Der Badenblogger » April 2017

Monthly Archives: April 2017

Allgemein Menschen

Im Rahmen der Namen

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Wappen der Medici

Manche Namen schmücken ihre Träger, andere eher nicht

Ich finde, ein klangvoller Nachname ist was Schönes. Das macht was her. Oft empfiehlt sich sein Träger mit einem interessanten Namen ein Stück weit auch für eine interessante Position. Wenn man z.B. Schmidt oder Meier heißt, taugt man berufsmäßig eher zum Außendienstmitarbeiter oder man kümmert sich im Amt um die Mülltrennung.

Anders verhält es sich, wenn man z.B. ‚Galwitz’ heißt. Das klingt schon ein bisschen gehoben. Egal, was so jemand beruflich macht: irgendwie hat das was, auch wenn nicht klar ist, was. Schon das Nennen dieses Namens, obwohl ja eigentlich schlicht, suggeriert: aufgemerkt! Ähnlich verhält es sich auch mit – sagen wir mal – Darboven. Der Name klingt eher nach Investmentbanker als nach Bierkutscher. So könnte man hier jetzt endlos weitermachen.

Im Ausland wird’s ja noch toller. Eine Freundin von mir darf sich mit dem (angeheirateten) Namen Medici schmücken. Die Familie der Medicis mag im Laufe der Geschichte noch so viel Gift verteilt haben: als Name schmückt er noch heute seine Trägerin.

Richten wir unseren Blick jetzt ins Ausland, nach Frankreich. Vielleicht erinnern wir uns noch an einen bekannten französischen Außenminister (unter Chirac). Gut aussehend, großgewachsen und mit beachtlich weißer Haarmähne, sah die französische Presse in ihm damals nicht nur den Außenminister, sondern verlieh ihm wegen seines imposanten Auftretens zudem noch das Attribut ‚Minister des schönen Äußeren’. Aufs Schönste abgerundet wurde die Erscheinung vor allem aber auch durch den Wohlklang seines Namens: „Dominique Marie François René Galouzeau de Villepin“. De Villepin, ein Name, den man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte. De Villepin!

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Wappen Bad Dürrheim

 Zurück von Paris auf einen Parkplatz in Bad Dürrheim. Dort stand kürzlich ein Golf mit dem Autokennzeichen LB, also Ludwigsburg. Interessieren soll uns jetzt aber weniger die Herkunft des Fahrzeugs, sondern eher der Name des Autohändlers. Am Nummernschild war deutlich zu lesen: „Ein Fahrzeug vom Autohaus Fickfrosch“.

 Irgendwie kann es manchmal schon nützlich sein, wenn man, außer einem wohlklingenden Nachnamen, auch noch einen Dienstwagen hat.

 

 

 

 

 

 

Allgemein Menschen Stadtstreicher

Unser Tony!

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220px-Tony_Marshall_2009_croppedMein Gott, unser Tony will mit dem Trinken aufhören. Jetzt also hat es sich endgültig ausgetrunken. Vorbei die Zeiten, als er singend den ‚Affentaler Roten’ pries. Vorbei auch die Zeiten, als er im Rahmen einer kleinen improvisierten Feier von der Polizei bei einem Gläschen Sekt seinen Führerschein zurück bekam. Das ihm boshafter Weise zugeschriebene ‚Trinkerbein’ – adieu.

Ein letztes Prost! hängt traurig über der Stadt an der Oos.

Zeit also, noch einmal einen älteren Beitrag von uns auf die Seite zu heben. Als die Welt in Ordnung und Tony noch fröhlich war. Als er noch „Heute haun’ wir auf die Pauke“ sang und Trump noch weit weg war. Ach – hätte er mit dem Trinken doch nie aufgehört…!

Trotzdem wünschen wir ihm alles Gute für seinen neuen, trockenen Lebensabschnitt!

 

 

Tony in der ‚Olive‘ oder: der Prophet auf seinem Berg

Foto 4 KopieWill man die Worte des Propheten vernehmen, muss man den Berg besteigen. Und das geht so: erst die Lange Strasse entlang; dann biegt man ab in die Hektor-Berlioz Anlage. Jetzt noch über drei Ampeln und dann liegt er auch schon vor uns, der Berg. Der ist allerdings ziemlich flach, aber der Ort der Verkündigung liegt ja auch nicht im ‚Sinai‘ sondern in der Eisenbahnstrasse, und der Prophet heißt nicht Moses sondern Tony.

Denn dort, ein bisschen außerhalb des engen Stadtkerns, hat unser Verkünder seinen Berg gefunden, in der ‚Tony Marshall Galerie‘ des griechischen Restaurants ‚Olive‘. Dort singt er von Zeit zu Zeit vor seinen Jüngern, predigt ihnen und richtet sie auf. Ansonsten erschließt sich der Inhalt der in der ‚Olive‘ gehaltenen Predigten doch eher den Freunden der Musik. Wem’s auch dann noch nicht ganz klar ist, um was es hier letztlich geht, ist herzlich aufgefordert, vor Ort ein Fläschchen Eierlikör zu erstehen. „Tony macht fröhlich“, steht da auf dem Etikett. Also auch hier starke Heilserwartung bei nicht allzu Hochprozentigem.

