Category Archives: Kultur

Allgemein Kultur Musik

Kunst auf Parkett: Reden übers Tanzen. Teil 1

Published by:

Anlässlich der 24. Welttanz-Gala im Kurhaus in Baden Baden ein Gespräch mit Irene Schröder übers Profitanzen. Sie muss es wissen. Denn sie tanzt selbst.

Ganz behutsam ist der Winter nach Baden-Baden gekommen. In den Nieselregen mischen sich bereits erste Schneeflocken. Die russischen Touristen haben ihre Spaziergänge in der Lichtentaler Allee eingestellt. Manche von ihnen sind mit dem Flieger wieder nach Hause, heim zu Väterchen Russland. Andere bleiben hier und nehmen auch in diesen Tagen wieder die Linie 201 in die Weststadt. In der Allee sind die letzten Dalien verwelkt; der Verein, der sie den Sommer über pflegte, hat das Winterquartier bezogen. Die rosagestrichene Villa Sorrento droht endgültig im herabgefallen Laub des eigenen Vorgartens zu verschwinden, und im nahegelegenen   Hirtenhäuschen   werkelt   ein   einsamer   Schumacher  am handgenähtem Rahmen. Baden-Baden, so scheint, macht zu.

Doch nicht ganz. Im Kurhaus ist in diesen Tagen noch Licht. Dort rüstet man sich für die 24. Welttanz-Gala im Benazet Saal.Es ist eines der großen Events, mit denen sich Baden-Baden auch in diesem Spätherbst   wieder   schmückt.   Oberflächlich   betrachtet   könnte   man   meinen, drüben   im   Kurhaus   sei   man   mit   der   Restaurierung   des   alten   Baden-Baden beschäftigt. So, als würde die Kurstadt nach wie vor in Tüll und Seide gehen, als wolle man noch einmal die 50er Jahre beschwören, als selbst „Fabrikanten“ aus Oberkirch oder Freudenstadt alljährlich sich für zwei Wochen im Brenner’s Parkhotel  einquartierten und es sich „gutgehen ließen“. Und abends machte man sich chic für die ‚Deutschen Schlagerfestspiele‘ im Kursaal. Damals spielte noch das Orchester Hazy Osterwald, und Gitta Lind sang „Weißer Holunder blüht wieder im Garten“.

Copy. mit freundlicher Genehmigung durch „Valentin Behringer/BBE“

Doch so ist es nicht mehr, wie uns die Journalistin und Amateurtänzerin Irene Schröder lächelnd versichert. Sie muss es wissen, denn schließlich ist sie schon lange im Geschäft. Beim Badischen Tagblatt war sie von 1984 bis vergangenes Jahr als Redakteurin angestellt, dort immer auch mit Schwerpunkt Show, Gala, Kultur. Angefangen hatte sie als Kind mit Ballett, bis Rücken und Füße nicht mehr mitmachten. 1971 hatte sie ihren Mann kannengelernt, einen Bundeswehroffizier und begeisterten Tänzer. Seit 1988 sind sie nun tanzend offiziell im Turniergeschäft. Nach 10 Jahre dann Seniorenklasse, was aber immer noch bedeutet: Training vier mal in der Woche; vor Auftritten trainiert man jeden Tag. Derzeit  beim beim TSC Achern.

„Es muss sich alles ändern, damit alles so bleibt wie es ist“, lässt GiuseppeTomasi di Lampedusa im Leopard seinen Protagonisten sagen. Dem würde Irene Schröder ungefragt zustimmen. Alles wandelt sich, so wie auch der Tanz und seine spätherbstliche Gala.

Frau Schröder, geben Sie erst einmal eine generelle Einschätzung des auch dieses Jahr Gebotenen?

Von Form, Qualität und in der Bandbreite ist die Welttanz Gala in Baden-Baden weltweit absolut einmalig. Unikat. Hier wäre allenfalls noch Dresden anzuführen. Die Gala in Dresden – dort ist allerdings keine Kürveranstaltung. Das bedeutet zwar hochklassiges Tanzen, aber dort hat man halt – anders als hier – Wettkampfbedingen und Wettkampfstress. Das ist etwas ganz anderes.

Ist es von Vorteil, wenn keine Wertung vorgenommen wird?

