Der G7 Gipfel in Elmau
Die Fakten sind schnell erzählt, werden aber noch lange nachwirken. Also: im Oberbayrischen Elmau treffen sich an diesem Wochenende die sieben wichtigsten Regierungschefs der westlichen Regierungsnationen. Das Treffen wird nach Meinung der Kritiker mehr als 360 Millionen Euro kosten. Einen reibungslosen Ablauf garantieren 7 Kilometer Schutzzaun und ca 15 000 Polizei- und Sicherheitskräfte. Eine Leistungsschau des Sicherheitswesens.
Das sind jetzt soweit mal die Fakten.
Um nicht ganz benebelt zu werden vom Aufmarsch so vieler Bedeutungshaftigkeit, wollen wir das Ganze jetzt mal runterbrechen. Es treffen sich also sieben Staatschefs, deren Namen nun weidlich bekannt sind: Merkel, Obama, Hollande, Cameron, Harper (Kanada), Abe und Renzi. Hinzugebeten hat man zudem noch Jean-Claude Junker und den EU-Ratspräsidenten Donald Tusk. Einen freilich hatte man nicht eingeladen: Wladimir Putin. Ihn hätte man nach Aussage von Altbundeskanzler Helmut Schmidt unbedingt berücksichtigen müssen. Und vielleicht wäre es allein seine Anwesenheit gewesen, die den für Außenstehende, also den Steuerzahler, unverständlichen Aufwand gerechtfertigt hätte.
Denn es ist ja so: einmal mehr treffen sich in Elmau Politiker, die sich im Zeitalter völlig überzogener Reisediplomatie in den letzten Wochen ohnehin ständig begegnet sind.
Die Liste der zu besprechenden Themen ist – das versteht sich von selbst – lang. Dabei ist es unwahrscheinlich, dass mehr dabei herauskommt als das sattsam bekannte ‚Wir stimmen darin überein, dass wir nicht übereinstimmen‘. Jean Claude Junker hat schon einmal vorausschauend geäußert, dass man das Treffen nicht mit Erwartungen überlasten sollte. Wichtig sei, dass man sich zunächst einmal austausche. Spätestens nach dieser Aussage wäre es recht und billig (!) gewesen, das Treffen umgehend zu stornieren.
So bleibt zunächst einmal der Eindruck einer maßlosen Über-Inszenierung, die im Wesentlichen ein Ergebnis zeitigen wird: das eines Staatstheaters. Der Souverän zeigt sich dem Volk.
Gern formuliert der politische Journalist die süffige Floskel, es handle sich hier um eine hochkarätige Besetzung, die da ins gleißende Licht eines oberbayrischen Nachmittags vors geladene Volk tritt und strahlt. Zwar steht es uns nicht zu, das politische Personal im Einzelnen auf seine Strahlungsfähigkeit zu prüfen, doch geben wir zu bedenken, dass – denken wir nur an die Swarovski Steine – es nicht notwendigerweise Diamanten sind, die sich anschicken, uns mit dem Licht ihrer Erkenntnis zu blenden.
Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass von diesem völlig überzogenen Aufwand nicht mehr zurückbleiben wird, als ein Kommunique, das, schwammig formuliert, all das anspricht (oder nicht), was als Aufgaben unerledigt bleibt.
Wehmütig denkt man zurück an den Diplomaten Richard Holbrooke. Ihm, ein erwiesenermaßen harter Verhandlungsführer, oblag es, in der Konferenz von Dayton die drei Kontrahenten Slobodan Milošević, Alija Izetbegović und Franjo Tudman an einen Tisch zu bringen, um die zukünftige Grenzziehung in Bosnien-Herzegowina festzulegen. Dazu bat er sie 1995 auf einen Militärflugplatz in Dayton/Ohio, um dort, in der Einöde einer dreiwöchigen strengen Klausur – alkoholmäßig und kulinarisch überaus kurz gehalten – die Politiker dazu zu bringen, den Vertrag zu unterzeichnen. Der Kontakt zur Außenwelt war in dieser Zeit weitgehend unterbunden. (Wikipedia).
Als willfährige Statisten auf der Bühne dieses bizarren Schauspiels die Kollegen von der politisch-journalischen Zunft, die, soviel Prophetie sei hier jetzt schon gewagt, in Scharen einfallen werde, um noch dem kleinsten Hinweis auf ein mögliches Ergebnis nachzugehen, um ihm, wieder- und wiederkauend, Bedeutung zu verleihen. Ihnen möchte man jetzt schon zurufen, dass die vermeintliche Nähe zur Macht noch kein Wert an sich sei. Einzufordern wären Erkenntnisse. Deutlichkeit. Härte, Widerspruch. Falls angebracht, auch Unverfrorenheit. Doch dazu wird es nicht kommen.
Wie erfrischend wäre es doch, wenn angesichts dieses ganzen bizarren Aufwandes und in der bestürzenden Erkenntnis, dass das Ergebnis erschreckend gering sein wird, zwei entscheidende Fragen an die Spitzenpolitiker lauten könnten: „Was gab es zu essen?“ Und: „Wie hat es geschmeckt?“
Auf diese zentrale Frage aber werden wir lange warten.