerksamkeit allerdings weniger dem Weinglas seines Herren als vielmehr dem Tresen gilt, wo, aus der Küche gebracht, unverzüglich eine kleine Schüssel Wurstsalat (ohne Zwiebel) abgestellt wird, den der Jagdhund dort nach der Wanderung gern verzehrt. Anschließend treten Mann und Hund zufrieden den sonntäglichen Heimweg an. Waidwerk ist morgen.

Allgemein Menschen Stadtstreicher

Der Glückspilz

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Gestern hörte ich von einem glücklichen Menschen. Dabei handelt es sich um einen jungen Mann, der mich in einem guten Baden-Badener Modegeschäft immer außerordentlich kompetent und zuvorkommend bedient hatte.

Er hatte aus seinem Schwulsein nie einen Hehl gemacht. Betrat ich das Geschäft, begrüßten wir uns freundlich ironisch. Ich nannte ihn beim Hereinkommen ‚schöner Mann’. Er  wiederum dankte es mir mit einem: ‚junger Freund’. Bei dieser Anrede stimmte weder das Adjektiv noch das Substantiv. Aber wir hielten es halt so. Ansonsten war damit der freundlichen Eingangsform genüge getan und man konnte zum meist erfreulichen Einkauf schreiten.

Eines Tages aber war er nicht mehr da. Auf Nachfrage erfuhr ich, er habe die Arbeitsstelle gewechselt. Nach mehreren beruflichen Stationen, hätte er nun ganz offensichtlich seine wahre Bestimmung gefunden. Er arbeite jetzt als Wurst- und Fleischfachverkäufer in einer Metzgerei.

Hatte er mir noch kürzlich zu dieser einzigartigen Verbindung aus Kaschmir und Seide geraten,  empfiehlt er  jetzt wahrscheinlich Schweineschnitzel vom Hals. Gut durchwachsen und derzeit im Angebot.

Es scheint, als gälte auch in diesem Fall: spätes Glück nicht ausgeschlossen.

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Pünktchen und Anton

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Mit Frau Baerbock in Afrika

Als eine der Königsdisziplinen der schulischen Ausbildung galt vor Jahren noch das Thema ‚Bildbetrachtung‘, d. h. der Schüler sollte sich beim Versenken in ein Kunstwerk sich dessen bewusst werden. Ganz ohne Zweifel handelt es sich bei dem Foto, das wir hier anführen und das die derzeitige Außenministerin Annalena Baerbock mit dem Staatschef des Südsudan zeigt um ein solches.

Was also sehen wir da? In der Mitte thront der Staatschef des Südsudan, Herr Salva Kiir Mayardit aus dem Volke der Mayardit-Dinka. Sein Griff nach dem hohen Amt war nicht ganz reibungsarm verlaufe, was uns aber hier nicht näher beschäftigen muss. Zu seinem Markenzeichen gehört in jedem Fall der Cowboyhut, ein Präsent des vormaligen Präsidenten der USA, George Bush, der seine Erscheinung ziemlich abrundet und dessen Tragen womöglich als Zeichen großer Hochachtung vor seiner Besucherin gewertet werden kann.

Bei einem ersten, flüchtigen Betrachten des Bildes scheint es, als hätte der Angehörige der Südsudanesischen Elite ein Hefeweißbier zu seiner Linken; dies entpuppt sich jedoch bei näherer Betrachtung als Armlehne seines thronähnlichen Sitzmöbels. Was auf diesem Bild auch nicht zu sehen ist – der Angehörige des Volkes der Mayardit-Dinka hatte vor längerer Zeit anlässlich einer offiziellen Zeremonie beim Abspielen der Nationalhymne einmal das Wasser nicht halten können. Er urinierte. Jedenfalls gab es wohl ein kurze Sequenz, die diesen Vorgang dokumentiert hatte. (Meldung BBC News). Der Vorgang als solcher darf aber mittlerweile als bereinigt, das filmische Zeugnis dessen als gelöscht gelten.

Ganz anders als der Herrscher, Herrn Kiir Mayardit, präsentiert sich die derzeitige Außenministerin der BRD. Sie, von der anzunehmen ist, dass sie noch kurz zuvor ihrem Gastgeber die Grundzüge ihrer feministischen Außenpolitik vermittelte, hatte sich anlassbezogen fein gemacht. Ein Kleid mit Punkten schien hier das Gebotene. Nicht umsonst nennt man sie ja auch die MINISTERIN DER SCHÖNEN ÄUSSEREN, selbst dann, wenn sie, wie im vorliegenden Bild gut zu sehen ist, einigermaßen unentspannt auf ihrem Sessel sitzt!