Unbedingt. Bei der nicht gewerteten Kür können Tänzer frei loslassen. Sie können dann Elemente zeigen, die im Wettkampf verboten sind – Hebungen,  das Auseinander–Tanzen. Normalerweise darf man lediglich eine Sequenz nicht auf Tuchfühlung tanzen. Nicht so bei der Kür. Hier können die Tänzer echt künstlerisch arbeiten. Sich sozusagen, ’freitanzen’, bevor es ernst wird. Für die Formation ist B-B traditionell immer DIE Generalprobe eine Woche vor der deutschen Meisterschaft. Die neuen Programme der Formationen werden sehr gern vor Publikum getestet, und dieser Test findet traditionell hier in Baden-Baden statt – egal wo die Deutschen Meisterschaft anschließend statt findet.

Sprechen wir über die Kür. Wie sieht man eine solche Kür als Tanzpaar?

Kür ist immer eine Show, die man auch verkaufen will. Sie ist eine sichere Einnahmenquelle. Ein gutes Programm ist die Vorrausetzung für den Verkauf der Show. Läuft die gut, kann man Kasse machen Ein Weltmeister kriegt natürlich mehr als ein ‚einfacher’ Deutscher Meister oder ein Paar aus der Endrunde der Deutschen Meisterschaften, wobei die Qualität nicht unbedingt schlechter sein muss.

Teil 2 folgt demnächst. Hier!

 

Allgemein Institutionen Kultur

Kunst auf Parkett. Reden übers Tanzen. Teil 2

Published by:

Können wir über Gagen reden? Wie hoch sind die?

Copyrigt mir freundlicher Genehmigung durch „Valentin Behringer/BBE“

Unterschiedlich. Es ist natürlich gut, wenn man für einen Club tanzt, der einen Mäzen hat wie z.B. Daimler oder Toyota. Das sind die Gagen natürlich deutlich höher.  € 5000 sind dann ok, es können aber auch mal € 10 000 sein. In Asien wird aber deutlich mehr bezahlt. Da würde man über solche Summen eher lachen. So viel Gage gibt es hier in Baden-Baden natürlich nicht. Verglichen damit  treten die Tänzer hier für vergleichsweise  wenig Geld auf. Aber die Veranstaltung hat einen legendär guten Ruf in Tanzkreisen. Zudem empfinden die Tänzer das Parkett hier als einmalig. Jeder träumt davon, einmal hier auf diesem Parkett und in diesem Rahmen aufzutreten. Egal, ob das ein russisches Paar ist oder man aus Norwegen kommt. In so einem Fall ist das Honorar eher zweitrangig.

Ist Baden – Baden eine Tanzstadt?

Ja, unbedingt. Es gab hier das erste Tanzturnier auf deutschem Boden. Das war 1912 oder 1913. Und dann gab es in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Weltmeisterschaften, Europacups, Professional Turnieren, Amateurturniere, Senioren- und Jugendtourniere. Was immer auf dem Parkett darstellbar ist, hat es in Bade-Baden gegeben, nicht zuletzt wegen des Saals und dem Publikum.

Lassen Sie uns über den Tanz sprechen. Der Stil hat sich gewandelt?

Copyrigt mir freundlicher Genehmigung durch „Valentin Behringer/BBE“

Ja, total. Er ist viel schneller, athletischer geworden. Die Figuren der Tänzer haben sich geändert. Wenn man ein hochklassiges Tanzpaar vor von 40 Jahren neben ein heutiges hochklassiges Tanz-Paar stellen würde, würde einem auffallen. Durchtrainierter.  Sportlicher. Früher erlebte man da halt gut ausschauenden Leuten, die vielleicht eine Topfigur hatten, aber die ganze Körperspannung war halt noch nicht da. Was heute die normalen Paare als ergänzenden Sport nebenbei machen müssen!  Für ihre Fitness, für den Muskelaufbau mit legalen Mitteln, ist mit dem Tanzen von früher nicht zu vergleichen. Da sind die Paare in Schönheit gestorben, sowohl im Latein als auch im Standard. Früher war es eben schönes Tanzen, elegantes Tanzen, Ballroom. 

Und jetzt ist es Tanzsport. Das geht manchmal auf Kosten der Schönheit und der Eleganz, weil heutzutage mehr Tempo und Athletik gefragt sind. Vielen gefällt das nicht. Die sagen: ich will einen getragenen, schönen Walzer sehen und nicht etwas willkürlich Langsames. Aber das ist der Trend. Den setzen die jeweils aktuellen Weltmeisterpaare. Man kann davon ausgehen, dass das Paar, das am nächsten Wochenende Weltmeister wird, die Tanzszene fürs nächste Jahr prägt. Da kucken alle: was macht die? Das geht hin bis zur Kleidung, bis zum Outfit.