Ansonsten sind die Wände übervoll dekoriert mit Devotionalien aller Art. Goldene Schallplatten, Plakate, Fotos – alles Zeugnisse eines langen Künstlerlebens. Und dann staunt man auch noch über ein Geschenk des fernen Landes namens BORA BORA. Offensichtlich hatte der Sänger mit seinen Darbietungen die dortigen Ureinwohner so angesprochen, dass sie ihn – neben der Ehrenbürgerschaft – auch noch mit einem Gegenstand bedachten, dem wir uns zunächst mit leichtem Schaudern nähern. Aus der Ferne betrachtet ist nämlich nicht gleich ersichtlich, ob es sich bei dem an die Wand genagelten Gegenstand um eine Jagdtrophäe, um einen (haarigen) Glücksbringer oder etwas gänzlich anderes handelt, von dem wir aber annehmen dürfen, dass ihm ein Zauber innewohnt.

So wie unserem Tony.

Allgemein Stadtstreicher

Jetzt aber mal TEMPO!

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Woran erkennt man die Lebensqualität einer Stadt? An was mag es liegen, wenn man Baden-Baden mit Charme und Fröhlichkeit in Verbindung bringt?

20170418_095258Ein ganzes Stück weit hat das sicherlich mit den Einwohnern zu tun. Sie wissen mit gepflegtem Äußern, mit einnehmendem Wesen, ja, nicht selten, mit heiterem Gemüt den Fremden für sich zu begeistern. Auf der Suche nach weiteren Gründen darf man aber auch nicht vergessen, welchen Stellenwert man hier dem Umweltschutz einräumt. Es heißt ja sogar: Baden-Baden, der grüne Salon. Staunend nimmt man zur Kenntnis, dass selbst die hiesige Oberbürgermeisterin täglich mit einem Fahrrad zum Dienst fährt, weshalb ihr eine umsichtige Dienstelle beim Bürgerbüro auch einen Fahrradparkplatz zur Verfügung gestellt hat. Es ist der Charme des Details, der nicht nur den Fremden schmunzeln lässt, sondern die Amtsträgerin auch emissionsfrei ins Büro rollen lässt.

Aber eine noch so liebenswerte Stadt wäre nur halb so schön, wenn die Infrastruktur die offensichtliche Schönheit nicht flankieren würde. So bieten die Geschäfte in reichem Maße das, was der Mensch halt so zum Leben braucht. Das beginnt z.B. bei den Immobilienbüros, die mit ihren kyrillischen Buchstaben dem Interessierten freundlich den Weg zu einer möglichen Investition weisen. Weiter kann man anführen das reichhaltige Angebot an Optikergeschäften, deren Produkte vom Design und Preis jedem Anspruch gerecht werden, so dass wirklich keiner brillenlos und sehgeschwächt in unserer Stadt umherirren muss. Ja, man könnte sagen, da liest ein Gewerbe jedem Kunden seinen Wunsch von den Augen ab.

Geht es dem Besucher nun aber gesundheitlich einmal nicht so gut, erwartet ihn darüber hinaus eine beachtliche Anzahl von Apotheken, die mit der Effizienz eines maßgeschneiderten Angebots jede Krankheit fast im Keim ersticken. Glückliche kleine Stadt! Aber auch hier vermag der Handel noch einen draufzulegen. Wer mit Tinkturen und Zäpfchen wohlversorgt das Geschäft verlässt erwartet zudem noch eine Kleinigkeit, die das Fass der Herzlichkeit fast zum Überlaufen bringt.

Nicht selten wird die Dame hinterm Tresen dem Patienten noch ein kleines Präsent mit auf den Weg geben, ein Päckchen Tempo-Taschentücher, das den Siechen immer daran erinnern soll, wem er das Wiedererstarken seiner Gesundheit letztlich zu verdanken hat. Angesichts dieser Herzlichkeit wäre es auch ziemlich unhöflich, sich nach dem Grund der Gabe zu erkundigen. Auch sollte man nicht fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, die Medikamente etwas billiger zu verkaufen. Natürlich macht so ein Tempotaschentuch vor allem Sinn bei laufender Nase und Durchfall. Aber selbst, wenn dieser Fall nicht gegeben wäre, sollten wir das Päckchen einfach als nette Dreingabe sehen. Vergleichsweise etwa, als ob wir bei jedem Besuch der Autowerksatt einen kleinen Schraubenzieher geschenkt bekämen. Falls bei uns mal eine Schraube locker ist.

Um Missverständnisse zu vermeiden, könnte bei Touristen diese Gabe selbstverständlich entfallen.

Allgemein Blättern & Rauschen Menschen

Immer der Nase nach!