Das wird sich demnächst ändern, denn mit ihren diversen Auftritten als Außenministerin hatte sie sich zwischenzeitlich für das höchste Amt der UN empfohlen. So entging sie – wenn auch knapp – der Fron, sich um ihre Kinder oder, noch schlimmer, um die Partei der Grünen kümmern zu müssen. Glück gehabt! Denn was passieren kann, wenn man nicht rechtzeitig ‚hier´ ruft, entnehmen wir dem linken Zeitungsbild, das eine grüne Partei-Truppe auf dem Weg zur Basis zeigt, kurz bevor sich der eine oder die andere sich insofern vielleicht profiliert, dass er oder sie sich eines schönen Tages in einem goldlackierten Sessel in Afrika wiederfindet.

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Fleischeslust und heile Welt

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Liebig & Co.: Bunte Bildchen bestücken Sammleralben / Ausstellung in der Badischen
Landesbibliothek in Karlsruhe

Wenn meine Mutter Lebensmittel einkaufen ging, konnte sie mit meiner Mahnung rechnen: „Bring‘ unbedingt Birkel-Nudeln mit!“ Dabei ging es mir keineswegs um die Qualität von Spaghetti oder anderen Erzeugnissen der Mannheimer Firma, sondern um die bunten Reklamebildchen. Aus dem gleichen Grund kaufte meine Berliner Oma nur Eier einer bestimmten Marke – Fotos von Filmstars lagen der Packung bei und wurden der Enkelin per Post gebündelt zugeschickt. (Was hat sie bloß mit den vielen Eiern angestellt?)Die Objekte meiner kindlichen Sammelwut landeten in einer alten Zigarrenkiste und irgendwann im Abfall – nicht vergleichbar mit den offenbar sorgsam gehüteten und in aufwändig gestaltete Alben eingeklebten kleinen Kunstwerken, die derzeit in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe zu bewundern sind. „Wissen in Bildern“ hat . Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen die von ihr kuratierte Ausstellung überschrieben. Während der bis zum 27. September dauernden Schau wird die Leitende Bibliotheksdirektorin selbst an mehreren Terminen die Vitrinen für Besucher öffnen und mit ihnen in den Alben – und in Erinnerungen – blättern.

 
Markenbindung ist keineswegs ein Grundbegriff modernen Marketings: Bereits anno 1872 hatte die Firma Liebig die zündende Idee, für ihren später legendären und für viele Hausfrauen unentbehrlichen Fleischextrakt mittels kostspieliger Chromolithografien zu werben. Glückliche Familien oder adrett gekleidete Ausflügler ließen sich die rasch zubereiteten Speisen schmecken Liebig brachte Würze ins Küchenleben. Aufgrund des Erfolgs sprangen viele Firmen, darunter zahlreiche badische Unternehmen, auf den Reklame(feld)zug auf. Exotische Fernziele, die noch nichts mit Massentourismus gemein hatten, „wilde“ Menschen und Tiere, Burgen und Schlösser, Märchen,  Freizeit, Sport, Literatur und Theater, Technik … das Themenspektrum spiegelte sowohl den Alltag als auch die dem Normalbürger uner-reichbare Traumwelten wider.


Doch wohin mit den Bildern? Für die wohlerzogenen Kinder (und erwachsenen Sammler) wurden Sammelalben entwickelt, die nicht nur die sichere Aufbewahrung erlaubten, sondern auch mit erklärenden Texten versehen waren. Ganze Romane, beispielsweise von Karl May, konnten illustriert werden, selbst für das Nibelungenlied gab es dramatische Bebilderungen. Zeitgeist und Zeitgeschichte, Wirtschaft und Politik – die bunte Welt zwischen den Albendeckeln bediente viele Interessen und Sehnsüchte und natürlich den Kommerz! Es wurde gesammelt, getauscht und gekauft. Heute werden im Internet neben den Nostalgiealben auch die Nachfolger um Panini oder Pokemon angeboten – die Sammellust scheint ungebrochen.

Um Alben und Geschichten geht es bei der Reihe „Album der Woche“, bei denen jeweils ein Exemplar den Ehrenplatz erhält (Kontakt: sammelbilder@blb-karlsruhe.de) Dr. Julia von Hiller bittet jeweils einmal im Monat zu „Rendezvous mit den Originalen“ ab 17 Uhr.

Die nächsten Termine sind für den 26. März und 25. April geplant.

(Irene Schröder)

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