Nochmal ein bisschen zurück – ist durch die neue Art der Tanzkultur der Verschleiß gestiegen?

Verletzungsgefahr und Verschleiß sind in viel stärkerem Maß gegeben. Die Sportmedizin ist halt viel weiter als sie vor Jahren war. Jedes Top Paar hat seinen Betreuer, seinen Masseur. Sie haben ja gesehen, bei der Welttanzgala musste dieses russische Tangopaar von heute auf morgen absagen, weil er verletzt war. Und dafür ist ein anderes anderes Paar eingesprungen. Ein ganz großes Problem ist z.B. bei den Formationen, wenn da ein Paar ausfällt. Dann muss Ersatz her, der aber u.U. nicht ganz auf den Punkt tanzt. Mahlzeit. Dann ist die Meisterschaft im Eimer.

Beim Betrachten einer solchen Gala, fällt auf, dass die Tanzszene ja ein echter MultiKulti Club ist.

Das ist so. Die Jugendpaare kommen alle aus dem Ostblock. Die fangen bereits mit 4 – 5 Jahren an, hart zu trainieren. Harter Drill und Leistungssport. Und das ist dann kein Kindertanzen nach Märchenmelodien. Wenn die mit 10 bis 12 Jahren dann in den Wettkampf gehen, sehen unsere Jungendpaare aus wie ein Kindergarten. Wenn man dann einen tollen Tänzer hat, wird geschaut, wo man eine passsende Tänzerin herkriegt. Da wird dann eine ganz gezielte Paarauslese betrieben. Das große Geld gibt’s in Asien, und die Asiaten kaufen im Moment alles, was an Qualität auf dem Markt ist, Toptrainer und Toppaare. Und so kann es sein, dass ein Norweger für Japan startet.

Was nun die Musik angeht – da hat sich ebenfalls einiges geändert?

Copyrigt mir freundlicher Genehmigung durch „Valentin Behringer/BBE“

Ja, auch da hat sich viel verändert: während bei den Turnieren bei der Musikauswahl ganz strenge Regeln gelten, ist man in der Kür viel freier. Das geht soweit, dass man als Inhalt des Tanzes mit der Musik sich nicht unbedingt anbietende Themen ins Tänzerische umsetzt. Da hat sich z.B. ein Paar  einen ‚Verkehrsunfall‘ als Gegenstand des Tanzes erkoren. Teilweise sieht man auch explizit politische Aussagen als Tanz dargeboten. Vom Tanzen ist da manchmal kaum noch was zu sehen. Da erlebt man jede Menge Shownebel und dunkle Kostüme. Man wälzt sich mehr auf der Tanzfläche herum als dass man tanzt. Früher hätte man eine eher klassische Gesichte erzählt: Flirt, Liebe, Drama, Eifersucht. Das gibt es natürlich auch heute noch. Daneben aber immer wieder die Absicht, Themen zu ‚Vertanzen’. Das ist so ein Modeausdruck, der das Ganze aber schon trifft.

Allgemein Blättern & Rauschen Kultur Malen & Schnitzen

‚Die Brücke‘ an der Oos

Published by:

Das ‚Museum Frieder Burda‘ in Baden-Baden präsentiert bedeutende Werke der Künstlergruppe ‚Die Brücke‘

Man muss das Äußere des „Frieder Burda Museum“, gängiges Lob jetzt einmal außen lassend, nicht für ein architektonisches Meisterstück halten. Immerhin könnte man sagen, das Gebäude sei quadratisch, praktisch, gut. Gut vor allem für das, wofür es gebaut wurde: Museum zu sein. Ein Museumsbau sollte zuvörderst Ausstellungen und ihre Bilder in adäquater Weise präsentieren. Nicht verwerflich, wenn nicht die hochgelobte Architektur der Star ist (wie etwa das Guggenheim Museum in Bilbao), sondern die Kunstwerke, denen das Gebäude dienen soll. Ihnen soll es  Raum geben, sich in adäquater Weise zu präsentieren.  So zu erleben  in diesen ersten Frühwinter-tagen, da das Museum Frieder Burda in Baden-Baden die Ausstellung „Die Brücke“ eröffnet.

