Der Badenblogger » April 2025

Monthly Archives: April 2025

Allgemein

Einmal Jagdwurst, bitte!

Published by:

Jagdhund nach der Hatz (typenähnlich!)  Erschöpft und nachdenklich.

Hier soll es jetzt mal um die Wurst gehen. Von Zeit zu Zeit halten wir es nämlich für angebracht, an dieser Stelle vom Waidwerk, also von der Jagd zu berichten, die ja ohne Hunde nicht denkbar wäre. Unvorstellbar z.B. dass der Jäger sich persönlich ins Unterholz begibt, um, sagen wir mal, einen erlegten Hasen ans Licht zu verbringen. Hier kommt der Jagdhund ins Spiel, der, gut ausgebildet, weiß, was er zu tun hat: den toten Hasen nicht zu fressen, sondern ihn, wie zuvor lange geübt, ihn bei seinem Herrn abzuliefern, also zu apportieren. Üblicher-weise wartet dann eine Belohnung auf ihn.

Doch nicht jeder Tag ist Jagdtag. Sonntag z.B. eher selten, weshalb in schöner Regelmäßigkeit sich so ein Jäger von Stetten im Markgräflerland aufmacht, um nach einem ausgiebigen Spaziergang auf dem Tüllinger Berg, im „Ochsen“ in Ödlingen einzukehren. Eine schöne Strecke, die bewältigt zu haben Herr und Hund stolz sein dürfen, weshalb sich der Jäger dort im „Ochsen“ gern auch ein Glas Gutedel genehmigt. An seiner Seite sein noch junger Jagdhund, dessen Aufmerksamkeit allerdings weniger dem Weinglas seines Herren als vielmehr dem Tresen gilt, wo, aus der Küche gebracht, unverzüglich eine kleine Schüssel Wurstsalat (ohne Zwiebel) abgestellt wird, den der Jagdhund dort nach der Wanderung gern verzehrt. Anschließend treten Mann und Hund zufrieden den sonntäglichen Heimweg an. Waidwerk ist morgen.

Allgemein Menschen Stadtstreicher

Der Glückspilz

Published by:

Gestern hörte ich von einem glücklichen Menschen. Dabei handelt es sich um einen jungen Mann, der mich in einem guten Baden-Badener Modegeschäft immer außerordentlich kompetent und zuvorkommend bedient hatte.

Er hatte aus seinem Schwulsein nie einen Hehl gemacht. Betrat ich das Geschäft, begrüßten wir uns freundlich ironisch. Ich nannte ihn beim Hereinkommen ‚schöner Mann’. Er  wiederum dankte es mir mit einem: ‚junger Freund’. Bei dieser Anrede stimmte weder das Adjektiv noch das Substantiv. Aber wir hielten es halt so. Ansonsten war damit der freundlichen Eingangsform genüge getan und man konnte zum meist erfreulichen Einkauf schreiten.

Eines Tages aber war er nicht mehr da. Auf Nachfrage erfuhr ich, er habe die Arbeitsstelle gewechselt. Nach mehreren beruflichen Stationen, hätte er nun ganz offensichtlich seine wahre Bestimmung gefunden. Er arbeite jetzt als Wurst- und Fleischfachverkäufer in einer Metzgerei.

Hatte er mir noch kürzlich zu dieser einzigartigen Verbindung aus Kaschmir und Seide geraten,  empfiehlt er  jetzt wahrscheinlich Schweineschnitzel vom Hals. Gut durchwachsen und derzeit im Angebot.

Es scheint, als gälte auch in diesem Fall: spätes Glück nicht ausgeschlossen.

Menschen

Das Glück in der Hand

Published by:

Wenn Winfried Kretschmann einmal frei hat

Wir haben ja hier nicht die Absicht, badisches Öl ins schwäbische Feuer zu gießen, und doch müssen wir uns wundern, was unser Ministerpräsident so alles tut, wenn er mal nichts tut.

Wie also entspannt sich unser Landesvater? Hier bietet sich zunächst ein vergleichender Blick über die Grenze zu unseren französischen Nachbarn an. Französische Politiker z.B. sind stolz darauf, zur Entspannung in der Academie Francaise vornehmlich mit Geistesgrößen des eigenen Landes zu parlieren. Dominique de Villepin, der frühere Außenminister (wegen seiner Eitelkeit auch Minister „des schönen Äußeren“ genannt), versteht sich sowohl als Politiker als auch als Dichter. François Mitterand wiederum pflegte gerade in seinen letzten Lebensjahren immer wieder intensiven Kontakt zu einem Philosophen, mit dem er sich über das Leben, den Tod und solcherlei Dinge austauschte. Lassen wir unseren Blick noch weiter schweifen, nach England, über den Kanal. Dort hatte 1952 Winston Churchill für sein literarisches Schaffen gar den Literaturnobelpreis erhalten.

Doch zurück in die Heimat. Carlo Schmid, Staatsrechtler, von 1946 bis 1952 Mitglied des Landtages Württemberg-Hohenzollern, Ehrenbürger von Mannheim und Tübingen, wusste neben seiner politischen Arbeit ebenfalls um den Eros literarischen Tuns: als Übersetzer des Werkes von Andre Malraux war er hoch geehrt. Seine Reden im Landtag und im Bundestag waren zudem Zeugnisse hoher intellektueller Fähigkeiten. Ein ‚homme de lettres´.

Dies alles sollte man wissen, will man ermessen, wann und wo unserem Landesvater Winfried Kretschmann das hohe Glück der Kontemplation widerfährt. Ganz anders als sein Vorgänger Erwin Teufel, der Stille und Ruhe in klösterlicher Abgeschiedenheit fand, sucht und findet der derzeitige Landesvater seine innere Balance nach eigener Aussage weit draußen vor der Stadt, im Baumarkt. Dort, zwischen dem ‚Weber Grillrostreiniger‘, dem ‚Gartenhaus Neckar 2‘ und der ‚Brausegarnitur Tahiti‘ trifft man einen rundum zufriedenen Ministerpräsidenten. Dann nimmt er je verschiedene Bohrmaschinen in die Hand, wägt und prüft, betrachtet und befühlt. Jetzt ist das Glück nicht mehr flüchtig. Er hält es in der Hand.

Doch wäre er kein Schwabe, wüsste er das Angenehme nicht auch mit dem Nützlichen, dem Einsichtsbringenden zu verbinden. Mit der Black & Decker in seiner Rechten sinnt er darüber nach, wie Max Weber das wohl gemeint hatte, als er schrieb, die Politik sei „ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“.

Dann legt er die Bohrmaschine wieder zurück und denkt, dass es die alte noch ein Weilchen tut.

  • Archive

  • Besucher

    Total Visitors
    1480218
    637
    Visitors Today
    156
    Live visitors