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Georg Felsberg zieht umher und bringt etwas mit: Bücher.Titelbild Loch

„Heraus zum 1. Mai“, mag mancher denken, auch wenn er nicht in der Gewerkschaft ist. Georg Felsberg, nunmehr emeritierter Fernsehredakteur beim SWR, pflegt diese Leidenschaft seit Jahren. Von Karlsruhe aus, wo er wohnt, zieht es ihn alljährlich immer und immer wieder in die Länder Asiens, nach Indien, Sri Lanka, Nepal, Bangladesch. Dort sammelt er einen Rucksack voller Erfahrungen, trägt sie heim, und fasst sie dann in Worte, um daraus zauberhafte Texte zu machen.

Georg Hängebrücke

Der Autor vor einer Hängepartie

Die Ausstattung des Fernreisenden ist stets auf Nötigste beschränkt. Er bewegt sich mit Bus und Bahn. Gern auch wird gegangen, wenn sich nichts anderes zur Fortbewegung anbietet. Die Leichtigkeit des Reisens findet sich in der Leichtigkeit der Texte wieder, die mehr sind als bloßes Beschreiben dessen, was ist. Er will dahinter kommen, so, wenn der Titel eines seiner Bücher lautet: „Der Mann hinter dem Loch in der Mauer“. Vier Bändchen sind es mittlerweile geworden. Jedes einzelne im besten Sinne kurz und knapp. Das vertreibt die Müdigkeit.

Die Texte sind Streiflichter, literarische Brenn-Punkte. Das geht nur, wenn man ein genauer Hin-Kucker ist, denn nur so entdeckt man die Alltäglichkeiten, die sich zu wunderbaren kurzen Texten verdichten lassen.

Wer gerne reist und sei es nur im Kopf, sollte die Geschichten unbedingt lesen. Und vorher halt kaufen!

Zu beziehen über –   http://www.georg-felsberg.de.rs 

Auf der Website sind auch die Termine aufgelistet, wann der Verfasser wo liest.  So. Für Genusswillige jetzt auch noch ein Kostprobe:

Das Gewürz des Lebens

Ein magerer, sehr lebhafter alter Mann im abgetragenen weißlichen Kurta, einem langen indischen Hemd, spricht mich wie nebenbei von der Seite an. Er begleitet mich wie selbstverständlich über den Sadar- Markt am Uhrturm von Jodhpur. Wir drängeln uns zwischen den Ständen fliegender Händler mit billiger Kleidung hindurch. Vorbei an Männern, die ihre Waren lauthals anpreisen und Frauen mit Gemüsekarren: Kartoffeln, Gurken und frisch mit einem feuchten Lappen polierte Mandarinen.

„Gestern hast du mich etwas gefragt“, meint mein Begleiter. „Willst du heute wieder etwas wissen? Gestern habe ich dir den Weg zum ‚Step Well‘ gezeigt, dem Stufenbrunnen. Du hast den Weg doch gefunden? Das freut mich sehr.“ Wenn ich heute wieder fragen wolle, meint er und lächelt mir zu, dann könne ich sicher sein, dass ich auch heute den Weg leicht finden könne. Er sei ein ausgezeichneter Wegebeschreiber. Das könne natürlich jeder von sich behaupten, aber bei ihm sei das die reine lautere Wahrheit. Er habe in seinem langen Leben auch Leute getroffen, die den Weg trotz seiner guten Beschreibung nicht gefunden hätten.

Das tue ihm sehr leid, es läge aber nicht an ihm, sondern an der Dummheit der Leute, die immer mit dem Kopf nickten, aber nie genau zuhörten. Bei mir sei das anders, ich sei klug und höre zu. Ich hätte den Weg ja gefunden. Ich hätte den Weg vielleicht auch ohne ihn gefunden, so klug sei ich. Damit meine Klugheit so bliebe, auch im Alter, möge ich doch jetzt mit ihm zu seiner kleinen Gewürzhandlung kommen, gleich dort hinten in der ersten Gasse. Manche Gewürze hülfen, die eigene Klugheit zu bewahren. Kluge Leute glaubten ihm das, bei Dummen hülfe es nichts. Da sei einfach nichts zu machen, so dumm seien die. Weil ich aber sehr klug sei, solle ich mir täglich eine Prise seiner Mixtur in meinen Tee streuen. Das nütze viel und koste wenig.

Als ich sein freundliches Angebot höflich ablehne, lacht er und meint, ich sei ja noch viel klüger, als er gedacht habe. Nur besonders kluge Leute wüssten, dass Gewürze gegen Dummheit nicht helfen. Ich solle aber trotzdem mit ihm kommen, eine Tasse Tee bei ihm trinken und seine Gewürze riechen, die sich auf der Zunge und im Inneren meines Leibes wunderbar anfühlen würden. Als ich ihm freundlich sage, dass ich keine Gewürze kaufen möchte, ihn aber für seine hübschen kleinen philosophischen Überlegungen über die Klugheit und die Dummheit bewunderte, meint er, das sei keine Philosophie, das sei etwas viel Wichtigeres. Ein kleines heiteres Gespräch mit einem neuen Freund unter dem Uhrturm in Jodhpur gegen Mittag, wenn die Sonne scheint, das sei doch „das Gewürz des Lebens“.

Er, als Händler für tausenderlei wunderbare Zungenschmeichler und für die kostbarsten Düfte aus aller Welt, er kenne sich aus.

 

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