Allein schon bei der Pressekonferenz war der Andrang beachtlich. Schon jagt der Großkritiker einer überregionalen Zeitung durch die lichten Räume. Graumelliert, den Kragen seines schweren, dunklen Mantels hochgestellt, durchmisst er hastig die Räume, und man hofft inständig, dass er sich die Zeit nimmt, all das zu sehen und zu würdigen, was den Besuchern geboten wird. Nämlich eine Ausstellung, die an Farbenreichtum und an gestalterischer Raffinesse einmal mehr zu einem Highlight des Kulturjahres 2018 zu werden verspricht.

„Die Brücke“ – dahinter verbirgt sich eine Künstlergruppe, bestehend aus den vier Malern Heinrich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde und Max Pechstein, die sich in Dresden 1905 zusammenschlossen hatten. Ende 1911 zog die Künstlervereinigung nach Berlin. Rückblickend muss man die Gruppe – neben dem ‚Der Blaue Reiter’ – zum zweiten wichtigen Beitrag Deutschlands zur Klassischen Moderne zählen.

Gerade zu Beginn des 20. Jahrhunderts scheint es geradezu ein Bedürfnis der jungen, ‚wilden’ Maler gewesen zu sein, eine Malergruppe zu gründen. Zu sehr fühlten sie sich von der etablierten Künstlerschicht, von renommierten Galerien und vom staatlichen Kunstbetrieb gegängelt, wenn es galt, ihrer neuen Malerei Ausstellungsfläche einzuräumen. So beschloss man immer wieder, sich in Künstler-Gruppen zusammen-zuschließen, um so vereint mit weit stärkerem Nachdruck in gemeinsam organisierten Ausstellungen auf sich aufmerksam zu machen.

All zu lang freilich hielten die Gruppen in der Regel nicht. Zu individualistisch waren ihre Mitglieder, zu künstlerisch selbstbezogen agierte man. Das sollte bei der Gruppe „Die Brücke“ nicht anders sein. Den größten Keil hatte wohl Ernst Ludwig Kirchner in die Gruppe getrieben, dessen überbordendes Selbstbewusstsein anscheinend letztlich den Ausschlag dafür gab, dass die Gruppe sich bereits 1913, also nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder auflöste. Zudem war man zwischenzeitlich nach Berlin umgezogen und hatte sich dort großstadtbedingt auseinandergelebte. Fortan hatten die Mitglieder das Bedürfnis, ihre eigenen künstlerischen Wege zu gehen. Auch hatte Kirchner für sich zunehmend eine zentrale Bedeutung innerhalb der Gruppe reklamiert, der er auch gerecht wurde, als er jetzt wohnortbedingt Berliner Straßenszenen zum Motiv machte und damit den Abschluss des “Brücke“-Expressionismus einleitete.

Dessen ungeachtet hatte die Gruppe aber bereits in den 20er Jahren ihren Durchbruch erlebt, der allerdings unterbrochen wurde, als sie in der Zeit des Nationalsozialismus den verhehrenden Stempel ‚entartet’ aufgedrückt bekommen hatte, um dann in den 50er Jahren in der Auseinandersetzung mit dem Expressionismus eine neue Würdigung zu erfahren.

Nach dem Umzug nach Berlin sollte sich auch künstlerisch die neue Umgebung stilbildend artikulieren. Verglichen mit den eher heiteren, unbeschwerten Form- und Farbgebung der früheren Jahre in Dresden drängten sich nun dunklere Töne auf der Leinwand nach vorne. Sich anfänglich noch am französischen Impressionismus orientierend, folgten alsbald neue Formensprachen. Auch griff man außereuropäische Einflüsse auf, wie etwa die Kunst afrikanischer Völker.

Dass sich hier in Baden-Baden diese Künstlergruppe in derartiger Gesamtheit präsentieren kann, ist auch der Kuratorin der Ausstellung, Magdalena M. Moeller, zu verdanken, die darauf hinweist, dass die Werke der Gruppe allein schon aus dem Grund selten in dieser Gesamtheit gezeigt werden, da sie maltechnisch bedingt außerordentlich fragil sind. Anders als z.B. die Maler der Renaissance hatten die Maler der ‚Brücke’ vergleichsweise wenig auf materialmäßige ‚Konsistenz’ geachtet, was bedeutet, dass man handelsübliche Farbe auf handelsübliche Leinwände auftrug, mitnichten also dem einen Punkt die nötige Bedeutung beimaß: handwerklich so zu malen, dass auch die Nachwelt noch möglichst lange Freude an den Werken hat.

Allein schon deshalb sollte man sich die Ausstellung nicht entgehen lassen. Zu sehen ist sie noch bis zum 24.3.2019.

 

Allgemein Kultur Malen & Schnitzen

„…anders als man glaubt…“

Published by:

Baden-Baden: Wilhelm Busch – Ausgestellt im Museum LA 8  

Leises Kichern, unterdrücktes Gelächter – so etwas ist in deutschen Museen leider nicht allzu üblich. Auch nicht, wenn das Museum den etwas sperrigen Namen LA8 trägt. Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts. Zunächst lacht da noch keiner. Das aber könnte sich jetzt ändern. Derzeit beherbergt das kleine Baden-Badener Kulturhaus an der Lichtentaler Allee einen Gast, dessen Werke schon Generationen begeisterten. Sein Name: Wilhelm Busch. Seine Werke: ‚Max und Moritz’, ‚Die fromme Helene’, ‚Maler Klecksel’ oder der arme ‚Lehrer Lämpel’.

Alles sind sie fest im deutschen Kulturgut verankert; alle haben uns – vorgelesen – das Kinderzimmer dekoriert. Viele Zitate sind „Kult“, doch ihr Schöpfer Wilhelm Busch war mit dem „Zeugs“, dem er seine Popularität doch letztlich verdankte, keineswegs glücklich.   Als „gelungenes Misslingen“ charakterisiert denn auch Museumschef Matthias Winzen den fast unglaublichen Erfolg, den der 1832 geborene Zeichner und Autor ab Mitte der 1860er Jahre als Massenautor hatte.

Dabei war der Maler Wilhelm Busch ziemlich hinten runtergefallen. Der wäre gern auf einer Stufe mit den Münchner Malerfürsten wie Franz von Lenbach oder Friedrich August von Kaulbach genannt worden und hätte, seinem Können gemäß, nur zu gern im Kreise der anderen Malerfürsten auch gesellschaftlich die ihm seiner Meinung nach gemäße Rolle gespielt – von der künstlerischen Anerkennung ganz zu schweigen.

Obwohl Wilhelm Busch mit „Max und Moritz“ das erfolgreichste Bilderbuch des 19. Jahrhunderts geschaffen hatte, verschwand er die letzten 30 Jahre seines Lebens von der flotten Münchner Szene. Fortan suchte er in der tiefsten niedersächsischen Provinz, in Wiedensahl, als Maler und Schriftsteller nach neuen Ausdrucksformen – vergeblich.

Geschickt spielt sich die aktuelle Baden-Badener Ausstellung denn auch auf zwei Ebenen ab. Im Erdgeschoss der begnadete Karikaturist mit seinen beißenden Comic-Vorläufern. Die Themen Kleinbürgermief, künstlerischer Dilettantismus, Scheinheiligkeit, Eitelkeit und Bosheit. Dabei natürlich ‚die Fromme Helene’, ihr Vetter Franz sowie Onkel und Tante und natürlich der ‚Lehrer Lämpel’. Die sind hier nicht nur mit der berühmten spitzen Feder dargestellt. Das Wilhelm Busch-Museum in Hannover hat die Figuren der Ausstellung netterweise auch als Keramikbüsten ausgeliehen.

Im ersten Stock ist dann aber Schluss mit lustig. Dort erleben wir die oft bitterbösen und im Grunde todtraurigen Bildergeschichten. Kaum zu glauben, dass der Künstler 1896 – bereits 12 Jahre vor seinem Tod – resigniert das Malen aufgab und viele seiner vorher geschaffenen Werke vernichtete, weil sie, wie er meinte, seinen eigenen hohen Ansprüchen nicht genügten. Die Selbstporträts zeigen einen Grübler mit sezierendem Blick, die oft kleinformatigen Land-schaften experimentieren mit Perspektivwechseln, die ihrer Zeit und dem damaligen Geschmack weit voraus scheinen. Nach dem Welterfolg mit „Bilderpossen“ – unter diesem Begriff erschienen die ersten Geschichten – fast kein Erfolg mehr mit diesen Bildern. Dazu liefert der große Humorist mit dem ernsten Charakter das passende Zitat: „Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.“

Die Ausstellung „Wilhelm Busch – Bilder und Geschichten“ ist bis zum 3. März 2019 im Museum an der Lichtentaler Allee zu besichtigen. Alle Infos: www.museum.la8.de

 

 

Allgemein Kultur Menschen

Der Mann am Horn Teil 1

Published by:

Manchmal braucht es gar nicht viel, um einen Menschen glücklich zu machen. Für Peter Drischel z.B. wäre schon viel gewonnen, wenn ein kleines und doch so wichtiges Teil aus Bambusholz wäre, über eine mittlere offene Bahn verfügt und sich in das Mundstück seines Saxophons einspannen ließe. Dort könnte das Ding, gut badisch auch ‚Blättle‘ genannt, nach penibler Vorausauswahl einen ziemlich wichtigen zu seinem Glück leisten. Es könnte z.B. das wertvolle Selmer Saxophon so zum Klingen zu bringen, wie Peter Drischel sich das vorstellt. Was will er mehr?

Denn Peter Drischel, besser bekannt unter seinem Küstlernamen, Pete Tex, ist Musiker. Einer, der es mit der Musik ganz genau nimmt. Klar, dass er nichtsdem Zufall überlässt. Hat er nie getan, seit er, in Rastatt 1942 geboren und schon ab 1950 in musikalischer Ausbildung, beschloss, es mit der Musik ernst zu meinen. Nach dem Klavierunterricht ging’s gleich ans Saxophon. Ab seinem 13. Lebensjahr spielt er bereits in einer Bigband. Dann Mitglied in einer Dixie-Combo, der Tanzformation ‚Schwarz-Weiß’, dazwischen aber immer wieder auch Einsatz in der Rastatter Stadtkapelle.

Das war so um 1962. Der Krieg war nun schon eine ganze Weile vorbei. Die Bomberverbände waren heimgeflogen. Jetzt war der Himmel frei für die Angriffswellen der halben Hähnchen, mit denen, begleitet von riesigen Schwärmen Pommes, die Nachkriegsdeutschen ihren Fleischhunger stillten. In Amerika startete der Aufstieg von Elvis, der ganz allmählich in einen sanften, erfolgreichen Gleitflug überging: ‚Muss i denn zum Städele‘ hinaus versöhnte die Muttis mit den Jüngeren.

Aber auch in Mittelbaden vernahm man jetzt auf einmal ganz neue Klänge. Sie kamen von Liverpool und hatten über Hamburg ihren Weg bis in Badische gefunden. Auch nach Rastatt, Kuppenheim und Ettlingen. Überall entstanden Tanzbars und Tanzcafes. Im übrigen hatten die Dorfwirtschaften damals noch Säle. In denen brachten ab den frühen Sechzigern ein ganzer Schwarm neuformierter Combos und Schülerbands ihre von Schallplatten abgehörten Beatsongs unters vergnügungssüchtige Jungvolk. So war’s in Lichtental im „Goldenen Löwen“; nicht anders in Hörden und Kuppenheim. Dort gab’s jeweils den „Ochsen“, und nicht zu vergessen auch Malsch. Da hatte man den „Lauinger“.

Die damals erfolgreichste Gruppe in dem nordbadischen Unterhaltungsbiotop waren die „ROCKING STARS“, mit Dieter Kersten Gesang und – man wundert sich nicht – Peter Drischel am Saxophon. Fortan wurde abgeräumt. Erst rund um Rastatt, dann im gesamten südbadischen Raum. Noch heute geraten die zwischenzeitlich auch älter gewordenen weiblichen Fans mit aber immer noch erstaunlich schwarzem Haar und rauchiger Stimme ins Schwärmen, wenn sie an die die alten Zeiten denken, die damals doch so jung waren. Nicht anders ihre männlichen Pendants, die vereinzelt das mit einem dünnen Gummi zusammengebundene Resthaarschwänzchen heute immer noch so tragen, als gälte es, den vormals üppigen Haarwuchs am Kopf zu bändigen.

Allmählich dann aber war es für Peter Drischel Zeit, ins Profilager zu wechseln. „International Sextett“ hieß, wenig einfallsreich, die Formation, die Knut Kiesewetter, Gerd Böttcher und Lou van Burg begleiten sollte. Zehn Jahre später dann, wie schreiben 1974, beschloss die BASF eine eigene Plattenproduktion aufzubauen. Mit dabei, nach kurzer Zeit beim SWF, unser Mann am Horn. Mit im Gepäck sein Gespür für große Melodien.

Kaum im neuen Amt komponierte er als Pit Tex 1974 seinen Riesenhit ‚Slow Motion’…    

 

Zum Video des Titels ‚Slow Motion‘  gehts hier lang: https://youtu.be/9DXhmqFORrE

 

Demnächst Teil zwo des Beitrags. 

  • Archive

  • Besucher

    Total Visitors
    1135009
    290
    Visitors Today
    76
    Live visitors